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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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zum letzten Mal gesehen hatte, wie ich mir nach Erhalt des Briefes beim Durchblättern meiner alten Terminkalender ins Gedächtnis rief, und zwei Jahre, nachdem die letzten postalischen Weihnachtsgrüße ausgetauscht worden waren. Ich war währenddessen von Richmond nach Highgate umgezogen. Der Brief informierte mich, daß mein Bekannter gestorben war (»nach langer Krankheit«, wie die Anwälte hinzufügten) und daß er mich zu einem seiner Testamentsvollstrecker ernannt habe. Der andere war seine Frau. Unnötig zu erwähnen, daß die Neuigkeiten mich völlig unvorbereitet trafen. Es gab auch eine finanzielle Hinterlassenschaft an mich, die ich, wie der Erblasser hoffte, »annehmen würde«: Der Betrag belief sich auf 100 Pfund, und mein erster Gedanke war, ich bedaure das zugeben zu müssen, daß er wohl einer früheren Ära der Finanzgeschichte Großbritanniens entstammen müsse. Der Brief schloß mit der Bitte, mich möglichst bald mit der Kanzlei oder direkt mit der Witwe des Verstorbenen in Verbindung zu setzen.
    Ich stöhnte auf, doch als ich das Büro erreichte, in dem ich vor meiner Hochzeit arbeitete, verfaßte ich pflichtschuldigst den obligatorischen Kondolenzbrief und schlug in einem Postskriptum so taktvoll wie möglich vor, man möge doch einen Abend zum Zusammentreffen der Testamentsvollstrecker bestimmen. Die Antwort folgte prompt. Mit so wenigen Worten wie möglich dankte man mir darin für meine Beileidsbekundungen und schlug den nächsten Abend für das Treffen vor. Ich verschob eine Verabredung mit meiner Verlobten und fuhr noch einmal nach Battersea.
    Ich bemerkte sofort, daß seine Witwe die seltsame Art, sich zu kleiden, die sie zu ihres Mannes Lebzeiten bevorzugte, aufgegeben hatte und nun ein nicht weiter auffälliges, ja sogar schlichtes Kleid, das aus einem Kaufhaus stammen mochte, trug. Vielleicht war es ihre Antwort auf jenen inneren Drang, der noch bis vor kurzem die Hinterbliebenen zum düsteren Schwarz genötigt hat. Eine darüber hinausgehende Veränderung konnte ich an ihr nicht feststellen.
    Sie schien nicht von Gram gebrochen, ja noch nicht einmal berührt, und sie hatte noch genau so wenig zu sagen wie früher. Ich versuchte, etwas über die Todesursache herauszufinden, konnte jedoch keine genaue Antwort erhalten, woraus ich folgerte, daß es sich um eine jener üblichen schlimmen Krankheiten gehandelt hatte. Mir wurde bedeutet, daß ich mich keiner weiteren Mühe unterziehen müsse. Sie werde das Notwendige veranlassen, und meine Anwesenheit sei nur noch einmal gegen Ende vonnöten.
    Ich merkte an, daß ich als Testamentsvollstrecker wohl doch eine Kopie des letzten Willens zu Gesicht bekommen sollte. Sofort übergab sie mir schweigend das Original, das irgendwo im Raum gelegen hatte. Sein Wortlaut war einfach. Der Körper sollte verbrannt werden, das gesamte Erbe fiel - mit Ausnahme meiner 100 Pfund - an die Witwe, und die Bilder des Erblassers sollten der National Gallery of British Art angeboten werden; falls dort nicht angenommen, sollten die Testamentsvollstrecker sie zahlreichen anderen öffentlichen Galerien offerieren, wovon etwa zehn bis zwölf auf einer Liste aufgeführt waren; falls auch dort abgelehnt, wären die Bilder zu verbrennen. Mir wurde auf einmal meine Rolle in der ganzen Angelegenheit deutlich. Ich hatte nichts Gutes geahnt, seitdem ich den Brief von der Kanzlei erhalten hatte. Nun packte mich Entsetzen.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte die Witwe, wobei ein kaum wahrnehmbares Lächeln über ihre Züge huschte. »Ich habe mich bereits selbst um diesen Teil des Testaments gekümmert, während er noch lebte. Keine der aufgelisteten Institutionen wollte die Bilder auch nur sehen.«
    »Aber«, entgegnete ich, »als Testamentsvollstrecker kann ich es nicht einfach dabei bewenden lassen.«
    »Sehen Sie sich ihre Briefe an.« Sie holte einen Stoß Papiere hervor und reichte ihn mir. »Setzen Sie sich und lesen Sie.« Sie rückte ihren Stuhl zurück und setzte sich so, daß sie mich aus den Augenwinkeln hätte beobachten können; auch nahm sie keine Beschäftigung auf.
    Ich dachte bei mir, daß ich die ganze Angelegenheit, wenn möglich, ebensogut hier und jetzt hinter mich bringen könnte. Ich verglich die Antwortbriefe mit der Liste des Testaments. Jede aufgeführte Galerie war vertreten. Alle Briefe enthielten abschlägige Antworten: Einige lehnten höflich und unter Angabe der Gründe ab, andere nicht. Die Korrespondenz erstreckte sich über eine

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