Gleichklang der Herzen
auf den Hof hinaus. Dort erklärte ihm Romana: „Seine Lordschaft ist in Gefahr. Ich habe gehört, dass man ein Komplott gegen ihn geschmiedet hat. Man will ihn ermorden, wenn er morgen zur Rennbahn reitet, um sich Mister Stanleys Pferde anzusehen. Wir müssen ihn warnen!“
Archer blickte sie entsetzt an, sagte jedoch mit fester Stimme: „Ich werde nach Baidock reiten und Seiner Lordschaft alles berichten. Ich weiß, wo er übernachtet.“
„Ich werde mit dir kommen!“
Archer protestierte nicht, sondern erwiderte nur: „In Ordnung, Mylady.“
Er drehte sich um und wollte in den Stall zurückgehen, als Romana ihn aufhielt: „Ich glaube, dass wir besser Waffen mitnehmen. Hast du eine Pistole?“
„Ja, Mylady. Seine Lordschaft besteht immer darauf, dass in jeder Kutsche eine Pistole ist. Ich habe eine kleine, die für die gnädige Frau gerade richtig ist.“
„Danke.“ Romana sah ihn an. „Und nun müssen wir uns beeilen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“
Als sie sich ankleidete, hatte die Uhr auf dem Kamin wenige Minuten nach zwei Uhr angezeigt.
Sie wusste nicht genau, wann der Marquis am nächsten Morgen zu der Auktion reiten würde. Aber sie war sicher, dass er so früh wie möglich aufbrechen wollte, damit ihm viel Zeit blieb, sich die Pferde anzusehen, ehe sie von der Rennbahn zum Verkauf in ihre Ställe geführt wurden.
Plötzlich war Romana außer sich bei dem Gedanken, dass es schon zu spät sein könnte, ihn zu warnen, und dass man ihn bei ihrer Ankunft in Baidock schon ermordet haben würde.
Romana beherrschte sich nur mühsam. Am liebsten hätte sie Archer zugerufen, er solle sich noch mehr beeilen. Aber sie wusste, dass er die Pferde so schnell wie möglich sattelte. Sie wollte auch nicht, dass der Stalljunge, der ihm dabei half, ihre Ungeduld bemerkte.
Nicole hatte ihr erzählt, dass es in Sarne House einen Spion gäbe und einen zweiten auf dem Land in Schloss Sarne. Wie konnte das nur möglich sein? Wie konnte jemand von der Dienerschaft so treulos sein und seinen eigenen Herrn verraten?
Doch gab es immer Menschen, die von Geldgier beherrscht und schwach genug waren, sich bestechen zu lassen. Sie waren dankbare Opfer für Lord Kirkhampton, der sie mit seinem Geld zu Verrätern machte.
Das erste Pferd war gesattelt, und der Stallbursche führte es in den Hof, während Archer sein Pferd fertig machte.
Das Tier, das er für Romana gewählt hatte, war ein prächtiger und offensichtlich sehr ausgeruhter Rappe, denn er bäumte sich auf, um seinen Freiheitsdrang zu zeigen, und Romana hatte einige Mühe aufzusitzen. Als sie jedoch im Sattel saß, wusste sie, dass sie das Pferd zügeln konnte. Auch der Rappe schien das zu spüren.
Archer kam aus dem Stall und gesellte sich zu ihr. Schweigend lenkte Romana ihr Pferd in Richtung Hoftor, und als sie es erreicht hatte, war Archer an ihrer Seite.
Er hielt ihr etwas entgegen, und sie sah, dass es eine Pistole war. Eine hübsche Waffe, die ohne Schwierigkeit von einer Frau benutzt werden konnte.
„Vorsicht, ich habe sie geladen, Mylady.“
„Vielen Dank“, erwiderte Romana und schob die Pistole in ihre Tasche.
Dann ritten sie in raschem Tempo durch die verlassenen Straßen. Archer ritt voran, bis sie die Stadt hinter sich ließen und sich nach Norden wandten. Dann ritten sie nebeneinander her.
„Werden wir lange brauchen?“, fragte Romana. Sie sprach jetzt lauter, damit er sie trotz des Hufgetrappels hören konnte.
„Nicht ganz drei Stunden, Mylady, wenn wir querfeldein reiten.“
Romana gab keinen Kommentar dazu, dass jetzt auch Lord Kirkhampton zusammen mit seinen Meuchelmördern querfeldein reiten würde. Sie fragte sich nur, was geschehen würde, wenn sie sich begegneten.
Archers Weg führte durch offenes Land, über Weiden und Felder. Während der ersten zwei Stunden begegneten sie keinem Menschen. Dann ging die Nacht langsam in die Morgendämmerung über.
Romana trieb ihr Pferd jetzt noch rascher an.
Sie war sicher, dass der Marquis sehr früh aufstehen würde, und sie mussten ihn erreichen, ehe er das Gasthaus verließ!
Wieder befürchtete sie, dass sie zu spät kommen könnte. Wie Blei lag diese Angst auf ihr, und Romana wusste, dass sie sich erst frei davon fühlen würde, wenn der Marquis in Sicherheit war.
„Oh, Gott, lass uns rechtzeitig ankommen … bitte, lass mich rechtzeitig bei ihm sein“, betete sie.
Und noch während sie dieses Gebet sprach, fiel ihr ein, dass sie noch vor wenigen Tagen darum gebetet
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