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Glücksboten

Glücksboten

Titel: Glücksboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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und hergerissen. Es wäre schön gewesen, jemanden zu haben, der sie tröstete, der sie »Liebling« nannte und »meine kleine Perdi-werdi« - etwa fünf Minuten lang. Dann würden sie den Beerdigungsrummel im Haus in Gang setzen, sie würden über die Menge an Büchern und Möbeln, die zu sortieren waren, in Panik geraten und versuchen, Perdita dazu zu überreden, eine Firma für die Haushaltsauflösung zu engagieren - und das alles, bevor die arme Kitty begraben war.
    Sollte sie ihnen auch von Roger erzählen und davon, dass die Sache mit der Firma möglicherweise in seine Verantwortung fiel? Ihre Mutter würde sich in Reue ergehen; sie würde sich mit Sicherheit dafür verantwortlich machen, dass sie ihre Tochter um ein möglicherweise beträchtliches Erbe gebracht hatte. Perdita schauderte, wohl wissend, dass sie die Selbstanschuldigungen ihrer Mutter nicht würde ertragen können, nicht ausgerechnet jetzt.
    »Es ist nicht so«, sagte sie zu sich selbst und sprach dabei fast laut, um ihre Worte überzeugender klingen zu lassen, »dass ich Mum und Dad nicht liebe, im Gegenteil, ich liebe sie sogar sehr.« Aber das hier war Kittys Haus, und sie wollte nicht, dass sie hier einzogen und Kittys Persönlichkeit forträumten.
    Sie sollte einen Besuch bei ihren Eltern einplanen, nachdem alles geregelt war, sodass sie sich eine Weile verwöhnen und schikanieren und allgemein verhätscheln lassen konnte. Aber es würde nicht einfacher sein als früher, einige Tage wegzukommen. Sie musste nach wie vor ein Geschäft leiten, sich um ihre Pflanzen kümmern, musste ernten und verkaufen.
    Wenn ihre Eltern kamen, würde sie ihre gewohnte Rolle der abhängigen und verschrobenen Tochter mit der einer Geschäftsfrau, die einem Haushalt vorstand und Entscheidungen traf, in Einklang bringen müssen. Der Bruch, den dieser Ballanceakt für ihre Persönlichkeit darstellte, würde für ihre Eltern wahrscheinlich genauso viel Stress bedeuten wie für sie selbst. Vielleicht sollte sie ihre Tochter-Rolle einfach abstreifen und weitermachen wie gewöhnlich.
    Und dann war da noch Lucas. Selbst wenn sie es gewagt hätte, ihn darum zu bitten, würde sie Lucas niemals überreden können, sich so zu benehmen, als wäre er nicht mit den intimsten Einzelheiten des Haushalts vertraut. Wenn ihre Mutter die Wahrheit erkannte, würde sie auf der Stelle von einem Anfall von mütterlicher Besorgnis geschüttelt werden.
    Zu Lucas' Glück würde Perditas Mutter in seiner Anwesenheit kaum etwas Unpassendes bemerken, Perdita selbst dagegen würde nicht verschont bleiben. Eine Lektion nach der anderen würde ihr zugezischt werden, während sie Teetassen zählten und die Tatsache bejammerten, dass die Hälfte der Untertassen nicht dazu passte.
    Einen Augenblick lang erwog Perdita die Möglichkeit, den Beerdigungstee im einheimischen Pub zu nehmen. Man würde dort einen »ordentlichen Leichenschmaus« servieren und ihnen den ganzen Wirbel ersparen. Aber Perdita wusste, dass sie das nicht tun konnte. Kitty war ein so geselliger Mensch gewesen, und ihr Haus hatte ihr so viel bedeutet. Der Tee würde hier angeboten werden müssen, wo Kitty mit so viel Wonne im Sommer Partys gefeiert hatte, wenn die Gäste durch die Terrassentüren ins Freie hatten schlendern können.
    Außerdem würde der Leichenschmaus üppig und köstlich ausfallen müssen und wahrscheinlich, da jetzt, im September, das Wetter weniger verlässlich war, im Wohnzimmer stattfinden, das dann wieder aussehen musste wie zuvor, nicht wie das Krankenzimmer einer Invalidin. Perdita schaute sich um und sah den Raum zum ersten Mal seit Ewigkeiten als einen Raum. Überall erblickte sie Zeichen von Kittys Krankheit. Da war zum einen der Lift, der sie ins Bett und wieder heraus befördert hatte, dann waren da die Handläufe an der Wand, da war das Krankenhausbett selbst, hoch, schmal und praktisch, die obere und untere Hälfte leicht zu heben oder herabzusenken.
    Es war unmöglich, die Tür zum Bad zu versperren, den Alkoven wiederherzustellen und Kittys Porzellansammlung wieder ihren angestammten Platz zuzuweisen. Aber sie und Thomas konnten die Möbel umstellen, die Tür vielleicht mit einem Porzellanschrank verdecken und dafür sorgen, dass das Wohnzimmer aussah wie ein Raum, auf den Kitty stolz gewesen wäre. Es hatte ihr nicht gefallen, dass ihr Wohnzimmer in »eine Krankenstation« verwandelt worden war, wie sie vernichtend bemerkt hatte. Sie konnten das blaue Sofa zurückholen und den Raum wieder so

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