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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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indes ohnehin schwerlich annehmen können, daß diesem Unternehmen noch eine große Zukunft beschieden gewesen wäre; und tatsächlich hörte ich nach dieser letzten traurigen Nacht des Um- und Rückzugs weder irgend etwas von ihnen noch sah ich jemals wieder eine Ausgabe ihrer Zeitung in einem Laden oder bei einem Straßenhändler.
    Schließlich fuhr ich nach London, um den Umbau in Augenschein zu nehmen. Die hölzernen Fensterrahmen an der Fassade waren, teils in Blau, teils in Weiß, neu gestrichen, einschließlich meiner beiden auf die Straße blickenden Dachgeschoßfenster. Die Eingangstür aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert hatte einen leuchtend blauen Anstrich erhalten, und linker Hand, in Schulterhöhe auf dem geweißten Türpfosten, verkündete eine ungewöhnlich große Messingplakette: Stallabrass, Hoskins und Cramp. Steuerprüfer. Das Firmenschild hätte dringend einer Politur bedurft; vermutlich, weil es eben erst angebracht worden war.
    Um diese Tageszeit arbeitete Maureen noch bei ihrem Buchmacher. Ich schloß auf und stieg zu meinem Domizil hoch. Auch der Innenanstrich war von oben bis unten erneuert worden, wenn auch ziemlich nachlässig, wie es nach dem Krieg nicht anders zu erwarten war, und in barbarischen Farbtönen. Die Wände des Treppenhauses hatte man in einem aufdringlichen Grün tapeziert. Sogar ein bunter Läufer schmückte die vormals mit dunklem Linoleum und ausgefransten Teppichschonern belegten Böden. Es kam mir in den Sinn, der wenig harmonische Gesamteindruck könne vielleicht daher rühren, daß man in dieser historischen Stunde weltweiter Erneuerung zu Sonderpreisen alte Restbestände erstanden habe. Keine Menschenseele war zu sehen, die Türen waren geschlossen, alles lag still. Zumindest waren auch die Handwerker endlich fort.
    Meine Wohnungstür besaß einen Briefkasten, wenn sich auch, solange ich dort lebte, kein Briefträger jemals die Mühe gemacht hat, die Treppen heraufzusteigen; all unsere Post wurde vielmehr auf einem wackeligen Bord im Hausflur des Erdgeschosses deponiert. Nun fand ich eine Nachricht mit der Aufschrift ›Durch Boten‹ vor: Die Hausverwaltung zeigte sich darin sehr aufgebracht darüber, daß ich aufgrund meiner Abwesenheit die Anstreicher nicht hatte hineinlassen können. Ich solle mich umgehend mit ihrem Büro in Verbindung setzen. Ich ließ jedoch nichts von mir hören - und die Hausverwaltung ebenfalls nicht. Das Gebäude gehörte einer Stiftung, die eine Schule für bedürftige Knaben unterstützte. Schule und Büros der Stiftung waren bereits vor meiner Zeit aus London verlegt worden. Und die Hausverwaltung war mir nicht eben übereifrig vorgekommen, was einer der Gründe war, die Wohnung zu nehmen.
    Meine Zimmer waren über und über mit dem Sand und Schmutz der Renovierungsarbeiten an der Fassade bedeckt. Sie sahen nahezu unbewohnbar aus. Ich hatte nie daran gedacht, mir eine Putzfrau zu leisten, hatte eine solche auch noch nie in diesem Gebäude gesehen, obwohl mir aufgefallen war, daß irgend jemand bisweilen die Treppen reinigte. Nun fragte ich mich, ob ich nicht Maureens Hilfe oder wenigstens ihren Rat einholen sollte.
    Doch das war weniger wichtig. Ich hatte genug gesehen, um zu wissen, daß ich dank anderer und mir wichtigerer Gründe durchaus zurückkehren konnte. Auf einen erfolglosen Schriftsteller wie mich, der jedoch erfolgreich genug war, um überhaupt beschäftigt zu sein, wartete immer irgendeine dringende Arbeit. Für ein oder zwei Nächte kehrte ich noch einmal in das Cottage meiner Mutter zurück. »Deine Wohnung wird recht staubig gewesen sein«, sagte sie. »Du hättest mich erst einmal einen richtigen Frühjahrsputz machen lassen sollen.«
    Da sie noch nie dort gewesen war, zögerte ich zunächst. Doch dann schien sie glücklicherweise meine Mansarde trotz der wenig anheimelnden Umgebung mit ihren grellen Farben und den vielen verschlossenen Türen zu mögen.
    Ich weiß, daß die meisten verschlossen und nicht einfach nur angelehnt waren, denn meine Mutter rüttelte und zerrte keineswegs zaghaft an den Türknäufen, was ich aus Mangel an Interesse noch nie versucht hatte.
    »Wie kommst du mit den Leuten im Souterrain zurecht?« wollte sie wissen.
    Ich legte es ihr in angemessenen Worten dar.
    »Ich bin froh, daß die Frau Gefallen an dir gefunden hat. Du brauchst eine Frau im Haus. Und daß sie hübsch ist, freut mich für dich.«

    Erst einige Tage nach meiner endgültigen Rückkehr sah ich Maureen wieder. Ich ähnele

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