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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Meinungsverschiedenheit, Hoheit.«
    »Selbstverständlich, Euer Majestät.« Er sagte nichts mehr und vermied es, Quire anzusehen. Dieser wußte jedoch, daß Sharyar sich verraten fühlen mochte und infolgedessen (denn er hatte nichts zu verlieren) ihn, Quire, verraten könnte. Die Türen wurden aufgestoßen, und Montfallcon trat ein. Er trug seine schwarzen Amtsgewänder und seine goldene Kette. Sein graues Gesicht war verkniffen und faltig, und seine Wangen zeigten rote Flecken, die auf innere Erregung schließen ließen. Es war ihm anzusehen, daß er seit vielen Nächten kaum geschlafen hatte. Sein Blick ging von der Königin zu Quire, dann zu Prinz Sharyar. Er hatte eine Hand in den schweren Falten seines Talars, als müßte er sich selbst daran festhalten, und als er sprach, klang seine Stimme angestrengt, hastig und heiser. »Euer Majestät haben nach mir geschickt?«
    »Wir hoffen Euch nicht inkommodiert zu haben, Milord.«
    Sein Blick war mißtrauisch. »Was beraten wir hier?«
    »Wir geben eine Audienz, Milord. Wir diskutieren wichtige
    Staatsangelegenheiten.«
    Montfallcon zeigte auf Quire. »Warum ist er dann hier? Dieser Spion. Sir Orlando berichtete mir von dem Schriftstück.« »In dem bewußten Schriftstück stand nichts dergleichen«, sagte die Königin mit unveränderter Freundlichkeit. »Es enthielt keinen belastenden Beweis gegen Kapitän Quire.« »Es gibt überall Beweise«, erwiderte Montfallcon. »In Euren eigenen Handlungen.« Er durchbohrte Prinz Sharyar mit einem Blick, und der so Getroffene schützte Verlegenheit vor. Er wäre gern geblieben, konnte es aber nicht, nachdem der Lordkanzler ihm sein Mißfallen kundgetan hatte. Er verneigte sich und zog sich zurück. Die drei blieben allein in der Weite des Raumes zurück, der sich allmählich mit warmem Herbstlicht füllte und die Gobelins, Vertäfelungen und Stuckdekorationen prächtiger denn je hervortreten ließ.
    »Wir suchen Euren Rat, Milord«, sagte die Königin.
    »Ich habe ihn gegeben. Ich habe Euch gesagt, was zu tun ist.
Gebt Quire auf. Gebt Eure Geheimnisse auf. Gebt das wollü
stige Epikuräertum auf!«
»Meine Schutzbefohlenen? Meine Kinder?«
»Befreit Euch von alledem.«
    »Und werdet auch Ihr Eure Heimlichkeiten aufgeben, Milord?« fragte sie.
    »Wie?« Ein wilder Blick zu Quire, der geistesgegenwärtig den Kopf schütteln konnte, um Montfallcon zu verstehen zu geben, daß er nichts gesagt hatte.
    »Wir haben gehört, daß Ihr wieder in den Wänden gewesen seid. Wir verboten Euch und allen anderen, in diesen Bereich vorzudringen. Wir gaben Anweisung, die Zugänge zu vermauern.«
    »Es gibt viele Zugänge, von denen niemand weiß, Majestät, wie ich jetzt entdeckte. Möglicherweise hunderte.« »Ist das so, Kapitän Quire?« fragte sie.
    »Ich weiß es nicht, Majestät«, antwortete er unschuldig.
    Sie lachte. »Kommt, Kapitän, Ihr seid ein Bösewicht aus den Wänden. Gebt es zu. Alles deutet jetzt darauf hin. Ich klage Euch nicht an. Vielleicht könntet Ihr uns mit Lord Montfallcons Hilfe von den Kreaturen befreien, die uns soviel Verdruß bereitet und höchstwahrscheinlich diese Reihe schrecklicher Todesfälle verursacht haben. Es ist die offensichtliche Erklärung. Und darum möchte ich Euch vorschlagen, daß das Reich von unserer Entscheidung in Kenntnis gesetzt werde. Wir müssen jedermann zur Kenntnis bringen, daß wir Mörder und Verbrecher entdeckt haben, die sich in den Wurzeln des Staates eingenistet haben, und daß all unsere jüngsten Schwierigkeiten von ihnen verursacht wurden; daß sie Lady Mary und andere mordeten, einige unserer Staatsräte, die nun tot oder geflohen sind, verführten und in ihrer übermütigen Vermessenheit so weit gingen, daß sie die Königin zu vergiften suchten. Und wir werden aller Welt versichern, daß wir auf diese Entdeckung hin Expeditionen in die Wände entsenden werden, um jede Kreatur auszurotten, die dort angetroffen wird.«
    Quire lächelte. Sie hatte das vielleicht einzige Mittel gefunden, das geeignet schien, die Edlen des Landes rasch in einer gemeinsamen Anstrengung zu vereinen. Es war eine kluge Idee, und er bewunderte sie darob, wenngleich sie seine eigenen Pläne bedrohte.
    »Die Wände?« Montfallcon rieb sich die Augen und murmelte etwas zu sich selbst. »Nein – da ist etwas zu tun –, es kann niemand in die Wände geschickt werden. Noch nicht.« »Was sagt Ihr da, Milord? Ich höre Euch nicht.«
    Quire hatte genug und sprang auf. »Es ist ein ausgezeichneter Plan.

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