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Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Titel: Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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Fehler machst, dann sind die Probleme, an denen du arbeitest, nicht schwierig genug. Und das ist ein großer Fehler.«
    Dieser Kleinmut hat nicht nur für den einzelnen Problemflüchtling sein Gutes, sondern auch für ihre Profiteure. Oder glauben Sie, die Strukturvertriebe würden nicht auf Heller und Pfennig einkalkulieren, dass der kleine Strucki seine Oma und die Schwiegermutter akquiriert? Glauben Sie, der Einzelhändler würde nicht die mangelnde Chancenintelligenz der Kunden in Euro umrechnen, bevor er die lila Schokolade bestellt und zum Sonderpreis in die Zeitung setzt?
    Das Prinzip ist immer das Gleiche, unsere Gesellschaft ist ein System, das aus vielen Untersystemen besteht, die nur existieren können, weil manches ungerecht verteilt ist oder Menschen ihre Probleme nicht lösen. Und es ist fast immer so, dass viele dabei draufzahlen und wenige profitieren. In manchen Vertriebsformen ist es augenfällig: Ein bis fünf Menschen werden Multimillionäre, weil sie das Mini-Potenzial der vielen kleinen kurzfristig angeköderten Dealer, die für sie laufen, abschöpfen. Einzeln bringen die vielen kleinen Vertriebler nur wenig, sie sprechen eben die zwei, drei Menschen in ihrer Umgebung an. Aber an die würde die Firma sonst ja auch nicht herankommen. Und die Masse der kleinen Dealer macht dann die Kasse der wenigen an der Spitze der Pyramide. Dabei glaube ich sehr wohl, dass gerade in solchen Vertriebsformen für jeden Einzelnen auch viel zu holen ist, er muss sich eben auch voll und |89| ganz darauf konzentrieren. Deshalb ist das Risiko noch nicht zerstreut, es ist nur größer geworden.
    Zeigen Sie jetzt bitte nicht mit dem Finger auf die Vertriebsformen. Ganz im Gegenteil, das ist die Zukunft. Das Prinzip ist überall, und es kann nur funktionieren, weil die Schlitzohrigkeit Einzelner durch die Problemscheu und die Sonderangebotsaffinität der Vielen noch bei Weitem übertroffen wird. Nein, das ist kein Fall für Moralapostel, denn wir sitzen mittendrin im System der Selbsttäuschung: Fast alle Firmen beispielsweise können nur funktionieren, weil es Menschen gibt, die ihr Ding nicht durchziehen. Da fällt dann immer der Spruch: Es darf nicht nur Häuptlinge geben, sondern es braucht auch die Indianer. So, so.
    Ja, ich glaube, wenn alle Menschen aufhören würden, sich selbst zu täuschen, dann wäre das zwar einerseits eine gute Sache, aber andererseits könnte so unsere Wirtschaft nicht mehr funktionieren, wie sie jetzt funktioniert. Denn dann würde jeder Häuptling werden und keiner würde es mehr zulassen, dass andere sein Potenzial als Indianer abschöpfen.
    Ja, ich weiß natürlich, dass das pointiert ist, was ich da schreibe. Aber ich will versuchen, bei Ihnen etwas anzustoßen. Und wer nie anstößig war, hat auch nie Anstöße gegeben. Sie wissen das sicher differenziert zu betrachten. Ich habe ja auch selbst Angestellte, schätze das Prinzip der Arbeitsteilung im Unternehmen und kann Arbeitnehmer für ihren Beitrag wertschätzen. Mir geht es hier nicht darum, bestimmte Lebenswege abzuwerten, aber darum, einmal hinter die offensichtlich politisch korrekten Ansichten zu blicken, um zu erkennen, was das für einen Menschen im Leben bedeutet, sich legitimerweise für die Arbeitnehmerseite zu entscheiden. Schauen Sie sich die andere Seite an:
    Für jeden Unternehmer ist es wunderbar, dass es genügend Menschen gibt, die keine Führungskraft werden oder gar sich selbstständig machen wollen. Kein Unternehmen kann nur Führungskräfte beschäftigen! Natürlich, die Mitarbeiter, die sich nicht zu einer Führungskraft weiterentwickeln können oder wollen, vollbringen trotzdem gute Leistungen. Und so ein Job ist doch okay, besser als keinen Job zu haben allemal! Und als Selbstständiger hätten sie jetzt womöglich |90| Millionenschulden, wer will das schon? So ein Arbeitsvertrag ist doch wenigstens eine sichere Sache. – Und schon hat der Zweckoptimismus die Menschen wieder eingefangen und hält sie in einem halbgaren Zustand zwischen Zielfokus und Orientierungslosigkeit, mit dem die Abteilung zurechtkommt, das Unternehmen laufen kann und die Wirtschaft sogar 1 Prozent Zuwachs schafft.
    Wie sähe unsere Wirtschaft aus, wenn die Verhältnisse umgekehrt wären? Wenn fast alle Menschen chancenintelligent wären und aufhören würden, sich selbst zu täuschen? Ich kann es mir nicht ausmalen, eine spannende Frage!
    Ich will lediglich zeigen, dass wir in einem Selbsttäuschungssystem leben und uns gut darin

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