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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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nicht gern, würde eine Person, die mir sehr nahesteht, dies lesen - wenn es denn jemals eine solche geben sollte. Ich bezweifle das allerdings. Manchmal erschreckt mich dieser Gedanke, manchmal beruhigt er mich aber auch.
    An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen - für die Fremden, die dies hier einmal lesen könnten -, daß meine Eltern vor sieben Jahren bei einem Flugzeugunglück ums Leben kamen. Meine Mutter hatte darauf bestanden, nach Paris zu fliegen. Ich war dabei, als mein Vater mit ihr darüber stritt, für ihr Verhältnis zueinander übrigens völlig typisch. Ich liebte meine Mutter sehr, auch wenn sie sich mir gegenüber genauso autoritär verhielt wie gegenüber meinem Vater. Zweifellos blieb auch diese familiäre Konstellation nicht ohne Wirkung auf meine Entwicklung. Ich fürchtete immer, eine Frau könne mich meiner Unabhängigkeit berauben - ja mich womöglich töten. Auch denke ich angesichts dessen, was ich bisher bei anderen Leuten beobachtet habe, nicht, daß diese Befürchtungen besonders unrealistisch sind.
    Alles in allem mag ich die Menschen nicht. Ich bin, wie es scheint, unfähig dazu, auf sie zuzugehen; andererseits habe ich die Erfahrung gemacht, daß, wenn sie den Anfang machen, ich ganz gut mit ihnen zurechtkomme - besser jedenfalls als viele derjenigen, die gleich mit jedem vertraut sind und keine Probleme zu haben scheinen, den ersten Schritt zu tun. Denn wenn ich einmal, wie man sagt, begonnen habe, kann ich flüssig und bisweilen sogar amüsant weiterplaudern (obwohl ich tief in meinem Innersten davon überzeugt bin, daß ich nicht die geringste Spur von Humor besitze) und scheine, zumindest in nicht gerade wenigen Fällen, einen tiefen Eindruck zu hinterlassen. Vermutlich sollte ich mich darüber freuen, aber ich glaube nicht, daß ich jemals wahren Einfluß ausübe. Es ist beinahe so, als spreche jemand anderes durch mich - jemand, der durch einen Außenstehenden, meinen Gesprächspartner, erst einmal hervorgelockt, sozusagen aufgezogen werden muß. Nicht ich bin es, der spricht, nicht ich bin es, der gefällt. Ich glaube wirklich, daß ich selbst eigentlich nie spreche, und ich bin mir sicher, daß, täte ich es, ich auch nie gefallen würde. Hierin liegt natürlich ein weiterer Grund dafür, daß ich nicht ernsthaft daran denken kann, mit jemandem zusammenzuleben.
    Ähnlich ist es auch um meine Kunst bestellt. Meine Bilder sind visionär und symbolisch - und scheinen von Anfang bis Ende von jemand anderem als mir selbst gemalt worden zu sein. Ich habe auch die größten Schwierigkeiten, wenn ich auf Kommando etwas malen soll. Mir gelingt kein Portrait, ich bin unfähig, unter freiem Himmel zu malen, stehe den verschiedenen abstrakten Stilrichtungen (die der Erfindung der Kamera unweigerlich folgen mußten) vollkommen gleichgültig gegenüber. Auch zeichne ich nicht besonders gut, was, wie man vielleicht meinen könnte, ein unüberwindliches Hindernis für einen Maler sein sollte. Ich muß allein in einem Raum sein, um malen zu können, dann jedoch kann ich manchmal Tag und Nacht malen, zwanzig Stunden ohne Pause. Mein Vater, der meine Begabung förderte, ermöglichte es mir, eine Akademie in London zu besuchen. Es war recht sinnlos. Mir gelang nichts, und ich war unglücklicher als in jeder anderen Phase meines Lebens. Es war dies die einzige Zeit, in der ich mich wirklich einsam fühlte - wobei Schlimmeres natürlich noch folgen mag. Man kann mich also einen Autodidakten nennen - dasjenige, was in mir wirkt, einmal außer acht gelassen. Ich bin mir darüber im klaren, daß meine Bilder einer Technik, die auf Akademien bestehen könnte, ermangeln (vorausgesetzt, eine Technik kann überhaupt losgelöst von Inspiration und Erfindungsgabe existieren). Ich hätte vermutlich schon vor einiger Zeit damit aufgehört, diese Bilder zu malen, hätten nicht einige Leute etwas Bemerkenswertes in ihnen zu finden geglaubt und mich so dazu gebracht, mich mit den Bildern zu identifizieren und mich in gewissem Umfang für bedeutend zu halten. Sollte ich das Malen jemals aufgeben müssen, so würde dieser Bruch radikal sein. Ich könnte keinesfalls, wie manche Zeitgenossen dies tun, nur zum Hobby oder am Sonntagnachmittag malen. Ich bin mir sicher, daß ich bald aufgeben werde - oder daß man mich aufgibt. Als ich über das Genie von Willi und Rudi Schneider las, darüber, wie die Gabe erst den einen und dann auch den anderen Bruder verließ - zu einer Zeit, als sie noch relativ jung waren -,

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