Glücksboten
normalerweise nichts dagegen, dir zu widersprechen, Lucas, aber ich glaube, dass ich meinen Anteil an Verantwortung an dem trage, was geschehen ist. Traurig, nicht wahr?« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und schob es sich hinter die Ohren. Dann sah sie schweigend ein paar Sekunden lang zu, wie er sein Äußeres wieder in Ordnung brachte. Schließlich fragte sie: »Was machen wir jetzt mit diesem Chaos hier?« Sie zeigte auf das Seifen-Potpourri, die Handtücher und die Flaschen. »Soll ich ein Kehrblech und einen Besen holen?«
»Wenn ich dich noch einmal in der Nähe des Fußbodens sehe, ist es unwahrscheinlich, dass du mit unversehrter Tugend hier herauskommst. Warte hier, dann hole ich dir deinen Mantel.«
Als er zurückkam, sah er erschöpft aus und ein wenig zynisch. »Ich sollte dich vielleicht warnen, dass ich dich nicht aus Rachsucht geliebt hätte oder um dich zu bestrafen - bestraft habe ich dich heute Abend schon genug -, sondern weil ich dich wollte, sehr sogar. Jetzt geh, bevor ich mich daran erinnere, dass ich der Schurke im Stück bin, und dir meinen Willen aufzwinge.«
Als Perdita nach Hause kam, nahm sie, obwohl es bereits ein Uhr morgens war, ein sehr heißes Bad. Dann goss sie den Rest von Kittys Brandy in ein Glas und ging damit nach oben in ihr Bett. Sie trank den Brandy in einem Zug, spürte, wie er auf ihren frisch geputzten Zähnen prickelte, und hoffte mit wenig Zuversicht, dass der Alkohol ihr helfen würde, einzuschlafen.
»Also«, fragte Kitty am nächsten Mittag, »was war es für ein Gefühl, für Lucas zu arbeiten?« Sie hatte die Sonntagsmahlzeit zubereitet - Rinderbraten und Yorkshire-Pudding -, weil Perdita dringend eine Stärkung benötigte, wie Kitty bemerkte.
»Es war die Hölle. Je eher ich Janey da rausholen kann, umso besser.« Perdita leerte ihr Sherry-Glas und füllte es trotz ihrer bohrenden Kopfschmerzen wieder nach.
»Ich habe den Eindruck, dass es Janey gefällt. Schließlich ist sie dafür ausgebildet.« Kitty rührte etwas Mehl in den Fleischsaft.
»Soll ich den Tisch decken?«
»Ja, aber du brauchst nur ein Ende frei zu räumen. Das reicht.«
Da noch niemand Kittys Küchentisch ganz leer gesehen hatte, war diese Bemerkung unnötig. Perdita griff nach dem Buch, das mit den aufgeschlagenen Seiten nach unten vor Kittys Stuhl lag. »Ist das deins oder geliehen?«
»Geliehen.«
»Ich stecke irgendetwas als Lesezeichen hinein.« Perdita fand ein Faltblatt, das eine preiswerte Autoversicherung anbot, und schob es zwischen die Seiten. Um sich abzulenken, schlug sie das Buch wieder auf und blickte hinein. Der Name Lucas Gillespie, der dort mit dicker, schwarzer Tinte geschrieben stand, sprang ihr förmlich ins Gesicht. Zuerst glaubte sie, es sei Einbildung.
»Kitty?«, fragte sie, nachdem sie sich überzeugt hatte, dass es nicht so war. »Wer hat dir dieses Buch geliehen?«
»Oh ... Ich kann mich nicht mehr erinnern. Könntest du ein paar Untersetzer für die Gemüseschalen auf den Tisch legen?«
Kitty war normalerweise nicht so unklar in ihren Auskünften, und Perdita hatte seit ihrem zwölften Lebensjahr Untersetzer für die Gemüseschalen hingelegt.
»Es war Lucas, nicht wahr?«
»Wenn du die Antwort kennst, warum fragst du dann?«
»Warum hast du mir nicht erzählt, dass er dir ein Buch geliehen hat? Warum wolltest du das vor mir geheim halten?«
»Hm, ich hätte es dir ja gesagt, aber er hat mich gebeten, es nicht zu tun. Er dachte, du würdest dich dann vielleicht verraten fühlen. Und er hatte offensichtlich Recht: Du regst dich auf. Aber jetzt schenk uns etwas Wein ein, sei so lieb.«
»Ich wusste ja nicht einmal, dass du Umgang mit ihm pflegst!«
»Ich pflegte ihn auch nicht, aber kurz nachdem ich von den Ledham-Golds zurückkam, kam er mich besuchen, um zu sehen, wie es mir ging. Sehr aufmerksam, fand ich. Wir sind ins Reden gekommen - über Bücher -, und er hat mir ein paar von seinen geliehen. Und jetzt fang an zu essen, sonst wird noch alles kalt.«
Perdita sägte einigermaßen grimmig an ihrem Fleisch herum und fragte sich, ob ihr Verdacht wohl ganz und gar unbegründet war, dass Lucas bei seinem Besuch bei Kitty irgendwelche Hintergedanken gehabt hatte.
»Aber warum ist er hergekommen?«
»Ich hab es dir doch schon erklärt: um zu sehen, wie es mir ging. Wenn du das Gefühl hast, dass ich dir gegenüber illoyal war, werde ich ihn selbstverständlich bitten, nicht mehr wiederzukommen, aber ich habe ab und zu ein wenig männliche
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