Glücksklee
Glücksgriff getan hatte. Brian war ein Schatz.
Dann blieb sein Blick an ihrem Bauch hängen, und etwas in seiner Miene veränderte sich.
«Ich lege das Gemüse schon mal auf den Grill», sagte er, indem er sich zu Jess umdrehte. Bildete Nina sich das ein, oder lag in seinem Tonfall plötzlich eine leichte Schärfe?
«Ja, lass die hungrigen Mäuler lieber nicht warten», gurrte Jess, aber ihr Lächeln wirkte gezwungen.
Nina schaute in den Garten hinaus, wo die anderen Gäste sich schon versammelt hatten. O Mann, es waren wirklich eine Menge Kinder dabei. Sie erkannte sofort Deirdres Jungs und Emers Amy, aber es waren noch ein paar mehr.
«Jess, ich muss es noch mal sagen, es ist wirklich mutig von dir, dass du dein Haus für so viele Kinder geöffnet hast», scherzte sie.
Brian ging mit einem Tablett voll ungegrillter Hühnchenspieße an ihnen vorbei. «Ja, wenn Jess sich etwas in den Kopf setzt, dann gibt es kein Halten mehr», bemerkte er, und wieder entdeckte Nina eine Spur von Bitterkeit in seiner Stimme. Ihr fiel auf, dass Jess sich an etwas anderem zu schaffen machte und nicht mehr an der Unterhaltung teilnahm.
«Ich finde, Spontaneität hat durchaus etwas für sich», antwortete Nina mit gespielter Munterkeit.
Hier herrschte eindeutig dicke Luft, und trotz der freundlichen Begrüßung fühlte sie sich in der Gesellschaft ihrer neuen Freundin und ihres Mannes jetzt verlegen.
«Na ja, es ist eben eine Party, und nach Partys herrscht immer Chaos, oder?», schaltete Jess sich vergnügt wieder ein.
Schon erschienen weitere Gäste mit ihren Kindern, und Jess empfing sie mit offenen Armen. Nina fiel auf, dass Brian und Jess nur wenig Kontakt hatten. Sie spürte, wie sie selbst sich jedes Mal anspannte, wenn ein Kind in dem schönen Haus ihrer Gastgeber etwas verschüttete. Immer wieder half sie Brian, Flecken vom Teppich zu wischen, oder sie rannte los, um irgendeinen kostbar aussehenden Gegenstand vor winzigen Händen zu bewahren. Jess schien von all dem nichts zu bemerken, genauso wenig wie die Mütter der betreffenden Kleinen.
Eigentlich hatte Nina gar nichts dagegen, sich um den missratenen Nachwuchs zu kümmern. Das war besser, als sich die Zeit mit den Erwachsenen zu vertreiben, von denen einige – vor allem Deirdre und Emer – schlichtweg unhöflich waren.
«Bringst du das hier bitte mal für mich in die Küche?», hatte Emer vorhin gefragt und Nina ihren Teller mitsamt der Reste in die Hand gedrückt. Offenbar erwartete sie hier die gleiche Behandlung wie in Ellas Café, wo Nina sie immer von vorne bis hinten bediente. Allmählich bereute Nina nun doch, dass sie Jess’ Einladung gefolgt war. Jess selbst war ihr gegenüber zwar die perfekte Gastgeberin, aber sie würde bestimmt entsetzt sein, wenn sie erfuhr, dass Deirdre Nina gleich nach ihrer Ankunft gefragt hatte, ob sie für ein bevorstehendes Fest bei ihr zu Hause «zu mieten» sei.
«Ich mache hier keinen Partyservice», hatte Nina erklärt, aber ihre Worte waren auf taube Ohren gestoßen, denn schon kam eine andere Mutter und bat sie, ihrer Tochter Saft zu holen.
«Am liebsten ungesüßt – von Zucker wird Saffy nämlich hyperaktiv.» Nina fragte sich, was dieses aufgedrehte kleine Mädchen wohl schon geschluckt hatte – Speed vielleicht?
Sie konnte sich kaum vorstellen, dass diese Frauen, die so anspruchsvoll waren und gleichzeitig bei ihren Kindern beide Augen zudrückten, irgendetwas mit Jess gemeinsam hatten. Gleichzeitig fühlte Jess sich offensichtlich von dem kinderzentrierten Getue der Mütter eingeschüchtert.
Während Nina in der Küche ein paar Gläser spülte, dachte sie daran, wie es wohl wäre, sich um ihr eigenes Kind zu kümmern. Wieder einmal spürte sie einen Druck in der Brust. Sie konnte es sich einfach nicht vorstellen. Alle Mütter hier hatten Partner und Ehemänner, die ihnen Arbeit abnehmen konnten. Jess und Brian besaßen dieses wunderschöne Haus, führten eine stabile Ehe und hatten ihre guten Jobs und ihren großartigen Lebensstil. Das waren die Leute, die Kinder in die Welt setzen sollten, nicht alleinstehende arme Schlucker wie sie, die keine Bleibe und wenig zu bieten hatten. Doch wie Jess ihr neulich selbst gestanden hatte, ging das Leben eben leider oft seine eigenen Wege.
In diesem Moment kam Brian herein. «Nina, was machst du denn da? Komm nach draußen und trink was mit uns. Die Sonne ist so herrlich.»
«Ach, das macht mir nichts aus. Draußen ist es heute so warm, dass ich mich hier drinnen
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