Gloriana
daß Montfallcon seine Folterung und Ermordung persönlich überwachen müsse, und dies verschaffte ihm soviel Befriedigung, daß er es sich auf dem Karren so bequem wie möglich machte, soweit seine Umstände es ihm erlaubten, und zur Verblüffung seiner Fänger durch seinen Knebel eine Melodie zu summen begann.
Schließlich hielt der Karren; Quire wurde heruntergezogen und eine Anzahl knarrender Holzstufen hinaufgetragen, worauf es durch einen Hauseingang und in ein Zimmer ging. Hier roch es stark nach Kaffee, und er mutmaßte, daß er sich in einem der Lagerhäuser befand, die von den Kaffeehändlern zur Einlagerung ihrer Waren benutzt wurden. Zwei der Strolche, gingen und ließen den dritten zu seiner Bewachung zurück. Um zu sehen, was geschehen würde, begann Quire sich durch Anziehen und Strecken der Beine wie ein Wurm auf den Dielenbrettern fortzubewegen. Er empfing einen Tritt in den Rücken und verhielt sich still. Nach einer Weile wurde die Tür wieder geöffnet, und er hörte soldatische Schritte, das Klingeln von Sporen, als wäre ein Mann von Stand und Autorität eingetreten. Die Augenbinde wurde ihm abgenommen, und in dem Glauben, er werde Montfallcon sehen, grinste Quire um seinen Knebel, grinste noch schärfer (und schmerzhafter), als er statt seiner den Gesandten des Großkalifen erkannte, Prinz Sharyar von Bagdad, der ihm durch einen dunklen, sorgfältig gepflegten Bart wohlwollend zulächelte und einen großen, gebogenen Dolch befingerte, der an goldenen Kordeln an seinem Gürtel hing. Er blickte zu dem Halunken, der hinter Quires liegendem Körper stand. »Das ist Quire?« »Es ist Quire, Sir.«
Münzen wechselten den Besitzer, und der Strolch war zur Tür hinaus und die Treppe hinunter, als fürchte er Zeuge dessen zu werden, was folgte.
Der Araber zog den Dolch aus der Scheide und setzte ihn mit einer bedrohenden Bewegung, die Quire allzu offensichtlich fand, gegen seine Kehle, ehe er den Knebel losschnitt und Quires Grinsen voll erblühen ließ. »Ich bin ausgetauscht, wie?« sagte Quire mit einer Unvorsichtigkeit, die gegen seine Art war. »Für eine Gefälligkeit, die Ihr Montfallcon erwiesen habt?« Prinz Sharyar zeigte sich erstaunt.
»Ich meine«, fuhr Quire fort, »daß er mich Euch ausgeliefert hat. Ist das der Fall, dann wird er senil, wie ich fürchten muß, denn ich könnte Euch viele Geheimnisse verraten, wie Ihr ohne Zweifel wißt.«
Prinz Sharyar steckte den Dolch ein und richtete sich auf. Er ordnete seine langen, weiten Gewänder mit Fingern, die mit goldenen Ringen förmlich gepanzert waren.
»Ich bin nicht Euer Mann«, sagte Quire, sobald ihm klargeworden war, daß er zuviel zugegeben hatte. »Warum habt Ihr mir das antun lassen?«
Prinz Sharyar rieb sich hinter dem Ohr und schien unschlüssig, welche Taktik er verfolgen sollte.
Quire hatte sich unterdessen gefangen und fuhr in indigniertem Ton fort: »Ihr seid offensichtlich ein Mann von Stand und Bildung. Ihr seid kein Halsabschneider, der auf ein Lösegeld aus ist. Warum bin ich gefangen, Sir?«
»Aus mehreren Gründen, Kapitän Quire. Ihr meint, Montfallcon habe Euch verraten? Nun, vielleicht hat er es getan. Und Ihr wißt, wer ich bin – daß ich der Onkel des edlen Ibrahim bin, den Ihr zu dem Glauben verleitetet, er habe ein ehrenhaftes Duell zu bestehen, um ihn dann in feiger Niedertracht zu ermorden.«
»Ihr verdächtigt mich des Mordes? Mein Herr!« Quire versuchte seinem Blick Kraft und Sicherheit zu geben. »Dann ersuche ich Euch, Sir, übergebt mich Sir Christopher Martins Konstablern, damit ich mich vor einem ordentlichen Gericht verantworten kann. Ich bin ein Gelehrter, Sir. Ich war auf dem Wege zu dem Gasthaus, wo ich abzusteigen pflege, wenn ich in London bin. Wo meine Frau ist, Sir. Schickt einen Boten. Man wird sich dafür verbürgen, daß ich die Wahrheit sage. Der Name ist Partridge.«
Prinz Sharyar lächelte wieder. »Ich sehe, daß die Angst über Euch kommt, Kapitän Quire! So habt Ihr denn begriffen, daß Ihr langsam und unter Qualen sterben müßt …«
»Euer Witz, Sir, bedient sich der herkömmlichen Bilder. Ich bin das Opfer eines Spottes, wie?«
Prinz Sharyar ließ Ungeduld erkennen. »Ich dachte, Ihr wäret zumindest ein berufsmäßiger Spitzbube und würdet nicht versuchen, mich in solch naiver Art und Weise zu täuschen, Kapitän Quire. Ich weiß, daß Ihr meinen Neffen ermordetet.« »Lord Montfallcon haßt mich. Er ist eifersüchtig auf mich. Hat er es Euch verraten?«
»Ihr
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