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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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Sekretärinnen-Witze (die angeblich nichts anderes zu tun hatten, als am Telefon mit ihren Liebhabern zu schwatzen), aber hier schien es weit darüber hinauszugehen. Ich könnte es vielleicht so ausdrücken, daß etwas derart Nachvollziehbares wie ein Schwätzchen mit dem Liebhaber meinen Ohren überaus willkommen und hinreichend erklärlich erschienen wäre. Aber alles, was ich mitbekam, war einfach leer. So konnte ich mich auch beim besten Willen an nichts davon erinnern. Ich bezweifle sogar, ob ich, wäre ich damals auf der Stelle in meine Wohnung in den dritten Stock hinaufgegangen, dort schriftlich hätte niederlegen können, was ich soeben vernommen hatte. Außerdem hätte ich mich geschämt, meine Gedanken oder mein Gedächtnis mit derartigen Nichtigkeiten zu belasten.
    Wenn ich sie auf der Treppe traf, schauten mir die kleinen Mädchen aus dem Büro unverhohlen anzüglich nach oder grinsten mich verächtlich an, bisweilen legten sie sogar pure Feindseligkeit an den Tag. Zwar mag das absurd klingen, doch genau diese Eindrücke erweckten die Mädchen in mir. Sie waren alle noch sehr jung, und die meisten Menschen würden behauptet haben, daß ich ihnen Unrecht tat. In gewisser Hinsicht stimmte das wohl auch. Ich gebe zu, daß ich mich diesen Mädchen gegenüber nicht entsprechend verhalten konnte. Die üblichen Grußformeln schienen absurd. Überdies waren es jedesmal andere Mädchen. Ich vermute, daß fünf oder sechs von ihnen dort gleichzeitig arbeiteten (wenn man das so nennen konnte), doch Gesichter, die ich kannte, verschwanden bald wieder, worauf mir vollkommen fremde erschienen. So war es nicht möglich, falls es meine Absicht gewesen wäre, sie genauer kennenzulernen.
    Die Männer der Firma, die übrigens nicht wechselten (und, überflüssig zu sagen, natürlich wesentlich älter waren), musterten mich meist von Kopf bis Fuß, als sei ich ein Fremder oder ein Eindringling von der Straße, wenn ich die Treppe hinunterkam oder das Haus betrat. Bisweilen - meist im letzten Moment - ließen sie dann ein ›Guten Morgen‹ oder ›Guten Abend‹ vernehmen.
    Die Männer waren augenscheinlich nie vollständig bekleidet. Ihre Kleidung war jederzeit tadellos, eben diejenige eines Geschäftsmanns, jedoch schienen die Männer sie nie (jedenfalls, wenn ich sie sah) vollständig am Leib zu tragen. Sie wirkten immer, als litten sie entsetzlich unter Arbeitsüberlastung oder Überhitzung, selbst im Winter, wobei man allerdings zugeben muß, daß die Büros bemerkenswert gut beheizt waren. Ich hätte mir kaum den Hals verrenkt, um einen Blick auf ihre Gasöfen, oder mit was sie sonst heizen mochten, zu erhaschen, aber immer, ob im Dezember oder Januar, erschlug einen geradezu eine Welle heißer Luft, wenn man an einem der Büros vorbeiging. Die Mädchen trugen selbst im Winter überaus sommerlich anmutende Kleider und kamen und gingen dementsprechend in schweren Wintermänteln. Aber schließlich ziehen es die meisten Menschen vor, in großer Hitze zu leben und zu arbeiten, hierin mache ich wohl eine Ausnahme. Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, daß ich mich nicht erinnern kann, die Männer (obwohl sie stets so taten, als stünden sie wegen Überarbeitung kurz vor dem Herzinfarkt) jemals bei der Arbeit gesehen zu haben, genausowenig wie die Mädchen. Doch wahrscheinlich beeinflußte mich damals wie heute meine Unfähigkeit, inmitten eines ruhelosen Umfelds zu arbeiten. Ich kannte keinen einzigen der Männer mit Namen (wie auch keines der Mädchen); und während die Mädchen durch die offenen Türen um mich herum weiterschwatzten, als sei ich unsichtbar, verhielten sich die hemdsärmeligen Männer genau entgegengesetzt. Sie verharrten regungslos und verfielen sofort in Schweigen, bis ich wieder fort oder zumindest außer Hörweite war. Jetzt, da ich mir alles noch einmal durch den Kopf gehen lasse, fällt mir auf, daß ich auch nie etwas von dem üblichen Geplänkel mitbekam, das sonst in Büros zwischen Männern und Mädchen üblich ist - obwohl die meisten der Mädchen nicht so aussahen, als hätten sie etwas dagegen einzuwenden gehabt.
    Schließlich gab es noch jenes Geheimnis über die Kunden, ein Geheimnis, weil man nie auch nur einen einzigen von ihnen zu Gesicht bekam, nur die emsig umhereilende Belegschaft.
    »Hast du jemals einen gesehen?« fragte ich Maureen.
    »Mr. Millar sagt, daß es viele Leute gibt, die schon seit Ewigkeiten zu ihnen kommen.«
    »Ich möchte nicht darunter sein.«
    »Wie willst du

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