Glücksboten
immer mehr die Kontrolle über sich. Es war wie jenes Stadium der Betrunkenheit, in dem man weiß, dass man viel zu viel intus hat, aber noch klar genug im Kopf ist, um es bitter zu bereuen. Irgendwie musste sie sich zusammenreißen, musste wieder ein menschliches Wesen werden, aber Lucas' Gewicht, sein Körper, der sie niederzwang, gaben ihrem glühenden Hass immer neue Nahrung.
Sie sah zu ihm auf, und ein bitterer Groll überfiel sie, weil es ihm gelang, sie zu beherrschen.
»Lass mich aufstehen, Lucas, oder ich zeige dich an!«
»O ja? Bei wem? Das wüsste ich wirklich gern. Und was wird passieren, wenn ich erzähle, dass du mir die Lippe blutig gebissen hast und deine Verletzung wahrscheinlich eine Narbe hinterlassen wird?«
Sie bekam ein Bein frei und trat ihn.
Es war ein jämmerlicher Versuch, und Lucas lachte. »Weißt du denn nicht, wann du die Unterlegene bist? Und zappel nicht so rum, sonst liegst du gleich in den Glasscherben.«
»Ich habe nicht die Absicht, die ganze Nacht hier zu verbringen!«, zischte sie. »Lass mich aufstehen!«
»Nicht, bis ich mir sicher sein kann, dass du dich nicht noch einmal auf mich stürzen wirst.«
Perdita hatte immer noch das Gefühl, von aufgestauten Emotionen zerrissen zu werden. Sie wollte seinen Hals packen und ihn schütteln und funkelte zu ihm auf; sie fühlte sich wie ein Tiger im Käfig, unendlich kraftvoll, aber seiner Krallen beraubt.
Er schien ihre Frustration zu spüren. »Also, ich warne dich. Ich habe keine Lust mehr, mich weiter treten und beißen zu lassen, daher wirst du mir jetzt nichts mehr antun, wovon du nicht möchtest, dass ich es auch mit dir mache. Ich habe absolut keine Skrupel, dir ins Gesicht zu schlagen, falls du noch einmal versuchen solltest, mich zu verletzen.« Er gab ihr Zeit, das zu verdauen. »Ich werde dir jetzt aufhelfen.«
Trotz seiner Warnung und obwohl sie wusste, dass sie weit über die Normen zivilisierten Benehmens hinausgegangen war und wahrscheinlich nie wieder zu ihnen zurückfinden würde, konnte sie einfach nicht an sich halten. Sein besänftigender Tonfall fachte ihre immense Wut nur noch an. Sobald sie wieder auf den Füßen stand, stürzte sie auf seinen Hals los, außer Stande, sein herablassendes Benehmen länger zu ertragen oder den Strom widersprüchlicher Gefühle, die sie schwindelig und elend machten und trotzdem mit einem wilden Jubel erfüllten.
Diesmal schonte er sie nicht. Er packte ihre Handgelenke und hob sie hoch, sodass sie halb sitzend, halb liegend auf der Theke endete, dann stellte er sich so vor sie hin, dass sie ihn nicht mehr verletzen konnte, um sie im nächsten Augenblick an sich zu pressen und zu küssen. Es war ein harter fordernder Kuss, ein Kuss, der ebenso schmerzhaft und leidenschaftlich wie erregend war. Plötzlich spürte sie, dass sie Lucas ihrerseits küsste und sich wünschte, dieser Kuss würde niemals enden. Durch irgendeine mysteriöse Alchemie verwandelte sich ihr ganzer Hass plötzlich in Begehren. Sie wollte Lucas nicht länger töten, sie wollte nur noch wilden Sex mit ihm haben.
Vorsichtig hob er den Kopf, da er ihren Stimmungsumschwung nicht mitbekommen hatte. »Du musst akzeptieren, dass ich stärker bin als du und dass ich, wie sehr du mich auch angreifen magst, es dir immer mit gleicher Münze zurückzahlen werde. Ich möchte dich nicht verletzen, aber hör um Gottes willen auf, mich zu verletzen!«
Perdita blinzelte zu ihm auf, denn sie wollte ihn auf keinen Fall wissen lassen, dass er nicht länger in Gefahr war, wollte ihm ihre Verletzlichkeit nicht zeigen.
Seine Stimme nahm einen heiseren Tonfall an, als er fortfuhr: »Ich weiß, du hasst mich jetzt wahrscheinlich mehr denn je, aber ich warne dich: Wenn du nicht sehr vorsichtig bist, könnte das hier schnell weit über ein paar Küsse hinausgehen. Ich denke, ich bringe dich besser nach Hause, bevor hier alles außer Kontrolle gerät.«
O nein. Er würde sie nicht mit all dieser unbefriedigten Leidenschaft allein lassen. Bevor er sie daran hindern konnte, flogen ihre Finger über die Knöpfe seiner Jacke, rissen sie auf und entblößten seine Brust. Er zögerte nur eine Sekunde, bevor er ihr den gleichen Gefallen tat, ihr das Hemd aus der Jeans riss und ihre Knöpfe fast genauso schnell öffnete, wie sie seine geöffnet hatte.
Sie küssten sich, als hassten sie einander, Perdita biss und kratzte ihn, aber sie wollte ihn nicht loslassen. Lucas war weniger wild, aber genauso leidenschaftlich. Als sie
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