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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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als zu warten, bis ihre Entführer zu erkennen gaben, was sie eigentlich wollten. In der Zwischenzeit unterhielt sie ihre Kinder mit der wenigen Magie, die ihr noch geblieben war. Kleine Lichter strahlten auf ihren Fingerspitzen und verwandelten sich in kleine tanzende Figuren. Sie rannten, stolperten und fielen über die provisorische Bühne, die Jarenns Arm bildete. Sie ließ die Bilder über die rundlichen Beine ihrer Tochter und den Bauch ihres Sohnes rennen. Schließlich purzelten sie ins Stroh, und die Kinder lachten laut auf. Als Tayes und Liendr begannen, alle möglichen Lieder zu singen, die sie kannten, ließ ihre Mutter die Figuren im Takt dazu tanzen.
    Um ihretwillen zeigte sie niemals Furcht. Sie erzählte ihnen, daß Vater bald kommen und sie holen würde; aber bis dahin müßten sie brav alles aufessen, spielen und einfach eine wunderbare Zeit miteinander verbringen. Sie sollten glücklich sein.
    Und die Kinder glaubten ihrer Mutter. Sie waren glücklich.
    Die kleinen Lichttänzer huschten gerade in die Arme ihrer Kinder, als Jarenn Schritte hörte. Die Tür am Ende des Zellenkorridors öffnete sich, und der Brigantenführer trat ein. Normalerweise befand er sich immer in Begleitung eines der Warrag, die für ihn arbeiteten, aber heute stand eine Frau neben ihm. Jarenn konnte einen Moment lang nur starr nach vorne blicken. Sie glaubte einfach nicht, was sie da sah. Dann machte ihr Herz einen Freudensprung. Dort drüben stand ihre Freundin, Aidris Akalan, und schritt den Korridor hinab, während sie prüfend in jede Zelle schaute.
    Sie ist wegen uns hier, dachte Jarenn, und vielleicht auch noch wegen ein paar von den anderen. Schließlich bin ich hier nicht die einzige, die mit Aidris befreundet ist…
    Jarenn seufzte erleichtert auf. Vor dem Verschwinden ihrer Furcht hatte Jarenn gar nicht gewußt, wieviel Angst sie wirklich gehabt hatte. Sie fühlte sich schwach und irgendwie erleichtert, da sie nun wußte, daß sie leben würde.
    »Aidris«, rief sie. »Hier drüben.«
    Aidris hob den Kopf und lächelte. »Du bist nicht verletzt, nicht wahr? Haben sie dich gut behandelt?«
    »Gut genug. Aber selbst wenn nicht… wir sind Kin. Wir halten es aus.«
    Aidris eilte durch den Korridor auf sie zu. »Ja, wie recht du hast. Du bist so tapfer. Ihr seid ja alle hier, du, Tayes-tayes und Liendr… und alle in Ordnung. Nicht ein einziger Kratzer. Ich bin ja so froh. Es gab eine Unmenge von Gerüchten, nachdem du verschwunden warst. Manche sagten, du hättest Dommis verlassen und wärst mit einem anderen fortgelaufen - lauter schreckliche Dinge. Dommis hat die ganze Zeit darauf bestanden, daß das nicht wahr sei, und hier ist der deutliche Beweis dafür. Er vertraut dir so sehr, Jarenn. Kirlons Tochter Adeleth ist auch hier, und Shir, und… « Sie schüttelte den Kopf.
    »Was haben sie verlangt, Aidris?«
    »Wer?«
    »Die Briganten, die uns entführt haben.«
    »Oh. Die.« Aidris hob die Arme und zuckte mit den Schultern. »Wen interessiert schon, was die verlangen? Das ist jetzt nicht weiter wichtig. Ich bin ja hier.«
    Aidris wirkte älter. Normalerweise sah sie jünger aus als Jarenn, und zuerst hatte Jarenn auch geglaubt, das trübe Licht spiele ihr einen Streich. Aber die Falten in Aidris’ Wangen, die runzelige Haut an ihrem Hals, die geschwollenen Fingerknöchel und die pergamentartige Haut waren keine Täuschung, die durch das Licht hervorgerufen wurde. Aus irgendeinem Grund war sie enorm gealtert, seit sie und Jarenn zusammen neben der Quelle auf dem Fest der Wacht gestanden und über die Launen des Hohen Gerichts diskutiert hatten.
    War Aidris krank? In all den Jahren, in denen Aidris und Jarenn befreundet waren, seit jenem Tag, an dem Aidris Jarenn als einzige der Hohen Töchter der Alten Linie erwählt hatte, ihr im Rat beizusitzen, war Aidris nicht einen Tag älter geworden. Jarenn war erwachsen geworden, hatte einen Eyra gefunden und Kinder bekommen, und Aidris war immer dieselbe geblieben. Aber jetzt hatte sie sich verändert. Die ungesunde Hautfarbe, die Art, wie die Lippen über den Zähnen spannten, all diese Dinge weckten in Jarenn die Befürchtung, daß ihre Freundin bald sterben könnte.
    »Ich bin so froh, dich zu sehen«, sagte Jarenn. Ihre Kinder hatten aufgehört, mit den Lichtern zu spielen, und statt dessen die Arme um die Beine ihrer Mutter geschlungen. Die Gesichter waren in ihrem Rock verborgen. »Wie hast du es fertiggebracht, uns hier rauszuholen?«
    Aidris hob eine

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