Glücklich gestrandet
Katze, meinst du nicht auch? Wie dem auch sei, genug davon! Möchtest du einen Drink?« Tom ging in den Bug des Bootes, wo ein Gasherd mit zwei Flammen und eine winzige Spüle eine Kombüse ergaben.
»Hm. Etwas Alkholfreies, bitte.«
»Ich werde mal sehen, was ich dahabe.« Er öffnete einen Schrank unter der Spüle und stöberte darin, während Dora den Aufseher streichelte – eine Maßnahme zum Selbstschutz. Seine Gier nach Zuneigung war anscheinend ebenso groß wie seine Gier nach Essbarem, und sie hatte das Gefühl, dass er vielleicht zu dem Schluss kommen könnte, sie sei ein schmackhafter Imbiss, den Tom ihm mitgebracht hatte, wenn sie den Kater nicht kräftig genug streichelte.
»Setz dich. Es muss irgendetwas da sein, das kein Spülmittel ist«, murmelte Tom.
»Fütterst du mich oder die Katze?« Dora überwand ihre Zimperlichkeit und ließ sich auf ein Kissen sinken, was mehr an der niedrigen Decke lag als an irgendetwas anderem. Nur in der Mitte des Bootes konnte sie aufrecht stehen. Tom musste selbst dort den Kopf einziehen.
Der Kater siedelte auf ihre Knie über und quoll über ihren Schoß auf das Kissen. Dora stellte gerade fest, dass sie den Geruch weniger deutlich wahrnahm, als es oben am Boot klopfte. Tom stöberte noch immer in Kartons herum.
»Hallo! Bist du auf einen Besuch vorbereitet? Oder bist du nackt?«, erklang eine heisere Frauenstimme mit einem Cockney-Akzent.
»Komm rein«, brüllte Tom, der erleichtert klang. »Hast du auf deinem Boot irgendwelche alkoholfreien Getränke?«
Eine junge Frau kam die Treppe herunter. Sie hatte hennarotes Haar und trug schwarze, fußlose Strumpfhosen und einen kurzen Netzrock. Sie war sehr dünn, und obwohl sie nicht hübsch war, besaß sie einen schrulligen Charme, wie eine subversive Fee.
»Hey, Tom«, sagte sie, während sie ihn küsste. Sie musterte Dora aus leicht zusammengekniffenen Augen, und Dora fühlte sich sofort fett und völlig uncool. »Wer ist das?«
»Das ist Dora. Dora, das ist Bib, sie lebt mit ihrem Partner auf einem Boot am Ende der Insel. Es ist ein alter Lotsenkutter.«
Dora nickte lächelnd und fragte sich gleichzeitig, wie jemand Bib heißen konnte und was ein Lotsenkutter war.
»Hey, Dora«, meinte Bib und betrachtete sie auf eine freundliche, aber ziemlich desinteressierte Art und Weise. »Also, warum willst du alkoholfreie Getränke?«
»Dora hat Durst«, erwiderte Tom. »Für dich habe ich selbst gemachten Wein.«
Bib reckte sich und gähnte, wobei sie ihren ungemein flachen Bauch entblößte. Sie hatte einen Ring im Nabel und schwarz lackierte Fingernägel. Jetzt rollte sie sich anmutig auf einem Kissen zusammen. »Ich habe keine Limonade da, tut mir leid. Hamo hat vielleicht Gingerale. Er liebt dieses Zeug. Er wird später kommen.«
»Ich bin wegen des selbst gemachten Weins so beliebt«, erklärte Tom, obwohl Dora nicht glaubte, dass das der einzige Grund war.
»Hast du ihn wirklich selbst hergestellt?« Dora sah sich um. Hier unten würde es schwierig sein, eine Tasse Tee aufzugießen, geschweige denn Wein zu keltern, fand sie.
»Nein. Meine Mutter pflückt aufs Geratewohl Steinobst und Beeren und weiß dann nicht, was sie damit anfangen soll. Wenn die Früchte zu gären beginnen, stellt sie Wein her. Meine Eltern können ihn nicht trinken, weil er zu widerlich ist, also geben sie ihn mir.«
»Toms Eltern wollten, dass er Jura studiert«, bemerkte Bib. »Sie haben es noch nicht ganz in den Kopf bekommen, dass er ein Bootsjunge ist, habe ich nicht recht, Schätzchen?«
»Natürlich haben sie es begriffen«, gab Tom zurück. »Es gefällt ihnen nicht, aber sie machen das Beste daraus.«
Über ihnen erklangen Schritte. »Das wird Hamo sein. Hamo!«, brüllte er die Luke hinauf. »Hast du Gingerale oder Mineralwasser oder irgendetwas in der Art da?«
»Nein – Jim könnte so was haben.«
Jim hätte auf einem anderen Planeten leben können, und er hätte Hamos Ruf dennoch gehört.
Zwei Männer kamen in das Boot hinabgedonnert. »Hey, Tom! Oh, Gesellschaft.«
»Dora«, stellte Tom vor. »Dora, das sind Jim und Hamo.«
Dora nickte; es widerstrebte ihr, ihren Mittelklasseakzent zu offenbaren, bevor es unbedingt sein musste. Welcher der Männer Jim war und welcher Hamo, würde sie im Laufe der Zeit herausfinden müssen. Sie rückte ein wenig zur Seite, damit sich einer der jungen Männer in zerrissenen Jeans und einem T-Shirt neben sie setzen konnte. Er hatte tätowierte Arme, einen rasierten Kopf und
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