Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
Vom Netzwerk:
brachte.«
    »Als König Hern auf dem Thron dieser Nation saß, das ist wahr«, sagte Prinz Sharyar mit Betonung. »Wenn das Land richtig regiert werden soll, dann muß es einen Mann geben, der …«
    »Die Königin ist der größte Souverän, den Albion je gekannt hat. Die Welt beneidet uns um unsere Monarchin.«
    »Als eine Mutter ist sie bisweilen ein wenig zu sehr angetan von ihren Kindern. Darum kann sie ihre Fehler nicht sehen, noch die Fehler derjenigen, welche, indem sie Freundschaft vorgeben, dieselbe bedrohen. Mit einem guten, strengen Gemahl an ihrer Seite …«
    »Ihre Majestät hat die Hilfe von Männern wie mir.« Lord Montfallcon beugte sich über eine Schale mit getrockneten Feigen, wählte eine aus und legte sie auf seinen Teller. »Sind wir nicht erfahren – und streng?«
    »Ich bitte um Vergebung, Milord, aber Ihr seid nicht
ihresgleichen.«
»Ihresgleichen existiert nicht.«
    »Ich hatte gehofft, Euch von unserer Aufrichtigkeit zu überzeugen, von der Bewunderung meines Herrn für Eure Gebieterin, von der Notwendigkeit, unsere beiden Länder unter einer Krone völlig zu vereinen. Der Großkalif ist jung, männlich und stattlich. Solltet Ihr Gerüchte vernommen haben, welche ihn betreffen, so versichere ich Euch, daß sie ohne jede Grundlage sind.«
    »Die Königin läßt keine Freier zu, Hoheit. Auf diese Weise begünstigt sie niemanden. Euer Herr könnte alt, krank, ein Anhänger der Gewohnheiten Sodoms sein, er würde gleiche Aussichten haben wie jeder andere …«
    »Ihr werdet also nicht für uns sprechen? Ich hatte darauf vertraut, dachte ich doch, der König von Polen sei allein aus einem Grund inkognito hierhergekommen …«
    »Sollte das der Fall gewesen sein, so war er das Opfer einer
Irreführung. Er wurde nicht ermutigt.«
»Keine Liebesbriefe der Königin?«
»Keine, Hoheit.«
    Prinz Sharyar lächelte vieldeutig. »Darum also geriet er in Gefangenschaft?«
    »Ihr seid zu phantasievoll, Hoheit. Ich kann Euch nicht mehr folgen.«
    »Ich vermute, daß mein Neffe getötet wurde, weil er versuchte, Wissenswertes über Eure Majestät in Erfahrung zu bringen. Ich vermute, daß König Kasimir gefangengenommen wurde, weil er hoffte, die Königin insgeheim für sich zu gewinnen.« Lord Montfallcon lachte. »Wir sind keine Wilden hier in Albion! Unsere Diplomatie ist von einer ganz und gar subtileren Art!«
    Der Sarazene trat von seinem Stuhl zurück. Zorn und finstere Erbitterung wallten in ihm auf, aber als Diplomat wahrte er die Beherrschung und konnte mit gleichmütiger Miene antworten: »Ich muß mich entschuldigen, Milord.«
    »Ich nehme Eure Entschuldigung an, Hoheit. In Ihren Andeutungen ist viel mehr Erheiterndes, als möglicherweise Beleidigendes darin sein könnte!«
    Lord Montfallcon stand auf und umarmte den Sarazenen, der sich ein Lächeln abnötigte. »Ich versichere Euch unserer größten Freundschaft. Wir bewundern Arabien vor allen anderen Nationen der Welt …«
    »Unsere Partnerschaft bedarf keiner traditionellen Union, um Sorge zu tragen, daß sie tausend Jahre überdauern wird.« »Unsere Sorge gilt der Königin ebenso wie Albion.« »Beide sind eins.«
    Die verrückte Frau kroch auf allen vieren durch den Staub weiter zu ihrem nächsten Aussichtspunkt, wo sie durch ein kleines Fenster, das von unten kaum ausgemacht werden konnte, Meister Ernest Wheldrake beobachtete, wie er nackt und mit goldenen Ketten behangen vor seiner Mätresse, der liebenswürdigen Lady Lyst, kniete, während diese aus einem Pokal trank, eine Krone aus Goldblech schief in die Stirn gedrückt, und gemächlich eine Peitsche über ihren Verehrer schwang, der ekstatisch vor ihr kroch und einen Namen stöhnte, den die verrückte Frau nicht verstehen konnte. Das Schauspiel war ihr allzu vertraut, und sie kroch weiter, um etwas Frischeres zu ihrer Unterhaltung zu finden. Weitere zehn Minuten, und sie konnte ihren gewohnten Platz hinter dem Mauseloch einnehmen, das Einblick in Lord Ingleboroughs Schlafgemach ge währte, aber der alte Lord war nicht anwesend. Sie erspähte flüchtig seinen Pagen, Patch, der im Durchgang zum Nebenzimmer mit hölzernen Soldaten spielte, und kroch weiter, um zu sehen, wie es Sir Tancred und Lady Mary Perrott in ihrer Beziehung erging. Sie war sehr eifersüchtig auf dieses Verhältnis, weil es so vollkommen schien, und sie beneidete das Paar um so mehr, als sie eine große Vorliebe für Romanzen und Intrigen hatte, während bloße Sensationen sie häufig nur traurig stimmten.

Weitere Kostenlose Bücher