Glücksboten
Blatt.
»Eigentlich nicht. Ich brauche etwas Hilfe.« William richtete seine Worte an ein paar geschossene Salatköpfe.
Perdita runzelte die Stirn. »Wir sind doch immer zurechtgekommen. Ich weiß, ich hatte im Haus viel zu tun, aber ich habe genauso viel Zeit wie früher hier verbracht. So gern ich deinem Freund helfen würde - ich glaube nur einfach nicht, dass ich es im Augenblick rechtfertigen könnte, weiteres Personal einzustellen.«
»Es geht nicht darum, meinem Freund zu helfen«, murmelte er. »Ich bin derjenige, der Hilfe braucht.« Dann fügte er ein wenig lauter hinzu: »Du hast doch Mrs Ansons ganzes Geld geerbt, oder?«
»Das weiß ich nicht, William. Möglicherweise nicht. Aber selbst wenn ich es geerbt habe, wird es eine Weile dauern, bevor ich über das Geld verfügen kann. Ich kann nicht einfach aus einer Laune heraus Leute einstellen.« Sie wollte ihm nicht erzählen, was möglicherweise aus ihrem bereits vorhandenen Personal werden würde, falls sie nicht erbte.
»Aber wirklich ...«, sagte William zu ihrem entschwindenden Rücken.
Perdita schlief auf dem Sofa ein und wachte um Mitternacht auf. Sie war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr müde, also ging sie nicht hinauf ins Bett, sondern nahm sich einen neuen Karton mit Papieren vor und machte sich daran, sie durchzusehen. Etwa gegen vier Uhr morgens merkte sie, dass ihr die Papiere bekannt vorkamen und dass sie sie bereits durchgesehen hatte, und jetzt lagen sie in kleinen Häufchen auf dem Dachboden verteilt. Sie fluchte ein paar Sekunden vor sich hin, dann sammelte sie sie ein und stopfte sie zurück in den Karton. Eine Stimme in ihrem Kopf sagte, verbrenn das ganze Zeug einfach, aber eine andere, beharrlichere Stimme erklärte ihr, sie müsse jede Zeitung lesen, die Kitty je aufbewahrt hatte, und wenn es sie Jahre kostete.
Um fünf vor zehn am Morgen kam William an ihre Tür und teilte ihr mit, dass es an der Zeit sei, zum Arzt zu fahren, und dass sie sich vorher anziehen solle. Perdita trug Kittys Morgenrock und dachte, dass sie wohl etwas Konventionelleres würde anziehen müssen, oder er würde sie noch mitleidiger ansehen. William wartete in der Küche, während sie sich eine Jeans und ein Sweatshirt suchte, dann fuhr er sie in die Praxis.
»Ich sorge dafür, dass du nach Hause kommst«, erklärte er, »also warte einfach hier, wenn du früher fertig bist.«
Perdita war ein wenig überrascht, als sie aus der Praxis trat und Lucas' Auto auf dem Parkplatz sah. Seltsam, dachte sie, er war doch nie krank.
Als sie auf der Suche nach dem Lieferwagen über den Parkplatz ging, stieg Lucas aus.
»Ich bin hier, um dich abzuholen«, sagte er.
Perdita schüttelte den Kopf. Sie wusste genau, dass William versprochen hatte, sie nach Hause zu bringen. »Nicht nötig, Lucas. Ich werde schon abgeholt.«
»William ist beschäftigt. Ich habe ihm versprochen, dich für eine Weile wegzubringen. Er hält die Stellung, solange du nicht da bist. Und jetzt spring rein.«
Sie stand völlig verwirrt da. Lucas war nicht direkt ein Fremder, tatsächlich kannte sie ihn recht gut, aber trotzdem war sie sich sicher, dass sie nicht einfach in seinen Wagen steigen und vor all ihren Pflichten davonlaufen durfte. »Ich glaube nicht ...«
»Entweder hörst du auf mich, oder ich fahre dich in die nächste Irrenanstalt, damit du einen Nervenzusammenbruch bekommen kannst.«
»Das ist Unsinn!«
»Ich zitiere nur Doktor Edwards, obwohl ich ganz seiner Meinung bin. Er sagte, wenn du nicht ein wenig Abstand gewinnen würdest, würdest du einen Nervenzusammenbruch erleiden. Also bringe ich dich weg. Jetzt steig endlich ein, wir werden beobachtet.«
Perdita sah sich um und bemerkte, dass etliche Gesichter ihr zugewandt waren. Lucas winkte, nickte den Leuten zu und hielt ihr die Tür auf.
Perdita stieg ein. »Wo fahren wir hin? Ich glaube nicht, dass ich ein Hotel oder so etwas ertragen könnte.« Es war schon mühselig genug gewesen, nur ihre Jeans und den Pullover anzuziehen. Der Gedanke, sich zum Frühstück umzuziehen, trieb ihr fast die Tränen in die Augen.
»In die Hütte. Jetzt schlaf einfach. Ich wecke dich, wenn wir zum Mittagessen Halt machen.«
Ihm zu gehorchen war erschreckend einfach. Sie war so müde, und es war eine lange aufgestaute Müdigkeit, die zu einem Teil von ihr geworden war. Perdita hatte keine Energie, zu streiten oder zu protestieren, sie war einfach dankbar, dass ihr die Entscheidung abgenommen wurde. Sie schloss die Augen und versank in
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