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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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winziges Hemdchen und eine Yoga-Hose, was sowohl ihre Tageskleidung als auch ihr Schlafanzug sein konnte.
    »In wessen Zimmer schläfst du?«, fragte ich.
    »In niemandes«, sagte sie.
    »Das ist auch gut so«, sagte ich und klang forscher, als ich mich fühlte.
    Lautlos schlich sie die Treppe runter, und ich ging den Flur entlang. Vor Arties Zimmertür blieb ich stehen. Ich stand dort unendlich lange wie gelähmt, ich hatte Angst, in sein Zimmer zu gehen und dort vielleicht Hinweise darauf zu entdecken, dass Vonnie bei ihm gewesen war.
    Es erschien mir sicherer, wieder zu gehen. Also fuhr ich zu Waynes Haus zurück und nahm noch eine Schlaftablette – es nicht zu tun war einfach unmöglich.

Dienstag

62
    U m 10.37 Uhr wachte ich auf Waynes Wohnzimmerboden auf. Ich hatte zwei Nachrichten von Artie mit der Bitte um Rückruf, aber ich rief ihn nicht an. Außerdem ungefähr achtzig Nachrichten von Jay Parker, und den rief ich auch nicht an. Ich trank von meiner Cola light und schluckte meine Tabletten, hatte aber keine Lust auf die Cheerios, sondern setzte mich gleich ins Auto und fuhr zu einer Eisenwarenhandlung in einem kleinen Einkaufszentrum in Booterstown.
    »Ich hätte gern ein Stanley-Messer.«
    »Ein Stanley-Messer, aha«, sagte der Mann hinter der Theke. »Wir haben verschiedene Modelle, ich kann sie Ihnen mal zeigen.«
    Ich habe noch nie ein Geschäft mit so viel Zeug gesehen. Es gab Nägel und Schrauben und Scharniere und Schlüssel und zahllose seltsame kleine Dinge aus Metall. Millionen und Abermillionen davon, und alle in Millionen und Aber millionen unterschiedlichen Größen. Ich hätte meinen Ein kauf lieber anonym und privat gehalten, aber ich konnte die Messer nicht finden, und als ich die Regale danach absuchte, sprangen mich gruselige Dinge an – Kettensägen, elektrische Bohrer, Dulux-Farbtafeln. Ein ganz entsetzliches Geschäft.
    Irgendwann gab ich es auf und ging zu dem Mann an der Theke. Er nahm sich meines Wunsches mit Begeisterung an. Offenkundig ein Mensch, der seinen Beruf gern ausübte.
    »Das ist das einfachste Modell.« Er zeigte mir einen kurzen, dicken Cutter mit einer abgeschrägten Klinge. »Es hat nur eine Klinge, aber man kann welche nachkaufen.«
    »Aha.«
    »Dieses Modell ist etwas raffinierter. Es hat drei Klingen in einer. Sehen Sie diesen kleinen Knopf hier?« Ich beugte mich vor, um besser sehen zu können. »Wenn Sie den drücken, kriegen Sie die längere Klinge. So. Noch einmal drücken, und Sie haben eine noch längere Klinge.«
    »Aha.«
    »Und dieses hier … dieses hat sogar einen eigenen Karton.« Er holte einen kleinen Holzkasten hervor und öffnete ihn mit schwungvoller Geste. »Teurer, versteht sich, aber dafür bekommt man auch was.«
    In dem Moment meldete sich ein anderer Mann in dem Laden, offensichtlich ein Kunde, zu Wort. »Lassen Sie sich von ihm nichts aufschwatzen«, sagte er in einem Ton, der humorvoll klingen sollte und es irgendwie doch nicht war. »Ich bin Heimwerker, es gibt nichts über Heimwerken, was ich nicht weiß, und ich sage Ihnen, das einfachste Modell ist absolut ausreichend.«
    »Wirklich?«
    »Wofür brauchen Sie das Messer eigentlich?«, fragte der Verkäufer.
    »Eh … zum Schneiden.«
    »Verstehe.« Ein bisschen ernüchtert zeigte er auf das einfache Messer. »Schneiden können Sie damit auf jeden Fall.«
    »Dann nehme ich das.«
    »Möchten Sie eine Ersatzklinge dazu?«
    »Ja.« Eine würde hoffentlich reichen, aber es wäre zu dumm, wenn das Projekt an mieser Planung scheiterte.
    »Das sind dann fünf Euro.«
    Ich war schockiert, wie billig es war.
    Der Mann wickelte das Messer sorgfältig in Luftpolsterfolie ein. »Nicht, dass Sie sich versehentlich die Hand abschneiden.«
    »Nein, das wäre furchtbar.« Ich gab ihm den Schein und ging wieder zu meinem Auto.
    Ich saß lange im Auto und dachte nach. Eins war klar: Ich konnte es nicht im Haus meiner Eltern tun. Die Bilder wären für sie zu schrecklich. Sie würden das Badezimmer nie wieder benutzen können. Ich müsste es in einem Hotel tun, und ich hatte mir auch schon eins ausgesucht. Ein grauer, brutaler Klotz von einem Gebäude in Ballsbridge, der extrem abweisend wirkte. Man konnte kaum glauben, dass es ein Hotel war, so düster sah es aus. Bronagh und ich hatten es immer als den Ort bezeichnet, wo man hingehen würde, um sich umzubringen.
    Aber was war mit den Leuten, die in den Zimmern sauber machten? Meistens waren es junge Mädchen. Zweifellos würde dieses Mädchen nur den

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