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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Wolcott irgendwas herausbekommen?«
    Jay schüttelte den Kopf. Er sah krank aus.
    »Was ist, wenn der Telefonmann auch nicht helfen kann?«, fragte ich. »Wie lange machst du hiermit weiter? Wann brichst du die Proben ab?«
    »Meinst du wirklich, du findest ihn nicht?«
    Ich gestattete mir, es auszusprechen: »Ich glaube wirklich, ich finde ihn nicht. Ich suche weiter, aber …«
    »Und glaubst du wirklich, dass er nicht auftaucht? Dass er uns sitzenlässt?«
    »Vielleicht hat er keine andere Möglichkeit.«
    »Was meinst du damit?«
    »Das weiß ich auch nicht.« Und ich wollte nicht darüber nachdenken. »Was machst du dann?«
    Er antwortete nicht. Nach einer Weile sagte er: »Wir warten bis morgen früh, zehn Uhr. Wenn er bis dahin nicht zurück ist, gebe ich eine Pressemeldung raus und sage das Konzert ab. Alle bekommen ihr Geld für die Eintrittskarten zurück. Die Sponsoren werden vor Wut schäumen. Anwälte werden ins Spiel gebracht. Rechtlich wird es sehr unerfreulich. Finanziell auch.«
    »Für wen?«
    Er deutete mit dem Kopf über die Schulter. »Für die drei. Und, komischerweise, für Wayne. Und für mich.«
    »Sie könnten nicht einfach zu dritt auftreten?«
    »Nein. Wir haben natürlich darüber gesprochen, aber …«
    »Die Fans würden auf die Barrikaden gehen.«
    »Nicht nur das, aber alle vier Laddz haben den Vertrag unterschrieben. Rechtlich sind sie verpflichtet, das Konzert zu viert zu machen. Entweder das oder nichts.«
    »Schade«, sagte ich. »Denn sonst könntest du einspringen. Du kannst richtig gut tanzen.«
    »Oh … findest du?«
    »Das weißt du selbst. Du bist ein guter Tänzer, das habe ich immer gesagt. Trotz der vielen anderen Dinge, die du auch noch bist.«
    Ein Flackern von etwas Grässlichem huschte über sein Gesicht. »Helen? Kann ich mit dir allein sprechen?«
    Nein, dachte ich. »Meinetwegen«, sagte ich.
    Er ging von der Bühne, ich hinter ihm her, durch den langen Betonflur. Er machte eine Tür auf, und ich ging hinter ihm in das Zimmer, einen sehr kleinen Umkleideraum. Er schloss die Tür fest hinter uns.
    »Wir müssen miteinander reden«, sagte er.
    »Aha … okay.«
    »Ich weiß, ich habe es schon einmal gesagt, ich habe es hunderttausendmal gesagt, aber ich möchte dir noch einmal sagen, wie leid es mir tut«, sagte er. »Wie leid es mir tut für den Kummer, den ich dir bereitet habe. Es tut mir leid wegen Bronagh.«
    Ich schluckte hart. »Bronagh war meine beste Freundin«, sagte ich. »Du hättest das nicht tun dürfen.«
    »Ich werde es bis zu meinem Tode bereuen«, sagte er. »Aber ich flehe dich an, bitte versteh, dass sie es vorgeschlagen haben, sie sind zu mir gekommen und haben mich bedrängt.«
    »Du hast sie betrogen …«
    »Das stimmt nicht.«
    Gut, dann hatte er sie eben nicht betrogen.
    Aber er hatte sie kaputt gemacht.
    Und er hatte uns kaputt gemacht.
    »Ich habe Nein gesagt«, sagte er. »Aber sie wollten es unbedingt. Besonders Blake.«
    Das mochte stimmen, überlegte ich. Blake war hinter dem Geld her, in seinen Augen standen ganz schnell Euro-Zeichen. Er hielt sich für einen Unternehmer, das war ja auch einer der Gründe, warum er und Jay sich so gut verstanden hatten. Einer der vielen Gründe, warum wir vier so gut miteinander ausgekommen waren.
    »Wir haben uns so gut verstanden«, sagte ich. »Zu viert.«
    Das stimmte. Wir hatten uns prächtig verstanden, Bronagh und Blake und Jay und ich. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, machten die Stadt unsicher, hatten unser Vergnügen. Bis Bronagh und Blake in eine von Jays Geschäftsideen investierten. Etwas, das der Rezession zu widerstehen versprach, in gewisser Weise war es sogar eine Investition, etwas, das durch die Rezession erst ins Laufen kam, obwohl ich die Feinheiten der Geschichte nicht durch schaute.
    Es wurde von einer Bank unterstützt, in einer Zeit, als Banken überhaupt nichts unterstützten. Und dann passierte das, womit niemand gerechnet hatte: Die grundsolide dänische Mutterbank ging in die Knie und brach zusammen, desgleichen Jays junges Unternehmen, und Bronagh und Blake verloren ihr gesamtes Kapital. Sie hatten sich Geld geliehen, um die Investition machen zu können – man nannte das Hebelwirkung –, sodass nicht nur alle ihre Ersparnisse weg waren, sondern sie darüber hinaus plötzlich Tausende und Abertausende von Pfund schuldeten. So viele Tausende, dass ich sie anflehte, mir nicht die Summe zu nennen. Für sie war es ein Albtraum, und sie gaben mir die Schuld, weil ich

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