Glücksboten
und tüchtig und ... einfühlsam.«
Lucas stand auf der Türschwelle der Gartentür, die Arme halb geöffnet, darauf gefasst, eine schluchzende Perdita vorzufinden. Nur dass Perdita nicht schluchzte, sie wollte nicht damit anfangen und hatte das Gefühl, dass eine Umarmung eine Menge Gefühle freisetzen würde, in denen zu schwelgen sie nicht die Zeit hatte.
»Hallo, Lucas. Möchtest du sie sehen? Oder lieber nicht?«
»Doch, ich würde sie gern sehen, sonst glaube ich niemals, dass es wirklich passiert ist. Komm mit mir.«
Zusammen standen sie da und blickten auf die Frau hinab, die sie beide geliebt hatten.
»Weißt du«, bekannte Perdita, »ich habe sie für viele Dinge bewundert, aber mit das Tapferste, was sie meiner Meinung nach je getan hat, war der neue Haarschnitt, den sie sich hat machen lassen. Davor hatte sie das Haar seit etwa siebzig Jahren immer gleich getragen. Sich in jenem Augenblick für eine neue Frisur zu entscheiden, war so tapfer und positiv.«
»Es steht ihr«, erwiderte Lucas.
»Sie will - wollte -, dass du ihre Bücher bekommst. Das heißt, jedenfalls so viele, wie du unterbringen kannst. Sie wollte dich nicht mit ihnen belasten.«
»Natürlich habe ich keinen Platz für allzu viele Bücher, aber es gibt einige, die ich sehr zu schätzen wüsste. Hat sie das in ihrem Testament verfügt?«
Perdita schüttelte den Kopf. »Kann ich mir nicht vorstellen. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, was in ihrem Testament steht.« Sie runzelte die Stirn.
»Aber sie wird doch sicher alles dir hinterlassen, oder?«
»Roger zufolge nicht. Er war sehr darauf erpicht, sie dazu zu bewegen, alles ihm zu hinterlassen, als Blutsverwandtem, du verstehst?«
»Bastard!«, flüsterte er. »Aber du hättest doch sicher davon gewusst, wenn sie ihr Testament geändert hätte?«
Perdita zuckte die Schultern. »Er hielt sich oft hier auf, und ich war häufig außer Haus. Ich hätte nicht notwendigerweise davon erfahren, nein.«
»Und du hast Kitty nie danach gefragt?«
»Nein. Der Augenblick schien mir nie der richtige zu sein, und als er es einmal war, war sie eingeschlafen. Das war gestern Nacht.«
»Verstehe.«
»Mir liegt nichts an Kittys Geld, obwohl mir an diesem Haus schon ein wenig gelegen wäre; es war so lange mein Zuhause. Aber was mir wirklich Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass Roger weiß, dass Kitty mir das Land nie offiziell geschenkt hat. Ich benutze es einfach, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie die Urkunden nicht geändert hat oder was auch immer.«
»Und er würde dir dieses Land wegnehmen?«
»Mit dem größten Vergnügen. Er würde Häuser darauf bauen lassen.«
Lucas biss sich auf die Lippen und hatte sichtlich Mühe, seine Wut im Zaum zu halten. »Lieber Gott, Peri, ich wünschte, du hättest mir das früher erzählt, als ich noch etwas hätte unternehmen können!«
»Ich hätte dir wahrscheinlich früher oder später davon erzählt, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass Kitty so bald sterben würde.«
Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Nein. Keiner von uns hat damit gerechnet. Ihr Tod kam nicht unerwartet, ist aber trotzdem ein Schock. Kommt der Arzt her, um einen Totenschein auszustellen?«
»Vor seiner Vormittagssprechstunde. Der Bestattungsunternehmer kommt später.«
»Wirst du sie für ein Weilchen hier lassen?«
»Ich weiß nicht. Was meinst du?«
Lucas sah Kitty an, die mit leicht geöffnetem Mund dalag, der neue Haarschnitt außer Fasson, die Augen geschlossen. »Ich finde, die Entscheidung liegt bei dir. Aber irgendwie glaube ich nicht, dass es Kitty gefallen hätte, wenn die Leute sie in einem Zustand sehen, in dem sie nicht ganz auf der Höhe ist. Du könntest stattdessen Fotos aus einer Zeit heraussuchen, als sie noch gesund und munter war.«
»Das werde ich tun. Ich lasse sie von dem Beerdigungsunternehmen wegbringen und hole die Fotos hervor. Einige sind wirklich wunderbar. Sie war sehr fotogen, obwohl sie das nie zugeben wollte.« Perdita seufzte. »Außerdem werde ich ihr ein sauberes Nachthemd heraussuchen.«
»Das Unternehmen wird ein Gewand bereitstellen, das weißt du doch sicher.«
Perdita schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre Verschwendung. Sie würde ein sauberes, aber altes Nachthemd haben wollen, eins, das noch nicht ganz reif ist für die Mülltonne, das aber nicht mehr viel Leben in sich hat.« Sie lächelte beinahe, und Lucas lächelte beinahe zurück.
Perdita schickte ihn weg, nachdem der Arzt und der Bestatter da
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