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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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den Schultern.
    »Sie hat den anderen von dir erzählt.«
    »Und?«
    »Sie wollen dich kennenlernen.«
    »Und?«
    »Möchtest du das?«
    Ich schwieg sehr, sehr lange. Dann fragte ich: »Möchtest du das?«
    »Ja.«
    »Ich verstehe.« Ich stand auf und nahm den Plastikbecher, aus dem ich getrunken hatte. Ich trug ihn mehrere Meter weit und stellte ihn dort ins Gras, dann ging ich zu Artie zurück und gab ihm den Korken von der Prosecco-Flasche.
    »Was hast du vor?«, fragte er.
    »Das ist ein Test. Wirf den Korken, und wenn du ihn in den Becher zielst, dann bin ich dazu bereit.«
    Er versuchte zu erkennen, ob ich es ernst meinte. »Nein.« Er klang fast höhnisch.
    »Nein?«
    »Niemand wirft irgendwelche Korken in irgendwelche Becher. Triff dich mit meinen Kindern oder lass es, aber mach nicht solche Spielchen.«
    Ich fing an zu lachen. »Genau das war der Test. Du hast mit Glanz bestanden.«
    »Wovon redest du?«
    »Du hast dich mannhaft verhalten.«
    »Habe ich das?« Er drehte den Korken zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, immer und immer wieder.
    »Ich treffe mich mit ihnen«, sagte ich. »Mach etwas für uns aus.«
    »Gut.«
    »Nicht zu lang, beim ersten Mal. Kein Abendessen mit acht Gängen. Ich will nicht das Gefühl haben festzusitzen. Etwas, das schnell geht.«
    »In Ordnung.« Beiläufig und fast ohne hinzugucken, warf er den Korken so, dass er in einem hohen, anmutigen Bogen durch die Luft flog und genau im Becher landete, der darauf zu wackeln begann und umfiel.
    Die offizielle Begegnung mit Arties Familie fand an einem Samstagnachmittag im Wohnzimmer statt. Ich kam »auf einen Sprung« (in die Tonne) vorbei, zu einer Tasse Tee, obwohl ich lieber den ganzen Weg nach Santiago de Compostela in meinen Louboutins gegangen wäre, als »auf einen Sprung, zu einer Tasse Tee« bei Leuten vorbeizukommen, aber da waren sie alle und warteten auf mich, auch Vonnie.
    Bella legte die Hand auf die Brust und hauchte: »Helen, wie lange haben wir uns nicht gesehen?«
    Vonnie war noch netter zu mir als Bella. Beide waren entzückt von mir, sie gerieten ins Schwärmen und fanden mich ganz süß, als wäre ich eine Puppe. »Mum?«, rief Bella aus. »Habe ich nicht gesagt, dass sie bezaubernd ist?«
    »Be-zau-bernd«, bestätigte Vonnie.
    Vielleicht ein bisschen von oben herab, nur ein winziges kleines bisschen, aber an Wärme und Freundlichkeit mangelte es nicht.
    Zu meiner großen Überraschung (von der angenehmen Sorte) war auch Iona sehr freundlich, wenn auch nicht besonders an mir interessiert. Der eigentliche Schock war Bruno. Er sah nicht im Entferntesten aus wie auf den Fotos, die überall im Haus zu finden waren, denn die zeig ten einen ungelenken, lächelnden, vorpubertären Jungen. Inzwischen war er älter und von Kopf bis Fuß in enge schwarze Klamotten gekleidet, sein Haar war wasserstoffblond gefärbt, er trug Lidschatten und war voller stacheliger Feindseligkeit.
    »Du bist also Dads neue Freundin? «, sagte er hochmütig.
    »Ja.«
    »Warst du schon mal hier? In diesem Haus?«
    »Ehm … ja.«
    Er zog einen hübschen rosa Stringtanga aus der Tasche und drückte ihn mir in die Hand. »Ich glaube, den hast du hier liegen lassen.«
    Ich starrte auf den Tanga und schüttelte den Kopf. »Nicht meiner.«
    »Mum und Iona und Bella gehört er auch nicht. Wem dann? Dad muss wohl noch eine … Freundin haben.«
    Vielleicht hatte Artie wirklich noch eine Freundin. Vielleicht vögelte er eine andere Frau. Der Gedanke war so entsetzlich, dass ich mich auf der Stelle übergeben wollte.
    »Oder vielleicht …« Ich gab Bruno den Tanga zurück. »… gehört er dir?«
    Bella sog theatralisch die Luft ein, und Vonnie und Iona überstürzten sich förmlich damit, das Teil als ihres zu deklarieren.
    Bruno und ich beachteten sie nicht und hielten uns gegenseitig mit Blicken fest: Das war Krieg.
    Im Interesse des harmonischen Miteinanders auf lange Sicht hätte ich nachgeben und Bruno gewinnen lassen sollen. Stattdessen betrug ich mich genauso schlecht wie er. Ich musste zugeben, dass selbst ich – obwohl ich bereits genug Erfahrung mit Claires garstiger Tochter Kate hatte – von seiner Gehässigkeit schockiert war.
    »Was ist hier eigentlich los?«, fragte Artie. »Woher hast du das?«
    »Verpiss dich«, sagte Bruno zu Artie und tänzelte aus dem Zimmer. »Und du«, fügte er mit einem giftigen Blick hinzu, den er mir von der Tür her zuwarf, »du kannst dich auch verpissen.«
    In einer späteren, von Artie und

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