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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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entschiedenere Justiz geben. Ihr seid nur das Spiegelbild der Bedürfnisse Eurer Nation gewesen. Nun müßt Ihr dem Reich Euren Willen auferlegen und zeigen, daß Ihr stark seid. Das ist der Weg, der all diesem Wahnsinn ein Ende machen wird.«
    Sie zog die schönen Brauen zusammen. »Du läufst Gefahr, unter jeder Vergeltung am meisten zu leiden«, sagte sie. »Wirklich? Dann stellt mich vor Gericht. Wählt die Geschworenen nach Gutdünken aus. Oder richtet selbst über mich.«
    Damit trieb er ihr wieder Tränen in die Augen; er beutete ihr allgemeines Schuldgefühl aus; er bot ihr den Ausweg in emotionale Auflösung. Sie aber nahm ihn nicht an und fand statt dessen zur Würde zurück. Sie stand vor ihm, riesig und mitleiderregend, und zog ihn zu seiner Verblüffung an ihren Busen. »O Quire, Quire.«
    »Ihr müßt ausruhen. Einen Tag oder so«, sagte er in den Stoff ihres Kleides. »Dann trefft Eure Entscheidungen.«
    »Gib mir keine Ratschläge, mein Lieber. Versuche nicht weiter, mein Denken und Tun zu reduzieren. Du lehrtest mich, meines Leides nicht zu achten. Aber dieses Leid war es, was meine Liebe zu Albion darstellte. Ich werde den Kummer auf mich nehmen, um dem Reich wieder zu dienen.« »Dies ist schwerwiegend …«
    »Ich werde im Laufe der kommenden Woche darüber entscheiden, was ich tun muß.«
    Er fühlte, daß die Entwicklung ihm nicht länger zuarbeitete,
obwohl er Erfolg sah.
Er lieferte sich ihrer furchtbaren Güte aus.

    Am nächsten Morgen kam die Nachricht von Ransleys Tod und die Hiobsbotschaft, daß Sir Vivien Rich an den Folgen seines schweren Sturzes gestorben war. Die Königin, in ihrer neuen und irremachenden Stimmung, nahm beide Todesfälle mit einer Art von duldsamem Erschrecken auf und ließ nach Tom Ffynne schicken. Sie beabsichtigte das Problem von Cornfields Verschwinden aus dem Palast zu diskutieren, obwohl mittlerweile wohlbekannt war, daß er die Straße nach Dover genommen hatte und fast mit Gewißheit zu seinen Anverwandten geritten war.
    Quire wurde von Gloriana nicht ignoriert, aber sie fragte ihn nicht mehr um seinen Rat. Sie bezeigte ihm die zärtliche Distanz einer Mutter zu ihrem reizenden, aber anstrengenden Kind. Und sie erlaubte ihm, mit ihr zu gehen, wenn sie sich in ihre mit Edelsteinen überkrusteten Staatsgewänder hüllen ließ und mit dem Zepter in der Hand hoheitsvoll in den Audienzsälen erschien, wo man sie lange nicht gesehen hatte. Huldvoll begrüßte sie dort erstaunte Bittsteller, die längst jede wirkliche Hoffnung aufgegeben hatten, daß ihnen ein Vorbringen ihrer Anliegen gestattet werden möchte. Sie war freundlich und distanziert, ihre Menschlichkeit hinter Protokoll und Gewohnheit verschwunden; eine Monarchin. Quire folgte ihr, nickte diesen zu und verneigte sich zu jenen und zeigte eine Zuversicht, von der in Wahrheit nicht viel in ihm war, um den Eindruck zu vermitteln, daß er die Königin endlich überredet habe, ihre Pflicht zu tun.
    Als sie im Thronsaal für ausländische Gesandte und hohe Würdenträger Audienzen gab, nahm Quire den Stuhl zu ihren Füßen und auf der Seite ein, der der Gräfin von Scaith gehört hatte. Lord Montfallcon war verständigt und um sein Erscheinen gebeten worden, ließ aber auf sich warten.
    Prinz Sharyar war der erste ausländische Gesandte, dem die Ehre des Empfangs zuteil wurde. Er warf Quire mehr als einen scharfen Blick zu, wagte aber nicht zu fragen, nicht einmal mit den Augen. Er war groß und beherrscht, ein stattlicher Mann in seidenen Gewändern, mit einer goldenen Agraffe am Turban und gegürtet mit einer fein ziselierten Damaszenerklinge. »Allergnädigste Majestät. Mein Gebieter Hassan, Großkalif von Arabien, entbietet Euch seine Grüße und beauftragt mich, Euch seiner tiefsten Freundschaft zu versichern. Einer Freundschaft, so bat er mich, Euch zu sagen, die tiefer geht als bloße Bewunderung für die schönste und ehrenwerteste Königin der Welt, Herrscherin über das mächtigste und edelste Imperium. Er erwartet sehnlichst den Augenblick, da Ihr ihm ein Zeichen werdet zukommen lassen, daß Ihr seine Zuneigung teilt, so daß er an Eure Seite eilen kann, Euch in dieser kritischen Stunde der Geschichte beizustehen.«
    »Kritische Stunde, mein lieber Prinz?« Sie schien belustigt. »Welche kritische Stunde sollte das sein?«
    »Nun, Euer Majestät, es gibt Gerüchte. Eine gewisse Anzahl Eurer Untertanen – ungebärdig und unklug – mißachten Eure Wünsche …«
    »Eine unbedeutende innere

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