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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan König
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Chance.
    »Ich will das wirklich nicht rechtfertigen«, sagte er. »Irgendwer
hat was ausgeplaudert, okay. Wir könnten uns jetzt damit aufhalten,
herauszufinden, wer das war. Was uns aber im Mordfall Spiss nicht weiterbringt
und auch nicht bei unseren anderen Fällen. Denk an den Nuttenmord. Ich würde
das erst mal auf sich beruhen lassen. Denn vielleicht hat das für uns im Moment
unerwünschte Presseecho letztlich auch was Gutes. Wir haben es doch schon
öfters erlebt, dass uns diese Idioten unfreiwillig noch gute Dienste geleistet
haben. Oder?«
    Hosps Nicken war ein widerwilliges. Er sah schon ein, dass Wasle
recht hatte. Doch eigentlich wollte er es nicht einsehen.
    »Gibt es irgendwas Neues aus Südtirol?«, fragte er, auch um das
Thema zu wechseln.
    »Von behördlicher Seite nicht«, sagte Wasle. »Vielleicht sollte man
dort ein Bild in die Zeitung setzen. Wie heißt sie gleich? …
›Dolomitenzeitung‹, stimmt’s? Ein Bild von Hellwage – dann müsste sich doch
schnell wer finden, der ihn kennt und weiß, wo er wohnt.«
    »Hör mir auf mit Zeitungen«, maulte Hosp. Er klaubte die Zeitungen
wieder auf, brachte sie auf seinem Schreibtisch halbwegs in Ordnung – und sah
Wasle in die Augen, der noch dastand, als wenn nicht alles gesagt wäre.
    »Du meinst also«, fing Hosp an, »wir sollten ohne tief greifenden
Verdacht und ohne weitreichende Begründung eine Vermisstenmeldung herausgeben?«
    Wasle verschränkte die Arme vor der Brust. Er konnte sich ein
Grinsen nicht ganz verkneifen.
    »Was kann schon passieren?«, fragte er.
    »Schlimmstenfalls kriegt dieser Hellwage einen Riesenschrecken, weil
er sein Bild beim Frühstück in der Zeitung sieht. Aber dann wird er mit uns
oder zumindest den Bozner Kollegen Kontakt aufnehmen, und wir wissen, wo er
sich befindet, und können ihn schützen. Falls überhaupt weiterhin Gefahr
besteht.«
    Hosp musterte seinen Kollegen mit Skepsis, doch sein Zorn
verflüchtigte sich. »Vielleicht hast du ja recht«, sagte er. »Wir könnten beim
Verlag um ein halbwegs aktuelles Bild nachsuchen. Die müssten doch was haben.
Kümmerst du dich drum?«
    Wasle nickte. »Ich glaube wirklich, es ist das Beste, was wir im
Augenblick tun können!«, sagte er. »Ich werde gleich mal die Redaktion in Bozen
ausfindig machen.«
    Hosp sah ihm nicht nach, als er sein Büro verließ. Er schaute
vielmehr wieder auf die Zeitungen, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Ein Foto,
das ganz offensichtlich ohne deren Wissen von Spiss’ Witwe und der Tochter samt
Ehemann oder Lebensgefährten gemacht worden war, schürte seinen Zorn wieder an.
    Die kennen keinerlei Rücksicht, dachte er. Da gibt es keinen
Respekt, keine Achtung, keine Würde. Er hatte genug. Er knüllte die Zeitungen
endgültig zusammen, diesmal zu großen Kugeln, und warf sie in den Papierkorb.
Und er beschloss, am Ende seines Tages zu Schwarzenbacher zu gehen, sich mit
ihm über diese Sache auszutauschen und nach Möglichkeit eine Platte oder CD zu leihen, die ihm abends daheim ein wenig
Entspannung, mehr noch: Erlösung bescheren würde.
    Manchmal dachte er, dass eine andere Frau gut gewesen wäre.
    Manchmal aber dachte er auch, dass seine Frau einen anderen Mann
gebraucht hätte. Keinen, der von Mord und Totschlag in der Seele zerfressen
wurde. Seine Frau und er – sie lebten schon lange aneinander vorbei. Zwei
parallele Leben. Nein, zwei Leben, die sich immer weiter voneinander
wegbewegten.
    *
    »Autoschlüssel!«, sagte der Mann.
    Hellwage deutete mit dem Kinn in Richtung Tisch, der Mann entdeckte
die Schublade und hatte einen Moment später das Schlüsseletui in der Hand.
    Hellwage kniete auf dem Boden. Die Füße waren zusammengebunden, die
Hände waren ihm jetzt hinter dem Rücken gefesselt. Um den Hals hatte er eine
Schlinge, die sich bei Belastung zusammenziehen würde, und das Seil führte
hinauf zum Holzbalken, wo es befestigt war. Er konnte nicht liegen und nicht
sitzen. Wenn er versuchen würde aufzustehen, lief er Gefahr zu stürzen und sich
zu erdrosseln. Seit höchstens zwanzig Minuten war er zu dieser grausamen
Stellung verurteilt, doch die Knie taten ihm schon so fürchterlich weh, dass
ihm unablässig Tränen übers Gesicht liefen. Ihm war bewusst, dass er diese
Tortur keine Stunde aushalten würde.
    »Ich fahre diesen Mann suchen. Wenn Name nicht stimmt, bist du tot.
Wenn ich zu lange suchen muss, bist auch tot. Kannst beten, bis ich zurückkomm.
Und dich ruhig halten. Ganz ruhig. Verstehst?«
    Der Mann trat an ihn

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