Glückskekssommer: Roman (German Edition)
dass Eiscreme einen so warmen Bauch macht.
*
Heute geht es mir richtig gut. Schwungvoll nehme ich Oskar meinen Kaffeebecher ab, schließe die Werkstatt auf und staune, welche Berge von Aufträgen Margret am Wochenende weggearbeitet hat. Noch mehr wundere ich mich, dass sie schon kurz nach mir auftaucht und sich an ihren Arbeitsplatz setzt.
Ich singe vor mich hin und genieße die Vorfreude auf einen ganz besonderen Termin.
Margret schaut manchmal lächelnd zu mir rüber. Vermutlich steht mal wieder was auf meiner Stirn, ›Frisch verliebt‹ oder so. Im Inneren keine Zweifel. Wahrscheinlich sind sie wirklich im Caipirinha ertrunken. Ich bin so ausgeglichen wie ein Yogi nach der Meditation.
Am Samstag, nach dem ausgiebigen Shoppingbummel mit Vicki, hat mich irgendwann abends Basti angerufen. Plötzlich war alles ganz einfach zwischen uns. Keine Missverständnisse, keine Empfindlichkeiten mehr. Allerdings habe ich ihm verschwiegen, warum ich mich nicht eher gemeldet habe. Er hat zum Glück auch nicht gefragt. Nachdem wir eine Stunde geredet hatten, verabredeten wir uns zum Essen.
Ich freue mich so darauf. Die Zeit kann gar nicht schnell genug vergehen.
Morgen ist es so weit. Ich werde Basti sehen. Wenn alles so bleibt, wie es ist, werde ich weder Fieber haben noch arbeits- und wohnungslos sein. Das heißt, einem schönen Treffen steht eigentlich nichts im Weg.
Als ich die Scheffleras im Schaufenster gieße, bleibt jemand vor der Scheibe stehen. Da wir keine besonders aufregende Auslage haben, wundere ich mich. Unsere Kundinnen und guten Freunde kommen rein oder klopfen an und winken. Als ich den Kopf hebe, um zu gucken, wer da ist, verschwindet die Frau.
Ich gehe an meine Arbeit. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass mich jemand beobachtet. Margret ist beschäftigt und scheint nichts zu merken. Normalerweise würde ich damit rechnen, dass Vickis Tante Augusta hinter mir her ist. Vielleicht will sie mir etwas mitteilen, weil Vicki jetzt heiratet. Irgendein altes Familiengeheimnis oder eine Schatzkarte mit dem Versteck der verschollenen Familienjuwelen. Aber nach allem, was man über Geister so hört, laufen sie nicht am Tag durch die Straßen und tragen No-Name-Turnschuhe. Sie lieben den großen Auftritt bei Mondschein in einem weißen Gewand. Außerdem kann Augusta mich ja einfach zu Hause in unserem langen Flur ansprechen.
Da steht schon wieder jemand. Es prickelt auf meinem Rücken. Ich fühle mich beobachtet. Nun reicht es mir. Ich springe auf und renne auf die Straße. Margret schaut mir verwundert hinterher. Tatsächlich biegt eine Frau eilig um die Ecke, als ich aus der Tür komme. Ich nehme beherzt die Verfolgung auf. Und wen erwische ich? Meine alte Kollegin, die sich an die Hauswand gedrückt hat und ganz blass aussieht.
»Jola?«, staune ich. »Was machst du denn hier?«
»Liege ich auf die Lauer nach dir.«
Okay, das eine Rätsel ist gelöst. Es war wirklich nicht Augusta, die mich beobachtet hat. Aber ein weiteres tut sich auf.
»Warum lauerst du mir auf?«, staune ich. »Warum kommst du nicht einfach rein und sagst Hallo?«
»Willst du mich nicht sehen, glaube ich.«
»Natürlich will ich dich sehen«, antworte ich. Ich nehme ihre Hand in meine. »Wie kommst du denn darauf?«
Jola war, neben Lila, meine Lieblingskollegin. Außerdem ist sie eine richtig gute Schneiderin. Mir ist schon fast klar, was sie gleich antworten wird.
Als Helena Senner mich damals rausgeschmissen hat, war Jola für ein paar Tage in Polen. Wer weiß, was die Chefin ihr danach über mich erzählt hat. Etwas Gutes wird es schon nicht gewesen sein.
Ich seufze, denn der Gedanke an meinen alten Arbeitsplatz trübt meine sonnige Stimmung um einiges.
»Muss ich wieder gehen jetzt«, sagt Jola und dreht sich weg.
»Du bist doch gerade erst gekommen«, rufe ich. Entschlossen halte sie am Arm fest. Ich will wissen, warum sie wirklich hier ist. »Ich habe jetzt Pause, und wir können zusammen einen Kaffee trinken.«
Ein paar Minuten später sitzen wir im ›Schraders‹ und studieren die umfangreiche Speisekarte. Als Jens, der immer auf der Suche nach neuen ausgefallenen Rezepten ist, erfährt, dass Jola Polin ist, setzt er sich einen Moment zu uns.
»Ich liebe die polnische Küche«, schwärmt er.
Während sie sich über Gurkensuppe, Piroggen und Heringssalat austauschen, entspannt sich Jola ein wenig. Sie verspricht Jens, ihm das Rezept für die ostpolnischen Kartoffelbratwürste nach Art
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