Global Warning
Verständnis haben, Michael.«
»Ich soll Verständnis haben? Welche Fähigkeiten bringt dein Bruder eigentlich in diese Organisation ein? Ich habe sie finanziert, ich plane jedes Detail, ich habe euch alles gegeben, was ihr haben wolltet. Ich bin derjenige, der dafür sorgt, dass wir nicht auffliegen.« Er wies mit seiner blutenden Hand auf das opulent ausgestattete Wohnzimmer. »Ich habe das alles arrangiert, damit Jenna hierher kommt. Er dagegen musste nur mit einer unbewaffneten Frau fertig werden.«
Jonas machte keine Anstalten, sich zu verteidigen. Genau genommen schien er gar nicht zuzuhören. Er starrte
mit ausdruckslosem Gesicht vor sich ins Leere, während sein Bruder mit dem Messer in seiner Schulter herumwühlte.
»Sie hätte ins Haus kommen sollen. Jonas war nicht darauf vorbereitet, durch einen dunklen Wald zu rennen und einen Wagen zu verfolgen.«
»Einen Wagen, den ich gestoppt habe!«
»Wir hätten es schon vor Jahren zu Ende bringen sollen«, sagte Jonas schließlich. »Sie hätte das Boot nie verlassen dürfen. Ich habe es euch gesagt.«
»Was daran gescheitert ist, dass Udo nicht garantieren konnte, die Sache ohne ihre Hilfe zu Ende bringen zu können. Daher mussten wir sie doch am Leben lassen, oder nicht? Und ich war dumm genug, mir keine Sorgen deshalb zu machen, weil ich nie auf die Idee gekommen wäre, dass man sich nicht auf dich verlassen kann, und du es nicht einmal fertig bringst...«
»Michael!« Udo drehte sich um und wies mit dem blutigen Messer auf Teague. »Was bringt das denn noch? Wir müssen sie finden, bevor ihr klar wird, was wir getan haben. Du kennst sie am besten. Was wird sie tun? Wird sie zur Polizei gehen?«
Teague wandte sich ab und wollte in den Korridor gehen, blieb dann aber auf der Türschwelle stehen. Schließlich war diese Frage nicht schwer zu beantworten. »Nein. Noch nicht. Zuerst wird sie versuchen, Erin Neal zu finden.«
10
Um zwei Uhr morgens war es in Erin Neals Scheune immer noch um die 38 Grad warm. Er hatte fast eine Stunde gebraucht, um zwischen all dem nutzlosen Kram, der sich über die Jahre hinweg angesammelt hatte, die Kartons zu finden, die er brauchte. Jetzt standen sie um ihn herum, aufgerissen und leer.
Erin ließ den Stapel Papier fallen und lehnte sich gegen die Wand, während sein Blick zu den vergilbten Notizbüchern und losen Blättern ging, die er neben sich angehäuft hatte. Er hätte nie gedacht, dass er noch einmal Grund haben würde, sich seine alten Aufzeichnungen wieder anzusehen, doch wie bei allem in seinem vergangenen Leben hatte er nie den Mut gefunden, sie einfach wegzuwerfen.
Inzwischen war er so gut wie sicher, dass die Bakterien konstruiert waren und dass ihr Aufbau auf den Experimenten beruhte, die er schon vor Jahren aufgegeben hatte. Sein Ziel war es allerdings gewesen, einen vielseitig einsetzbaren, robusten und effektiven Stamm zu schaffen, der bei Ölkatastrophen die Säuberung übernahm.
Da die Umweltschutzbewegung gegen Genmanipulation war, hatte er nur mit wenigen über seine Ideen gesprochen, und Jenna war die Einzige gewesen, die seine Notizen
zu Gesicht bekommen hatte. Ironischerweise hatte sie ihn dann bei einer Reise in die von ihr so heiß geliebte Wildnis von Alaska davon überzeugt, das Projekt aufzugeben.
»Um Himmels willen, Jenna«, flüsterte er, während er einen noch ungeöffneten Karton zu sich zog. Im Grunde genommen war das ihr Grab - oder zumindest das, was er sich anstelle eines Grabes geschaffen hatte. Ihre Leiche war Hunderte Meter tief in eiskaltem Wasser verschwunden, zusammen mit den meisten ihrer Sachen. Bis auf die Fotos, die in seinem Haus hingen, enthielt dieser Karton alles, was von ihr geblieben war.
Er riss den Deckel auf und zog ein paar Kleidungsstücke heraus, die sie vergessen hatte, als sie gegangen war, danach ein paar Fotoalben und einen Stapel muffig riechender Briefe. Am Boden des Kartons fand er, wonach er gesucht hatte - die Zeitungsausschnitte über ihren Tod.
Ihr Schiff - genau genommen Michael Teagues Schiff - war nicht mit ihr allein untergegangen. Teague war ebenfalls bei dem Unglück gestorben, zusammen mit Udo und Jonas Metzger.
Er hatte Teague ziemlich gut gekannt, allerdings brachte er es selbst nach dessen Tod nicht fertig, etwas Positives über den Mann zu sagen. Teagues Ego war so groß gewesen, dass er sich seine eigene, ständig wechselnde Realität geschaffen hatte, in der kein Platz für Fakten oder die Meinung anderer gewesen war. Er
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