Glücksboten
neuen zulegen solle.
»Ich möchte einfach nicht, dass du über Weihnachten irgendwo liegen bleibst«, versicherte er, und sein Lächeln konnte seine Schadenfreude nicht verbergen. »Du könntest wochenlang in Shropshire festsitzen, und wo würdest du dann sein?«
»In Shropshire vermutlich«, erwiderte Perdita, »aber ich verstehe, was du meinst.«
»Du brauchst einen neuen Lieferwagen, Schätzchen, darauf läuft es immer wieder hinaus. Es lohnt sich nicht, noch mehr Geld in diese alte Karre zu stecken, verstehst du?«
Er versetzte dem halb verrotteten Chassis einen Tritt, und Perdita sah, was er meinte. »Nach Neujahr halte ich die Augen offen, ob ich nicht einen anderen Wagen für dich finde, der nur ein paar Jahre alt ist.«
Perdita heuchelte Dankbarkeit, so gut sie konnte, und brachte ihr unverlässliches, irreparables Gefährt, das ihr jedoch so seltsam teuer war, niedergeschlagen zurück nach Hause. Sie würde Lucy sagen müssen, dass sie zu Weihnachten nicht zu ihr kommen konnte, und sich der Tatsache stellen, dass sie irgendwie Geld für einen besseren Lieferwagen auftreiben musste. Wie konnte jemand so hart arbeiten wie sie und trotzdem nicht reich werden? Das war nicht gerecht.
Lucy, die noch immer nicht umgezogen war, nahm die Neuigkeit unerwartet schlecht auf. »Aber Perdita! Du musst kommen! Ich habe mich so auf dich verlassen!« Dann brach sie in Tränen aus.
Perdita begriff sofort, dass viel mehr dahinter steckte; Lucy weinte nicht um ein paar Hände weniger, die jetzt den Rosenkohl putzen würden. Während sie einen kleinen Stapel Weihnachtskarten öffnete, lauschte sie noch eine Weile auf das Schluchzen ihrer Freundin.
»Es ist mir wirklich schrecklich, dich im Stich zu lassen.« Endlich verebbte das Schluchzen lange genug, um Perdita die Gelegenheit zu geben, ein paar Worte einzuwerfen. »Aber ehrlich, wenn der Lieferwagen es nicht schafft, weiß ich nicht, wie ich nach Shropshire kommen soll.«
Lucy zog lautstark die Nase hoch. »Nein, natürlich nicht. Tut mir Leid, dass ich so dumm war. Umzüge sind so grässlich - Weihnachten ist so grässlich -, und beides zusammen ist einfach zu schrecklich, um es in Worte zu fassen. Dauernd fange ich an zu heulen. Meine Mutter kommt her ...«
»Aber sie wird dir doch sicher helfen ...«, warf Perdita ein.
»Ich will nicht, dass sie auch nur einen Handschlag tun muss. Sie hat Weihnachten sonst immer zu Hause gefeiert, aber Daddy ist letztes Jahr gestorben, und ich möchte jetzt all die Dinge für sie tun, die sie sonst immer getan hat.«
»Aber Lucy, du steckst mitten im Umzug! Sie wird bestimmt nicht das volle Truthahn-Programm von dir erwarten! Wann ziehst du eigentlich um?«
»Oh, übermorgen, und ich habe immer noch nicht richtig gepackt. Aber ich wünsche mir so sehr, dass dieses Weihnachten etwas Besonderes wird. Für Mummy und auch für die Kinder.«
»Es tut mir so Leid.« Perdita überlegte, ob die Telefonschnur wohl lang genug war, um bis zu ihrem Karton mit Karten durchzudringen, damit sie ein paar Weihnachtsgrüße schreiben konnte. Nein, es reichte einfach nicht.
»Mir ist gerade eine geniale Idee gekommen!« Lucy klang plötzlich erheblich glücklicher. »Geoff kann dich abholen! Er ist Jakes Bruder, der, dessen Ehe gerade in die Brüche gegangen ist. Er wohnt in Cornwall. Das ist doch nicht weit von dir, oder?«
»Nur ungefähr dreihundert Kilometer ...«
»Aber es liegt am Weg, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht genau. Meine Geografiekenntnisse sind ein bisschen verschwommen ...«
»Ich rufe ihn an und frage, ob er dich abholen kann. Er wird sicher begeistert sein.«
»Aber wenn seine Ehe gerade in die Brüche gegangen ist, will er bestimmt nicht eine Frau, die er noch nie gesehen hat, irgendwo abholen und hunderte von Meilen mit ihr im Auto sitzen.« Der Gedanke, besagte Frau zu sein und sich zu bemühen, ein Gespräch in Gang zu bringen, erfüllte Perdita mit Grausen.
»Doch, wird er. Ich erkläre ihm, wie wichtig du für meine Pläne bist, und er wird bestimmt nichts dagegen haben.«
Perditas ohnehin geringe Begeisterung für den Plan löste sich endgültig in Nichts auf. »Aber warum bin ich so wichtig, Luce?«
»Oh, hm, die Kocherei ... Und dann muss das Haus auf Vordermann gebracht werden, solche Sachen eben ...« Lucys Stimme brach, und Perdita fiel ihr so schnell ins Wort, dass Lucy keine Zeit mehr blieb, aufs Neue in Tränen auszubrechen.
»Also, natürlich helfe ich dir gern bei allem, was anfällt, aber ...«
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