Glücksfall
Große T-Shirts, weite Trainingshosen …«
»Um ihren Arsch zu verstecken«, sagte Cain.
»Ja, ihr Markenzeichen«, sagte Daisy mit neidvoller Stimme. »Der verrät sie sofort. Den musste sie verstecken.«
»Das ist eine umwerfende Information«, sagte ich. »Ich brauche einen Moment, um sie zu verdauen.«
»Sie brauchen keine Angst zu haben, wir erzählen es keinem anderen«, sagte Cain. »Wir kommen uns immer noch ganz schlecht vor, weil wir Ihnen neulich solche Angst gemacht haben.«
»Wir wollten uns dafür entschuldigen«, sagte Daisy. »Wir wollten Ihnen gern helfen.«
»Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar«, sagte ich feierlich. »Sie haben mir wirklich sehr geholfen.«
Also, eigentlich war es keine Hilfe, aber es schadete nicht, nett zu sein, oder?
Zurück in Waynes schönem Haus ging ich sofort nach oben. Ich musste mir seine Nachttischschublade noch einmal vor nehmen. Obwohl Connie mir bestätigt hatte, dass Wayne in Zeezahs und John Josephs Flitterwochen geplatzt war, hatte ich das Bedürfnis, noch einmal persönlich das Feuerzeug in Augenschein zu nehmen, von dem meine – offen gestanden – geniale Gedankenkette ausgegangen war. Und da lag es. Zwischen all den anderen Objekten, die sich üblicherweise in einer Nachttischschublade befinden, lag das weiße Feuerzeug mit einem Bild vom Kolosseum darauf. Ich nahm es heraus und hielt es in der Hand. Ich knipste es sogar an. Ja, es war echt. Es war echt, und ich war genial. Gab es hier noch anderes, das mir die Dinge erhellen konnte?
Münzen, alte Kassenzettel, undichte Kugelschreiber, Gummibänder, alte Batterien, Adapter, eine Tube Bonjela-Gel und ein paar Tablettenpackungen: Gaviscon, Clarityn, Cymbalta.
Das Bonjela-Gel war für Entzündungen in der Mundhöhle, das Gaviscon gegen Magenverstimmung, das Clarityn gegen Heuschnupfen und das Cymbalta – ich hatte es selbst eine Zeit lang genommen – war gegen Depressionen.
Ich hätte den Medikamenten schon beim ersten Mal, als ich den Inhalt der Schublade untersucht hatte, mehr Aufmerksamkeit schenken sollen.
Armer Wayne.
Dass der Koran auf seinem Nachttisch lag, ergab jetzt einen Sinn. Sogar die CD The Wonder of Now . Bei seinen komplizierten Lebensumständen musste es sehr schwer für ihn gewesen sein, zur Ruhe zu kommen.
Auch andere Dinge ergaben jetzt einen Sinn. Ich hatte gewusst, dass John Joseph log, als er sagte, Wayne habe keine Freundin. Nur hatte ich angenommen, Waynes Freun din sei die mysteriöse Gloria. Wie hätte ich auch ahnen sollten, dass es stattdessen die Frau von John Joseph war?
Und das Gleiche bei Zeezah. Als ich sie nach Gloria fragte, hatte sie merkwürdig reagiert. Weil sie … eifersüchtig war. Vielleicht nicht richtig eifersüchtig, aber doch ein Gefühl in der Richtung. Sie erhob Besitzansprüche. Oder sie war misstrauisch. Sie wusste, dass Wayne verrückt nach ihr war, also fragte sie sich, was es mit dieser Gloria auf sich hatte.
Das war immer noch eine gute Frage: Was hat es mit dieser Gloria auf sich? Wie gern ich das gewusst hätte!
Ich ging in Waynes Büro, weil ich hoffte, mir würde in der Umgebung all dieser Aktenordner voller Informationen per Osmose eine Erleuchtung kommen. Ich fragte mich, ob ich die Ordner aus dem Regal nehmen und mir noch einmal Waynes Unterlagen ansehen sollte, in der Hoffnung, dass mir etwas, das ich beim ersten Mal übersehen hatte, ins Auge springen und alles verändern würde. Aber stattdessen ließ ich mich auf den Fußboden gleiten, setzte mich mit dem Rücken an die Tür und erlaubte meinen Gedanken, in eine andere Richtung zu wandern.
So viele Einzelheiten waren zu berücksichtigen. Weil ich Rechtshänderin war, musste ich zuerst das linke Handgelenk nehmen. Außerdem musste das Badewasser – diese Information hatte ich aus dem Internet, und sie war ganz wichtig – sehr heiß sein, was irgendwas mit der Temperatur zu tun hatte, bei der Blut gerinnt.
So ermüdend, all diese Feinheiten zu klären, aber es musste sein. Es war eine komplizierte Angelegenheit mit unterschiedlichen Aspekten – wie ein Banküberfall. Jeder Schritt musste sorgfältig geplant werden.
Mein Handy klingelte ein paarmal, aber ich sah nicht einmal hin. Ich war so vertieft in meine Überlegungen, dass ich das schwache kratzende Geräusch kaum wahrnahm. Als das zweite Geräusch einsetzte, identifizierte ich das erste als das Drehen eines Schlüssels im Schloss von Waynes Haus tür. Bildete ich mir das ein?
Oder war gerade jemand ins Haus gekommen?
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