Gleitflug
agt: Wähle zwei Silben. Für den Herrn sind zwei Silben gut für das Rufen im Wald. Was sagen Sie? Was denken Sie von: Tuf-ted! Buf-ted!?
Und nun eine neue Frage, von der ich Kopfschmerzen bekomme. Es geht um die Instruktion der Anweisung »Flieg«. Ich will ein leises Werkzeug benutzen, damit die Gänse hochfliegen. Also nicht schreien. Ich will, dass sie der Anweisung »Flieg« folgen, auch wenn der Abstand zu groß zum Hören ist. Mit Stock gelingt es nicht. Kennen Sie ein leises Werkzeug?
Onkel Fred rief nach ihm, er klang aufgeregt. Er stand am Tisch und beugte sich tief über einen Karton.
»Schau dir das mal an«, sagte er, aber sein schwarzgrauer Lockenkopf war im Weg. Gieles hörte ein Piepsen. Als Onkel Fred sich aufrichtete, sah er sie. Zwei Gänseküken. Mehr Flaum als Federn, höchstens zwei Wochen alt. Sie waren so groß wie die Trinkbecher.
»Ich habe keine Ahnung, wie sie hier hergekommen sind.« Er betrachtete die Tierchen durch seine Lesebrille. »Der Karton stand plötzlich auf dem Hof.«
Gieles nahm das kleinere Küken in die Hand, es piepste ängstlich. An seiner Handfläche spürte er das Herzchen rasen.
»Wahrscheinlich hat sie jemand über den Zaun geworfen, jemand, der weiß, dass wir Gänse haben. Aber wer?«, überlegte Onkel Fred.
Gieles strich mit dem Finger über die gelbe Brust. Gänse mochten es nicht, wenn man ihnen den Rücken streichelte. Das Kleine hörte auf zu piepsen.
Onkel Fred hob das andere auf. Es zischte ihn wütend an.
»So klein und schon so rabiat«, sagte er und betrachtete es genau. »He, du rabiates Vieh, ganz ruhig.«
»Sie haben Hunger«, meinte Gieles. »Wir müssen dieses Spezialfutter für sie kaufen.«
Er dachte an Gravitation . Ein Foto von ihm mit den Küken, und sie würde ausflippen.
»O nein. Auf keinen Fall. Sie müssen weg. Dein Vater wäre nie einverstanden.« Entschlossen setzte er das Gänschen in den Karton zurück.
»Aber wo sollen sie denn hin?«, fragte Gieles empört.
Onkel Fred schob die Lesebrille auf seine Locken. »Sie müssen weg. Noch zwei Gänse, direkt neben der Startbahn, das geht einfach nicht.«
Gieles spürte, wie das Kleine in seine Hand machte. Ein wässriges Häuflein.
»Dein Vater könnte seine Stelle verlieren.«
»Er braucht doch nichts davon zu erfahren«, erwiderte Gieles. Er wusste, dass sein Onkel nicht nein sagen konnte.
Onkel Fred hob theatralisch den Arm und ging mit dem gewohnten Klickklack zur Spüle. Er lehnte die Krücke an die Arbeitsplatte, ließ Wasser einlaufen und begann unruhig mit dem Abwasch. »Ich weiß wirklich nicht, Gieles. Sie werden ganz abhängig von dir sein. Wie stellst du dir das vor?«
»Kein Problem. Sie können in meinem Zimmer bleiben, bis sie größer sind, und in ein paar Wochen bringen wir sie weg. Wie wir’s mit dem Eichelhäher gemacht haben.«
Onkel Fred drehte sich um und wischte sich die Hände an der Hose ab. Ratlos schaute er Gieles an. »Dann weiß ich aber von nichts. Ich habe keine Küken gesehen.«
»Du hast keine Küken gesehen«, bestätigte Gieles und hob den Karton vom Tisch.
Er brachte die Küken in sein Dachzimmer. Den ganzen Nachmittag räumte er es für die Neuankömmlinge auf und um. Das Unterteil von einem alten Kaninchenkäfig sollte die Toilette sein. Die Pelzmütze aus Fuchsschwänzen der Schlafplatz. Er legte die Mütze neben sein Bett. Die Gänsetoilette schob er mit einem Wassernapf und einem Napf voll frischem Gras und Apfelstückchen unter den Schreibtisch. Dann setzte er die Küken hinein.
»Hier müsst ihr pinkeln und kacken. Und da steht euer Wasser und Fressen.« Er zeigte auf die Näpfe. »Und hier«, er bückte sich nach der Mütze und hob sie hoch, »hier drin schlaft ihr.«
Er überlegte, ob ihnen der Geruch des Fuchspelzes nicht Angst einjagen würde. So, wie sie sich ansahen, schienen sie sich noch nicht ganz wohl zu fühlen. Das größere Küken begann durch den niedrigen Kasten zu trippeln. Neugierig witternd folgte es den Kabeln an der Wand. Gieles zog alle Stecker aus den Steckdosen. Dann schloss er das Dachfenster.
Am Abend hielt ihn ein Piepsen wach. Das große Küken schlief im Kasten, aber das kleine war unruhig. Es watschelte durch den unbekannten Raum, als suche es seine Mutter. Gieles dachte an den Nachbarn, der jahrelang mit Gänsen das Bett geteilt hatte. Sein Vater meinte, den habe keine Frau mehr haben wollen, weil er immer nach Gänsekot stank.
Aber eine Nacht konnte nicht schaden. Eine Nacht, damit es ruhig
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