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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Haupteingang verlassen, der sie mit dem Korridor verband, als er auf der anderen Seite Stimmen murmeln hörte: »Sollen wir von einer Hure und einem Beutelschneider regiert werden?« Er bückte sich und spähte durch das Schlüsselloch. »Es muß zerstört werden. Es ist Albions Schande. Und es gibt eine Möglichkeit.«
    Der Thane von Hermiston und Lord Montfallcon gingen langsam und immer wieder stehen bleibend durch den Korridor und besprachen sich mit gedämpften Stimmen. Diese Kombination hatte Quire nicht erwartet. Sie waren ein zu ungleiches Gespann. Wie auch immer, er glaubte nicht viel von ihnen fürchten zu müssen. Ohne Zweifel hatten ihre jeweiligen Selbsttäuschungen sie zusammengebracht. Er öffnete einen Türflügel vorsichtig einen Spaltbreit und beobachtete die beiden, und als sie den Korridor verlassen hatten, schlug er eine vertraute Route zum Ostflügel ein, wo er später eine Verabredung einzuhalten hatte. Er machte sich frühzeitig auf den Weg, weil es seine Gewohnheit war, viel eher als erwartet an Ort und Stelle zu sein. Durch diese Methode hatte er sich in früheren Tagen am Leben erhalten.
    Er erreichte die Arkadengalerie über den Gärten, wo Gloriana im Frühjahr ihre Rolle als Maikönigin gespielt hatte. Er ging schnell. Mondlicht drang durch die Fenster der Rückseite, so daß es in der Galerie beinahe so hell war wie in den Gärten zu ihren Füßen. Er achtete gewohnheitsmäßig auf verdächtige Bewegungen und Geräusche, während er ging, und als er ein Geräusch vernahm, das dem Ort und der nächtlichen Stunde nicht natürlich zugehörig schien, zog er sich schnell in einen Schatten zurück. Aus den Gärten drangen eigentümliche Geräusche herüber, ein Knarren und Rascheln und Klappern, als ob jemand sich mit Stangen in den Ästen der Bäume zu schaffen machte. Als seine Augen sich der Dunkelheit angepaßt hatten, glaubte er zu sehen, daß die Eichen, welche die gesamten Gartenterrassen umgaben und den Hirschen Schutz und Nahrung spendeten, leise zu wanken schienen. Jemand war auf dem Baumsteig, der durch die Wipfel führte. Er hatte ihn selbst ein- oder zweimal begangen und wußte, daß er fest gebaut war. Schließlich vernahm er scharfe und helle, beinahe regelmäßige Geräusche – snick-snick, snick-snick – und sah zwei Gestalten ins Blickfeld kommen. Sie fochten mit Degen auf dem schwankenden und knarrenden Baumpfad. Auch die Fechter wankten und taumelten von einer Seite zur anderen, fielen in die Seilgeländer und brachten die aufgehängten Planken bisweilen dergestalt aus ihrer Lage, daß sie seitwärts bis in die Lotrechte schaukelten, während die Männer sich an die gespannten Seile klammerten und weiterfochten. Quire verfolgte das Duell einige Zeit lang und war sich dabei bewußt, daß er seinen Besucher nun warten lassen mochte, aber er mußte den Ausgang sehen, obgleich er erraten hatte, wer die Duellanten waren. Schließlich hatte er sie indirekt zum Zweikampf ermutigt.
    Snick-snick, snick-snick. Es war, als ob ein verrückter Gärtner diese Stunde zum Beschneiden der Zweige gewählt hatte. Das Knarren wurde lebhafter, das Rascheln verstärkte sich. Die Duellanten scharrten mit den Füßen und tanzten den Baumpfad entlang, manchmal in Sicht, manchmal von Baumkronen und Stämmen verdeckt.
    Dann wurde es plötzlich still, die Bewegung hatte aufgehört. Quire sah eine Gestalt am Seil lehnen, dann gaben die Planken seitwärts nach, und sie stürzte hinab.
    Quire rannte zu der Treppe, die in den Garten hinabführte.
    Als er den Gefallenen erreichte, hatte der Sieger sich bereits eingefunden. Sir Amadis atmete schwer, als er den Degen in die Scheide stieß.
    »Ich denke, ich tötete ihn, bevor er abstürzte«, sagte er. »Ich
hoffe es. Der arme Gorius.«
»Das war eine große Torheit«, sagte Quire.
    »Ihr saht den Zweikampf? Wie viele andere Zeugen gibt es?« »Wer weiß?« Quire glaubte, daß nur er selbst es gesehen hatte. »Dafür wird man Euch einkerkern. Verbannen.« »Ich wollte Alys. Und er auch.«
    »Sie wird jetzt nichts mehr mit Euch zu schaffen haben wol
len.«
»Ich weiß.«
»Ihr müßt zu Eurer Gemahlin zurückkehren«, sagte Quire,
einer Eingebung folgend. Er überlegte. »Freilich – nach Kent.
Die Perrotts werden Euch schützen.«
»Was soll ich ihnen sagen?«
    »Daß Ihr ein Opfer seid. Daß Ihr für die Sache der Perrotts eingetreten seid und daß Ransley die Perrotts Verräter nannte und sie gehenkt sehen wollte. Er trachtete Euch nach dem Leben.

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