Glueckskinder
uns geschähe, gäbe es dieses biochemische Abreagieren nicht! Dann stünden gewissermaßen Gefühle unterschiedlichster Art noch in Bereitschaft, gefühlt und gelebt zu werden, während weitere unentwegt hinzukämen. Wir würden unangemessen, also mit den falschen Gefühlen, auf die jeweiligen Situationen reagieren, wodurch ein Gefühlschaos entstünde. Dieses: »Immer-schön-der-Reihenach-Prinzip« stellt also gleichsam eine ökonomische Sicherheitsmaßnahme dar, es bewahrt uns davor, verrückt zu werden.
Krisenmanagement
Es gibt viele individuelle Wege, Zustände von Ärger oder schlechter Laune zu managen. Kreieren und probieren Sie gern Ihre eigenen aus. Es wird gelingen, wenn Sie einige Dinge dabei berücksichtigen.
Mit unglücklichen Gefühlen gehen wir am besten so um: Wir lassen ein jedes von ihnen vorbeiziehen, wie eine Wolke am Himmel. Je weniger Widerstand wir dabei gegen dieses Gefühl entwickeln, desto schneller wird es vorbeigezogen sein. Erst danach ist der richtige Zeitpunkt, wieder Ordnung in unsere Emotionen zu bringen und kreativ in unsere Gefühlswelt einzugreifen. Nun können wir uns gezielt in ein positives Gefühl hineinversetzen, um sicherzustellen, dass das aktuellste Signal an unsere intelligenten Körperzellen ein positives und erwünschtes ist.
Stellen wir uns vor, wir würden uns unvermittelt über etwas ärgern. Unser Verstand mag uns melden, dass es nicht lohnt, sich über Kleinigkeiten aufzuregen, vielleicht meinen wir sogar, wir hätten gar keinen Grund, uns zu ärgern. Doch der Ärger ist da, hat sich längst verselbstständigt und überkommt uns mit voller Wucht. Hier sind biochemische Abläufe schon mitten in Gang und sie müssen ablaufen, bis sie abgeschlossen sind. Überdies ist eine emotionale Krisensituation ein Zustand, der in uns instinktive und lebensrettende Ordner ganz automatisch öffnet. Zu sehr ähneln sie Situationen, die wir beispielsweise als Urzeitmensch bei der Verteidigung unseres eigenen Lebens oder gar des ganzen Rudels erfahren haben. Die emotionalen Reaktionen darauf sind vollautomatisierte Abläufe, über die wir bis heute verfügen. Sie sichern unser Leben. Auch sie können wir nicht unterbinden. Und sie sind es, die uns in Zuständen schlechter Laune vorsichtshalber mit einer gehörigen Portion Adrenalin ausstatten, mit einer vergrößerten Bereitschaft, uns zu verteidigen und auch anzugreifen. Sie stellen uns eine ausreichende Portion Aggression zur Verfügung, damit wir im äußersten Notfall unser Leben retten können. Um dies so effizient wie möglich zu leisten, werden alle anderen Fähigkeiten, die nicht mit Abwehr oder Verteidigung zu tun haben, kurzzeitig stillgelegt. Sie treten vorübergehend hinter unseren emotionalen Fähigkeiten zurück.
Aus diesen Hintergrundinformationen über unsere schlechte Laune ergeben sich klare Folgerungen:
Alle Situationen, die diesen Mechanismus in uns auslösen, sind anders gesteuert als die alltäglichen Abläufe. Es ist kaum sinnvoll, hier noch vernünftig sein zu wollen. Dies wird nicht wirklich funktionieren, denn wir haben keine Kontrolle darüber. Lehnen wir uns zurück und warten geduldig ab, bis sie vorbei sind.
Warum sich also über Wellen roter Ampelphasen ärgern? Gewiss stehen sie uns pausenlos im Weg und bedrohen den kleinen Neandertaler in uns. Ärgern wir uns also gerne ein wenig und warten wir, bis der Spuk vorbei ist. Haben Sie keine Sorge, Sie werden nicht Ihren Speer zücken und sich zum Mörder dieser elektronischen Verkehrsanlage machen: Auch hier verfügen wir über Schutzmechanismen, die uns vernünftig bleiben lassen. Es ist dann, als würde etwas in uns »Nein« sagen und uns dazu bewegen, aus einer solchen gedanklichen Situation unverzüglich auszusteigen.
Dieses Aussteigen ist es, welches wir uns in sämtlichen Krisensituationen zu Nutze machen können.
Sollten wir vielleicht das nächste Mal beispielsweise in einen Streit mit unserem Partner geraten, dann erinnern wir uns daran, dass wir uns unter Umständen in einer Krisensituation befinden: Zum Zwecke der Verteidigung werden wir aggressiver sein als üblich, und wir laufen Gefahr, jemanden »anzugreifen«, den wir doch lieben.
• Unsere Versuche, zur Vernunft zu kommen, werden scheitern, denn der Neandertaler in uns ist nicht vernünftig, während er sein Leben rettet.
• Einem Gegner hören wir dann auch nicht zu. Wir können nur uns selbst zuhören, haben nur die Verteidigung unserer Position im Kopf.
• In
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