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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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zu fahren, von dem sie wußte, daß es ihn nicht gab. Nicht geben konnte. Wahrscheinlich hatte es etwas damit zutun, daß sie sich mit Jayjay eingelassen hatte. Natürlich, das war der Grund. Wenn man eine Weile mit Jayjay herumhing, dann sah man häufiger den Berg zum Propheten kommen, als man glauben wollte.
    Glenraven war hier, und der Berg war mal wieder zum Propheten gekommen.
    Kurz hinter einer baumbestandenen Anhöhe, vor der letzten Biegung, die sie noch vom Tal trennte, hielt Lestovru an und stieg vom Rad. Er zog ein mürrisches Gesicht. »Wir halten hier, bevor wir das Tor erreichen«, erklärte er. »Sie müssen ihre Kleidung wechseln. Ich habe etwas Passendes dabei… « Er zuckte verlegen die Schultern. »Eigentlich hatte ich Männer erwartet. Sie werden sich mit dem begnügen müssen, was ich mitgebracht habe. Wahrscheinlich ist es sogar besser. Frauenkleidung ist weder geeignet zum Radfahren noch zum Reiten, und eine Kutsche steht uns nicht zur Verfügung. Wir dachten… « Wieder zuckte er mit den Schultern und lächelte. »Macht ja nichts.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Jay. »Was soll das heißen? Wir müssen unsere Kleider wechseln? Wir tragen bereits ausreichend bequeme Kleidung.«
    »Sie sind… ungeeignet für Glenraven. Sie wären zu… erkennbar? Ist das Wort richtig?« Er starrte nach oben, als hätte jemand ein Wörterbuch in den Ästen der Bäume versteckt. »Nein. Auffällig . Sie wären zu auffällig.«
    »Aber wir sind schließlich Touristen«, erwiderte Sophie beleidigt.
    »Es gibt keine Touristen in Glenraven«, erklärte Lestovru. Sophie fand die Antwort ausgesprochen merkwürdig.
    Die beiden Frauen sahen sich an, und Sophie erkannte Unsicherheit im Blick ihrer Freundin.
    Lestovru griff in seinen Rucksack, zog zwei Kleiderbündel hervor und reichte sie den Frauen.
    Sophie schob ihren eigenen Rucksack zurecht. Was hatte Reiten eigentlich mit all dem hier zu tun? Warum hatten sie dann überhaupt Fahrräder mitgebracht?
    Schließlich nickte Jay zustimmend, trat vor und nahm das Bündel, das ihr Lestovru hinhielt. Sie beäugte ihn mißtrauisch. »Wo sollen wir uns umziehen?« fragte sie. »Wir werden es bestimmt nicht vor Ihren Augen machen.«
    Lestovru schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Sie werden hier sicher genug sein… aber bitte, laufen Sie nicht zu weit weg. Ich werde unten auf die Straße gehen, hinter die Bäume dort. Warten Sie auf mich. Ich werde in einigen Minuten zurückkehren, wenn Sie mit Umziehen fertig sind.«
    Jetzt nahm auch Sophie ein Bündel. Sie konnte sich alles ganz genau vorstellen. Er hatte es nicht nötig, sie im Tunnel umzubringen. Alles war so geplant, wie es ihm am leichtesten erschien. Er würde warten, bis sie sich ausgezogen hatten… und dann würde er hinter einem Baum hervorspringen, eine Waffe auf sie richten und sie ausrauben… oder Schlimmeres. Vielleicht dachte er nicht nur an einen einfachen Raubüberfall.
    Während sie zögernd dastand und grübelte, sprang Lestovru auf sein Rad und fuhr den Berg hinunter, bis er schließlich hinter der Kurve verschwunden war. Als er außer Sichtweite verschwunden war, räusperte sie sich.
    »Das ist total verrückt, Jay.«
    Jayjay stand mitten auf der Straße und blickte in die Richtung, in der sie Lestovru vermutete. »Verrückt«, murmelte sie. »Ja, das ist es.« Sie schüttelte eine Haarsträhne aus dem Gesicht und runzelte die Stirn. »Was glaubst du, was er jetzt vorhat?«
    »Meine Vorstellungen drehen sich um Raub, Vergewaltigung und Mord.«
    »Hmmm, darüber habe ich auch schon nachgedacht.« Jay wandte sich zu ihrer Freundin um. »Aber es gibt kein Zurück. Ich glaube nicht, daß wir ohne Führer wieder nach Italien finden würden. Nicht durch diesen Tunnel. Eines kann ich allerdings nicht verstehen. Du hast Lestovru von Anfang an mißtraut. Du hättest einfach nur sagen müssen, Ich glaube nicht, daß wir das Richtige tun, und ich wäre sofort umgekehrt. Warum hast du das nicht gemacht?«
    »Und warum hast du es nicht getan?«, erwiderte Sophie. Sie hatte sich dasselbe gefragt - sowohl in bezug auf Jay als auch in bezug auf sich selbst. Sie hatte etwas getan, von dem sie wußte, daß es dumm, unverantwortlich und gefährlich war, und sie wußte , daß sie es wußte. Sie wußte, daß sie sofort damit aufhören sollte. Und doch war sie immer weitergegangen. In einer Minute würde sie die Landestracht tragen und auf Lestovrus Rückkehr warten. Dumm, dumm, dumm. Warum?
    Jayjay kaute auf ihrer

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