Gleichklang der Herzen
nach Schloss Sarne aufbrechen. Es ist wichtig, dass keiner Ihrer Freunde Sie heute hier antrifft oder mit Ihnen in Verbindung treten kann.“
„Warum?“, fragte der Marquis.
„Weil morgen früh in der Zeitung stehen wird, dass Ihre Heirat stattgefunden hat – in aller Stille wegen eines Trauerfalls. So wird es in der Zeitung stehen.“
Der Marquis presste die Lippen zusammen, aber er sagte nichts.
„Wenn jemand herkommt, werde ich erklären, dass ich nicht weiß, wo Sie sich zurzeit aufhalten, nur dass Sie Ihre Flitterwochen verleben. Aber ich komme morgen oder übermorgen zu Ihnen, wenn Ihre Gattin in der Lage ist, zu reisen.“
Er hatte vor den beiden Worten ,Ihre Gattin’ eine Pause gemacht und gesehen, wie der Marquis zusammengezuckt war.
„In der Zwischenzeit“, fuhr Mister Barnham ruhig fort, „werde ich viel zu tun haben, und ich habe die Absicht, eine größere Summe Ihres Geldes auszugeben. Also, je eher Sie fahren, desto schneller kann ich mich diesen Aufgaben widmen.“
Er erhob sich.
„Sie werden der Dienerschaft in Sarne mitteilen müssen, dass Sie geheiratet haben und dass die Marquise von Sarne, die durch einen Unfall unglücklicherweise indisponiert ist, so bald wie möglich in ihr künftiges Heim kommen wird. Es wird keine Feiern und keine Feste geben, ehe sie nicht wieder bei bester Gesundheit ist.“
Der Marquis stöhnte.
Er wusste nur zu gut, welche Art von Festen seine Dienerschaft, seine Bauern und Pächter bei einer solchen Gelegenheit erwarteten.
Ein großes Essen, Feuerwerk, feierliches Überreichen der Geschenke und dergleichen. Und alle seine Nachbarn auf den Gütern in der Umgebung würden vor Neugierde vergehen, seine Braut zu sehen.
Zum ersten Mal in seinem Leben war der Marquis unsicher, fürchtete er die Folgen seiner Handlungen.
Das Schicksal hatte es bisher so gut mit ihm gemeint. Er war in allen Situationen so siegessicher gewesen. Und nun wusste er plötzlich nicht mehr, wie er sich verhalten sollte.
Mister Barnham hatte die Tür erreicht. Ehe er sie öffnete, drehte er sich noch einmal um und lächelte dem Marquis zu.
„Verzweifeln Sie nicht. Ich werde mich sehr bemühen, Ihnen Ihre Gattin schon morgen zu bringen. Es könnte fatal werden, wenn Lord Kirkhampton davon erfährt, dass Sie beide länger als vierundzwanzig Stunden voneinander getrennt gewesen sind.“
„Es wäre besser, wenn Sie zuließen, dass ich ihn sofort umbringe, ohne weitere Qualen“, sagte der Marquis erregt.
„Das würde bedeuten, dass Sie für mehrere Jahre ins Exil gehen müssten. Und um ehrlich zu sein, ich habe nicht viel Hoffnung, dass dieser Waffenstillstand mit Napoleon noch länger als ein Jahr dauern wird, wenn überhaupt so lange.“
Der Marquis blickte überrascht auf. Dann lachte er wieder. Und dieses Mal klang sein Lachen nicht mehr so bitter.
„Da habe ich also nur eine Wahl“, meinte er, „entweder ein Gefangener Napoleons zu sein oder der Ehegatte einer Kreatur, die zweifellos nicht weiß, wie man mit Messer und Gabel speist – dafür aber Kühe melken kann.“
Mister Barnham wollte gerade protestieren und ihm erklären, dass die junge Frau eine kultivierte Sprache sprach. Doch dann sagte er sich, dass es wohl besser sei, wenn der Marquis selbst einige Vorzüge an ihr entdeckte.
Im Augenblick konnte dieser nur Abneigung für die Frau empfinden. Der Hass gegen Lord Kirkhampton hatte ihn blind gemacht.
Er sah in ihr nur seine eigene Niederlage und seinen verletzten Stolz. Doch das hieß nicht, dass er nicht irgendwann später einmal seine Meinung ändern konnte.
Als Mister Barnham Romana bleich und bewusstlos auf dem Bett hatte liegen sehen, war ihm klar geworden, dass sie nicht wie eine Dienstmagd oder eine Prostituierte aussah, wofür sie der Marquis hielt.
Aber es war noch zu früh, um darüber etwas Endgültiges sagen zu können. Und in der augenblicklichen Stimmung des Marquis war es sicher besser, die Dinge so zu nehmen, wie sie waren. Er ging sofort in sein Arbeitszimmer und setzte sich an seinen Schreibtisch, um einige Briefe an die besten Geschäfte der Bond Street zu schreiben, denn für Romana mussten Kleider bestellt werden.
Mister Barnham wusste, dass die Briefe, die er durch die Diener von Sarne House überbringen ließ, sofort und aufmerksam beantwortet würden.
Er hatte gerade seine Auswahl getroffen, als Mrs. Mayfield ins Zimmer kam.
„Ich habe Sie erwartet, Mrs. Mayfield. Wie geht es der jungen Dame?“
„Schon besser, Sir“,
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