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Glauben Sie noch an die Liebe

Glauben Sie noch an die Liebe

Titel: Glauben Sie noch an die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Philipp Burgard , Justus Bender
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habe ich ihr das übliche Programm geboten: ein schönes Hotel, ein schöner Strand, schöne Restaurants. So sind wir uns schnell nahegekommen. Wirklich eine Superfrau.
    Sie scheinen ja ein Trickser zu sein.
    Jeder Mann muss ein Trickser sein, sonst wird man selbst ausgetrickst von den Frauen. Erst mal braucht man einen Trick, um überhaupt mit der Dame ins Gespräch zu kommen. Ich sage zum Beispiel einfach: »Ich glaube, Sie kennen meinen Sohn.« Schon ist man mittendrin in einer Unterhaltung. Ich lade sie auf einen Champagner ein und biete der Dame an, ihr mal all die Artikel zu zeigen, die über mich geschrieben worden sind. Klar, ich will sie ja beeindrucken.
    Viele Menschen meinen, dass es in der Liebe nicht um Tricksereien gehen sollte. Sie scheinen da anderer Meinung zu sein.
    Allerdings. Es ist doch wichtig, dass man der Dame viele Komplimente macht. »Du bist so süß«, »Du bist so hübsch«, »Du hast einen guten Geschmack« und so etwas. Und Sie müssen die Dame bedeutender und größer machen, als sie wirklich ist. »Du bist so eine schöne Frau«, »Du bist so klug«.
    Lügen Sie etwa auch bei Ihren Komplimenten?
    Selbstverständlich, warum sollte man denn nicht lügen? Es geht ja nicht anders. Man kann lügen, wie man will, solange man niemanden verletzt.
    Zum Beispiel?
    Um zu erfahren, ob sie verheiratet ist oder nicht, frage ich beiläufig: »Was arbeitet denn dein Mann?« Wenn dann kommt: »Ich bin gar nicht verheiratet«, ist das die beste Nachricht des Tages. Oder ich frage sie nach ihrem Lieblingsjuwelier. Wenn sie »Cartier« sagt, gehe ich am nächsten Tag mit ihr zu Cartier und kaufe ihr einen kleinen Ring.
    Haben Sie dann nicht das Gefühl, sich die Liebe oder zumindest die Zuneigung der Dame zu erkaufen?
    Ein kleiner Ring kostet ja nur fünftausend Euro. Und ich möchte sie ein bisschen belohnen für die Zeit, die sie mir schenkt, und für ihren Charme. Aber dieses Präsent mache ich nicht jeder Dame, sie muss mir schon am Herzen liegen. Bei einer längeren Beziehung spendiere ich ihr auch gerne einen neuen Busen, wenn der zu klein ist, oder eine Nase, wenn die zu groß ist. Oder ich lasse ihr die Lippen machen, ich will sie ja noch ein bisschen verschönern.
    Nicht jede Frau reagiert mit großer Begeisterung auf ein solches Geschenk, oder?
    Es kommt nur darauf an, wie Sie es verkaufen. Ich bin da ganz Gentleman und sage: »Du hast eine schöne Brust, aber hättest du nicht gerne eine noch schönere? Ich kenne da einen super Arzt in Paris.« Die meisten Damen wollen das.
    Das ist eine außergewöhnliche Art, eine Dame für sich zu gewinnen. Verfolgen Sie manchmal auch eine konventionellere Strategie?
    Um die Stimmung zu verbessern hilft es, in den Champagner noch ein bisschen Wodka zu mischen. Und wenn ich eine Dame erst mal zu mir in die Wohnung gelockt habe, dann wende ich meinen größten Zaubertrick an.
    Jetzt sind wir aber gespannt.
    Ich spiele Klavier für sie, ich bin ja Pianist. Ich frage sie, woher sie kommt. Kommt sie aus Russland, spiele ich für sie eine russische Ballade. Stammt sie aus Frankreich, spiele ich ein Chanson.
    Rolf Eden erhebt sich langsam und etwas schwerfällig. Das erinnert uns an diesem Tag zum ersten Mal daran, wie alt dieser Mann schon ist. Die meisten anderen Herren seiner Generation hätten wohl beim Aufstehen ihre Hand ins Kreuz gedrückt, aber Eden versucht, jede Faser seines Körpers zu kontrollieren, um sich nicht anmerken zu lassen, dass er rein biologisch ein Greis ist. Dies gelingt ihm in Perfektion, als er an dem weißen Piano Platz genommen hat. Einige Sekunden klimpert er vor sich hin, seine Finger scheinen erst langsam aufwachen zu müssen. Dann finden sie die Tasten, ohne dass Eden hinschauen muss. Sein Blick ruht auf den Fotos über dem Klavier, die verschiedene Stationen seines Lebens zeigen. Irgendwann schließt er die Augen, und wir tun es ihm nach, um uns vorzustellen, wie »Shimon« Eden Anfang der Fünfzigerjahre am Piano einer Pariser Bar seinen Marktwert testet.
    Er ist gerade aus dem jüngst entstandenen Staat Israel, dessen Unabhängigkeit er als Soldat mit erkämpft hat, hierhergekommen. Jetzt will er einfach nur Spaß haben. Noch ist er mittellos, aber glücklich. Er träumt von einer Karriere als Musiker oder Filmschauspieler und will deshalb nach ein paar Jahren in Paris in die Vereinigten Staaten auswandern. Doch die USA verweigern ihm das Visum. Als Eden in der Zeitung liest, dass Kriegsflüchtlinge wie er eine Prämie von

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