Glückskind (German Edition)
Links vom Tor befindet sich ein weißer Klingelknopf. Hans will ihn gerade drücken, als ein lautes Piepen ertönt, gefolgt von einem mechanischen »Klack!«. An der Tür steht ›Bitte kräftig drücken‹, Hans stemmt sich gegen sie, sie schwingt auf und er betritt das Innere des Gebäudes. Dort sieht es ganz anders aus, als er erwartet hatte. Eine breite Treppe führt ein paar Stufen hinauf auf eine Art Plattform, eine weitere Treppe führt auf der anderen Seite wieder hinunter, dahinter befindet sich ein identisches Tor, und dahinter führt ein Weg unter freiem Himmel zum nächsten Gebäude. Rechts von ihm sitzt ein Mann, der genauso glatzköpfig ist wie Hans, hinter grünlich schimmerndem Panzerglas. Das muss der Pförtner sein. Er sitzt so hoch, dass er auf Hans herabschauen kann. Hans muss die Treppe hochgehen, dann steht er vor ihm. Er sagt unsicher: »Guten Tag, ich habe einen Besuchstermin.« Er stockt. Er sagt: »Mit Veronika Kelber, sie sitzt hier in Untersuchungshaft.«
Die Stimme des Mannes ertönt aus einem Lautsprecher, als er sagt: »Legen Sie bitte ihren Sprechschein und ihren Personalausweis hier hinein.« Er meint die Schiebemulde, die sich zwischen ihnen befindet. Hans kramt sein Portemonnaie hervor und zieht seinen Personalausweis heraus, dann legt er ihn zusammen mit dem Sprechschein in die Mulde. Der Pförtner zieht die Lade zu sich, wobei die Öffnung, die sich auf Hans’ Seite befindet, automatisch durch eine Metallplatte verschlossen wird. Der Mann entnimmt die Dokumente. Er greift zu einem Telefon und sagt etwas, was Hans nicht hört. Kurze Zeit später betritt ein weiterer Beamter den Empfangsschalter durch eine rückwärtige Tür, die Hans bisher nicht aufgefallen war. Der Pförtner überreicht ihm Hans’ Papiere und der Mann verschwindet wieder. Der Pförtner wendet sich Hans zu. Er sagt: »Es dauert ein paar Minuten, bis ihre Dokumente überprüft werden. Die Kartei haben wir ja schon angelegt. Gleich kommt jemand und holt Sie ab.« Er lächelt Hans freundlich zu, Hans ist erleichtert. Alles wird gut, denkt er.
Hinter ihm ertönt ein Piepen und es macht »Klack!«. Die Tür öffnet sich und ein dunkelhäutiger kleiner Mann betritt das Pförtnerhaus. Er begibt sich sogleich zum Pförtner, als wäre er schon häufiger hergekommen. Der Pförtner sagt: »Hallo, Ahmed! Besuchst du deine Frau wieder?« Ahmed nickt und lächelt. Der Pförtner ruft: »Wären doch alle so treu wie du!« Die beiden lachen, während Ahmed seine Papiere in die Schiebemulde legt. Der Pförtner greift zum Hörer. Ein Beamter tritt durch die rückwärtige Tür herein, Ahmed nickt dem Pförtner zu und sagt: »Ich danke Ihnen.«
Jetzt öffnet sich das andere Tor. Eine junge Polizeibeamtin kommt auf sie zu, sie schaut den Pförtner an, der Pförtner weist mit dem Kinn in Hans’ Richtung. Die Polizistin hält Hans’ Personalausweis in der Hand. Sie nennt seinen Namen und sieht ihn fragend an. Hans nickt.
Sie sagt: »Sind das die Brausetüten? Darf ich?«
Hans gibt ihr die Tüte, sie geht zum Pförtner und legt sie in die Schiebemulde. Der Pförtner zieht die Lade zu sich und greift wieder zum Telefon.
Die Beamtin kommt zu Hans zurück, sie sagt: »Sie dürfen leider nichts mitnehmen in den Besucherraum. Wir werden uns die Tüten anschauen, und wenn sie in Ordnung sind, dann erhält Frau Kelber sie natürlich.« Hans nickt. Eigentlich könnten ihm die Brausetüten gleichgültig sein, sie waren nur ein Mittel zum Zweck. Und doch hätte er Veronika Kelber gerne eine Freude gemacht. Er folgt der Polizistin in den anderen Teil des Pförtnerhauses. Links von der Treppe befindet sich ein weiterer Raum, sie betreten ihn. Dort steht ein Metalldetektor, wie er an Flughäfen verwendet wird. Ein Beamter instruiert ihn. Hans muss seine Taschen leeren, seinen Mantel und seinen Hosengürtel ausziehen und durch den Detektor gehen. Anschließend tastet der Mann ihn ab und scannt mit einem Handdetektor seine Schuhsohlen. Dann darf Hans seine Sachen wieder an sich nehmen. Als sie fertig sind, verlassen sie diesen Raum und die Polizistin bringt ihn zum rückwärtigen Tor. Sie wendet sich um und schaut zum Pförtner. Fast im selben Augenblick ertönt der Piepton und das Schloss wird entriegelt. Die Beamtin öffnet die Tür und lässt Hans vorbei. Gemeinsam gehen sie auf das dahinterliegende Gebäude zu. Es ist eingerahmt von Laubbäumen, die ihre Blätter schon zum Teil abgeworfen haben. Hans schaut sich um. Jetzt sieht er, dass
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