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Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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aus jedem Helikopter. Die Männer waren zwischen dreißig und fünfzig und trugen die graugrünen Overalls der amerikanischen Streitkräfte auf dem Stützpunkt in Keflavík.
    Darüber hinaus hatten sie wattierte Lederjacken angezogen. Sie nahmen ihre Helme ab, als sie Ratoffs Zelt betraten. Den Leiter der Operation kannten sie nicht, und es war ihnen anzusehen, dass sie keine Ahnung hatten, was auf dem Gletscher vor sich ging. Sie musterten Ratoff von oben bis unten und tauschten wieder Blicke aus, denn er war ihnen irgendwie nicht geheuer.
    »Wir bringen einen alten Flugzeugrumpf auf dem Luftweg zum Flughafen in Keflavík«, sagte Ratoff und betrachtete die Piloten. Es war ihnen anzusehen, dass sie nur sehr beschränkte Informationen über die Operation erhalten hatten. Sie wirkten unsicher, und er hatte keine Lust, ihnen dieses Gefühl zu nehmen, wenn es sich vermeiden ließ.
    »Was ist das für eine Maschine, Sir?«, fragte einer der Piloten.
    »Ein Museumsstück«, erwiderte Ratoff. »Macht euch darüber keine Gedanken. Wir haben sie auseinander geschnitten, und jeder Pavehawk trägt eine Hälfte. Das sollte ohne Probleme durchgeführt werden können, und wir sind dankbar für diese Unterstützung. Ich muss mir aber ausbedingen, dass ihr hier im Zelt bleibt und nicht unnütz herumschnüffelt. Das ist für alle Beteiligten am besten. Verstanden?«
    »Herumschnüffeln, Sir?«, fragte einer der Piloten. »Darf man fragen, was hier vor sich geht?«
    »Genau das meine ich. Je weniger ihr wisst, desto besser.
    Vielen Dank«, sagte Ratoff und wollte das Gespräch beenden, aber der Pilot ließ nicht locker.
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    »Ist das die deutsche Maschine?«, fragte er zögernd.
    Ratoff schaute ihn einen Augenblick an.
    »Was meinst du mit ›die deutsche Maschine‹?«, sagte er.
    »Die deutsche Maschine auf dem Vatnajökull«, sagte der Pilot.
    »ich habe davon gehört. Und ich habe das Hakenkreuz gesehen.«
    »Und was hast du über diese Maschine gehört?«, fragte Ratoff und trat einen Schritt näher.
    »Das war im Zusammenhang mit den Astronauten.«
    »Astronauten?«
    »Armstrong.«
    »Neil Armstrong?«
    »Man erzählt sich, dass er in den sechziger Jahren danach gesucht hat. Und es heißt auch, dass da eine Bombe an Bord ist, eine Wasserstoffbombe. Falls das stimmt, würde ich es gerne wissen.«
    »Sind das die Klatschgeschichten von der Basis?«, fragte Ratoff. »Nazis, Armstrong und eine Wasserstoffbombe?«
    »Geht es wirklich um eine Bombe? Dürfen wir mal in die Maschine reinschauen?«
    »Ich fürchte, ihr müsst euch auf das verlassen, was ich sage. In der Maschine ist keine Bombe. Es ist ein deutsches Flugzeug, das liegt auf der Hand, und es stammt aus dem Zweiten Weltkrieg, ist aber völlig harmlos. Das höre ich zum ersten Mal, dass Armstrong nach der Maschine gesucht haben soll, und ich höre auch zum ersten Mal, dass sich eine Wasserstoffbombe der Nazis darin befinden soll. Wir haben nichts dergleichen gefunden. Genügt euch das?«
    »Mir genügt es«, sagte einer der Piloten.
    »Warum dürfen wir nicht zuschauen?«, fragte ein anderer Pilot. »Wenn sie so harmlos ist, warum müssen wir dann hier im 249

    Zelt hocken?«
    »Ich bin euch keine Erklärungen schuldig.«
    »Nein, aber …«
    »Herrgott nochmal«, ächzte Ratoff. Er ging hinaus, rief drei Mitglieder der Spezialeinheiten zu sich und wies sie an, ins Zelt zu kommen. Dort gab er ihnen den Befehl, jeden niederzuschießen, der versuchen würde, das Zelt zu verlassen.
    Die Piloten waren wie vom Donner gerührt.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte einer von ihnen.
    »Wie wird man eigentlich hier behandelt? Was soll dieses unverschämte Auftreten uns gegenüber? Wer sollte dann die Helikopter fliegen?«
    »Dafür haben wir Leute«, sagte Ratoff und verließ das Zelt.
    Dort wartete ein Mann auf ihn, der ihn zum Flugzeug begleitete.
    »Wie war der Flug?«, fragte Ratoff.
    »Traumhaft«, erwiderte Simon und grinste.
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    31
    Kristín traute ihren Augen nicht.
    Die Szenerie, die sich ihr bot, war völlig aberwitzig und sah aus, als stamme sie aus einem Science-Fiction-Roman.
    Vielleicht war es auf Schlaflosigkeit und Müdigkeit zurückzuführen, dass sie plötzlich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte und sich völlig kraftlos fühlte. Alles löste sich in Gedankenfetzen auf, wurde zu einem langen schweren Albtraum, in dem sie vor Schurken davonlief, aber nie schnell genug war. Lag sie immer noch zu Hause bei sich auf dem Sofa?
    Träumte sie das alles? Was

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