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Glück, ich sehe dich anders

Glück, ich sehe dich anders

Titel: Glück, ich sehe dich anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Ahrens
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ihr in den Tierpark oder ging mit ihr spazieren.
    Die Beaufsichtigung von Louise erledigte anfangs nur ich, denn ich hatte große Angst, es könnten plötzlich Nebenwirkungen der Medikamente auftreten, und dann wollte ich da sein. Nachmittags spielten wir zu dritt: Louise, Loreen und Mama. Und die Kinder genossen es. Louise war eine wunderbare große Schwester. Sie sorgte sich sehr um Loreen und achtete immer mit darauf, dass deren Saftflasche gefüllt war, dass Loreen ihren Schnuller bekam, wenn sie weinte, dass sie genug zu essen erhielt. Oft kam sie zu mir, zeigte auf Loreen und sagte: »Mama! Muss essen!« Oder: »Mama! Muss Kille!« Das bedeutete, Loreens Windel muss gewechselt werden. Sie achtete auch darauf, dass Loreen ausreichend Liebkosungen ihrer Eltern erhielt. »Du küssen!«, forderte sie Rolf oder mich auf.
    Nur zögerlich überließ ich die Beaufsichtigung von Loreen und Louise auch mal für ein paar Stunden in der Woche anderen. So konnten Rolf und ich seit langem mal wieder bei einem gemütlichen Abendessen ausspannen und ein bisschen Freizeit genießen. Wenn in der Nachbarschaft im Sommer Grillfeste oder Partys veranstaltet wurden, brachte ich beide Kinder zu meinen Schwiegereltern, weil die laute Musik ihren Schlaf stören würde. Und so kamen Rolf und ich auch noch einmal unter Leute. Wir blieben aber nie länger als bis Mitternacht auf einer Feier, fuhren dann meist zu meinen Schwiegereltern und schliefen ebenfalls dort, um die Kinder besonders Louise – besser bewachen zu können – und um auch selbst besser Schlaf zu finden und Ruhe und Gewissheit zu haben, dass alles in Ordnung ist.

ERSTER
NERVENZUSAMMENBRUCH
    E ine Weile lief unser Alltag ohne besondere Zwischenfälle. Doch gerade als sich eine gute Routine eingespielt hatte und ich endlich auch einmal zur Ruhe kam, erlitt ich einen Schwächeanfall. Ich konnte mich plötzlich nicht mehr auf den Beinen halten und nur noch auf allen vieren durch das Haus kriechen. Mir war schwindelig, die Ohren brummten, mein Kopf tat weh, ich hatte Schweißausbrüche, und vor meinen Augen verschwammen die Bilder. Ich rief den ärztlichen Notdienst an, der sofort kam. Der Arzt sagte, dass dieser Zusammenbruch zu erwarten gewesen sei. Die vielen Probleme und Aufregungen vor allem der letzten Monate zerrten an meinen Nerven. Ich musste mich einen ganzen Tag lang hinlegen. Immer, wenn ich versuchte aufzustehen, verließen mich meine Kräfte. Es riss mich förmlich zu Boden. Ich hatte große Angst, dass ich eine schlimme Krankheit haben und für die Mädchen nicht mehr sorgen könnte. Gerade jetzt, wo sie mich doch so sehr brauchten.
    Nachts schreckte ich aus dem Schlaf hoch, weil ich das Gefühl hatte, ich falle im Liegen um. Meine Angst, Rolf oder ich könnten durch Krankheit oder einen Unfall nicht mehr für Louise und Loreen da sein, wuchs von Tag zu Tag. Täglich erlitt ich einen oder mehrere Kreislaufzusammenbrüche -beinahe Ohnmachtsanfälle. Ich war nicht mehr in der Lage, Auto zu fahren oder einkaufen zu gehen. Im Auto wurde mir plötzlich schwarz vor Augen, beim Bäcker oder Fleischer fiel ich sogar vor dem Tresen um. Aber ich konnte es mir nicht leisten, krank zu sein. Was erlaubte sich mein Körper da einfach? Ich wollte alles perfekt erledigen, schaffte aber kaum noch, was ich mir vornahm.
    Rolf versorgte die Kinder schließlich eine Woche lang allein, bis ich wieder einigermaßen in Ordnung war. Ich schlief in dieser Zeit viel und verrichtete nur die notwendigen Handgriffe im Zeitlupentempo.
    Mein Arzt verschrieb mir pflanzliche Tropfen gegen Unruhe, Kreislaufprobleme und Schlafstörungen. Diese nahm ich täglich ein, und nach einiger Zeit besserten sich meine Kreislaufbeschwerden.
    Die Angst vor erneuten Zusammenbrüchen aber blieb. Ich suchte ein ausführliches Gespräch bei einer Psychologin, die auch die Krebspatienten der Kinderstation betreute. In dieser Frau fand ich eine große Vertrauensperson. Ich konnte all meinen Kummer aus der Vergangenheit, meine Sorgen und Ängste bei ihr loswerden. Sie hörte mir aufmerksam zu. Sie verstand es hervorragend, meine ganz speziellen persönlichen Probleme hervorzuheben und mit mir daran zu arbeiten. Jedes Gespräch bei ihr war für mich wie eine Seelenmassage. Es war verblüffend, wie all meine Schwächen und Stärken dank ihrer Hilfe greifbar wurden. Ich erzählte ihr von meinem bisherigen chaotischen Leben und dass es mir so vorkam, als würde ich die negativen Dinge des Lebens förmlich anziehen.

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