Glücksfall
und weiß der Himmel wer noch sicher ein Wörtchen mitzureden.«
»Haben sie nicht, weil ich dir einen Anteil von meinem Anteil gebe. Das ist eine Sache zwischen dir und mir. Wenn du Wayne findest, gebe ich dir zwanzig Prozent von meinem Anteil.«
»Du bist also doch beteiligt!«
Er seufzte. »Ja.«
»Wer noch?«
Er schüttelte den Kopf. »Darum geht es hier nicht.«
»Wie hoch ist deine Beteiligung?«
»Drei Prozent.«
Ich prustete verächtlich angesichts der Geringfügigkeit seines Anteils. »Und das ist wahrscheinlich netto, oder? Du bietest mir also zwanzig Prozent von einer dreiprozenti gen Beteiligung? Unter fünfzig Prozent kann ich unmöglich gehen.«
»Ach, Helen«, sagte er. »Ich gebe dir dreißig. Dreißig Prozent ist das Äußerste.«
»Fünfzig Prozent«, sagte ich wieder. Dies war keine ernsthafte Verhandlung, der Vertrag war sowieso wertlos. Nichts, das Jay Parkers Unterschrift trug, war etwas wert. Er würde immer eine Möglichkeit finden, sich aus etwas herauszu winden und seiner Verantwortung auszuweichen. »Fünfund dreißig«, sagte er.
»Vierzig, und ich bin einverstanden.« Mich langweilte das Spiel inzwischen.
»Also gut.« Jay schrieb etwas in den »Vertrag«. »Vierzig, hier.« Er gab mir das zerdrückte Blatt, das ich achtlos in meine Handtasche stopfte. Ich hatte es im gleichen Moment vergessen.
Er sah mich verstört an. »Hast du das nicht begriffen?«, fragte er. »Wenn du Wayne findest und die Auftritte stattfinden, ist das eine ganz schöne Stange Geld.«
»In die Tonne«, sagte ich. »Eine schöne Stange Geld. Sag das nie wieder, wenn ich in Hörweite bin.«
Kurz darauf klingelte mein Handy, und ich kramte es hervor. »Mrs. Diffney?«
»Spreche ich mit Helen Walsh?« Sie klang, als sei sie den Tränen nah. »Es tut mir leid, Sie zu belästigen, aber ich wollte hören, ob Sie irgendetwas erfahren haben …«
»Leider nein.« Gerade hatte ich noch überlegt, ob ich nach Clonakilty fahren sollte, jetzt fand ich, dass ich es lassen konnte. »Und bei Ihnen ist er bestimmt nicht?«
»Wenn er es doch wäre.« Ihre Stimme klang sehr angespannt.
»Wenn ich etwas erfahre, sage ich Ihnen sofort Bescheid.«
49
N ach dem Gespräch aß ich zwölf Handvoll Cheerios und fühlte mich plötzlich imstande, die undankbarste aller Aufgaben anzugehen, nämlich die Befragung der nutzlosen, dummen Nachbarn. Wollte man es positiv sehen, dann war jetzt ein guter Zeitpunkt dafür. Sonntagnachmittags hingen die Leute oft zu Hause rum. Die Leute, die das Glück hatten, ein Zuhause zu haben, versteht sich.
Mit frisch aufgefülltem Zuckerspiegel fing ich bei der Nummer drei an, dem Haus links von Waynes. Am Freitag war niemand an die Tür gekommen, aber jetzt machte ein Mann in einem rot karierten Hemd auf. Er war jünger als ich, ich hätte ihn auf fünfundzwanzig geschätzt und fragte mich im Stillen, wie er sich dieses schöne Haus in Mercy Close leisten konnte. Genauso ist es auch, wenn eine Beziehung in die Brüche gegangen ist: Eine Weile lang sieht man, wohin man auch blickt, nichts als glückliche Paare. Der Verlust meiner Wohnung hatte mich so stark getroffen, dass die Welt voller Menschen schien, die in schönen Häusern wohnten, lässig in rot karierten Hemden rumgingen und sich nicht im Geringsten bewusst waren, welch riesiges Glück sie hatten.
Ich stellte mich vor, erklärte aber nicht zu viel, sagte nur, dass ich mich für ein paar Sachen im Zusammenhang mit Wayne interessierte, und obwohl der Mann mein blutunterlaufenes Auge merkwürdig musterte und mich nicht in sein Haus bat, schien er doch freundlich und bereit, mir zu helfen. Er lehnte sich an den Türpfosten – immer ein gutes Zeichen, dass jemand Zeit zum Plaudern hat. Mir war das schon oft aufgefallen: Wenn jemand einfach in der Tür stehen bleibt, ist meine Arbeit um einiges schwieriger.
Vielleicht wohnt der rot karierte Typ ja mit acht anderen jungen Männern in dem Haus, dachte ich. Vielleicht kann er es sich deshalb leisten, dort zu wohnen. Aber als ich ihn danach fragte, sagte er, er wohne allein. Wie macht er das?, fragte ich mich. Wie?
Ich zwang mich, meine Aufmerksamkeit auf die Aufgabe zu lenken, aber Himmel, war das eine Anstrengung!
»Ist Ihnen in letzter Zeit irgendetwas Ungewöhnliches auf gefallen?«, fragte ich ihn.
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel …« Ich sollte vielleicht mal die Gloria- Frage verfolgen. »Zum Beispiel, hatte Wayne manchmal Da menbesuch?«
»Ja«, sagte er. »Eine habe ich
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