Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
ausführte und fleißig einen Baum nach dem anderen setzte. Innerlich grinste ich mir einen Wolf…
„Das gibt es doch wohl nicht, Thea. Was ist denn denen in den Sinn gefahren? Erst müssen wir unsere gute alte Hecke au sbuddeln und vernichten und jetzt kommt eine neue, noch höhere Hecke hin? Ich versteh‘ die Welt nicht mehr.“
Ich schon, dachte ich. Sagte aber nichts. Sondern tat auch mehr als erstaunt.
Die Sache mit dem Pokerface hatte ich ja immerhin schon erfolgreich praktiziert, wann immer es darum ging, den Hausbau auf dem Nachbargrundstück zu verheimlichen und die Ahnungslose zu spielen…
Einige der Nachbarn würden sicherlich schier in Ohnmacht fallen, wenn sie MICH als Hausbesitzerin der schicken Hanse-Heim-Villa sehen würden. Wahrscheinlich haben sie die letzten Jahre allesamt gedacht, ich würde Hartz IV beziehen oder sonst irgendwem zur Last fallen, seit mich der angehende Chefarzt sitzen gelassen hatte und ich damit auch gleich meinen Job im Klinikum los war.
Ein Heidenspaß tat sich da auf…
Am Ende würde dann das Gerücht vom Lottogewinn heru mgeistern. Aber das war mir auch egal. Ich allein wusste ja, wo ich das Geld her hatte, das nun bald in dem traumhaften Anwesen nebenan steckte.
An einem trüben Oktobertag klingelte die Postfrau dann bei mir. Ein Einschreiben etwa? Ich wurde leicht nervös, denn ich hatte schon Befürchtungen, ganz gewisse.
„Einschreiben für Thea Sellinger!“, rief die nette Christel in die Sprechanlage und ich legte den fünften Gang ein, um auch gleich das Objekt der Begierde in Händen zu halten.
„Oh, ein Einschreiben für mich? Das ist ja mal ganz was Ne ues…“, versuchte ich cool zu wirken.
„Komisch, in letzter Zeit scheinen Einschreiben wieder echt attraktiv zu werden“, sinnierte die Postfrau und reichte mir einen blütenweißen A4-Umschlag. Ziemlich dick und schwer, befand ich. Fotos? Und wenn ja, wovon – von wem? Ich war schon ganz aufgeregt. Aber dann las ich den Absender: „Hanse-Heim AG“, Flensburg. Ei, ei, ei – das flenst!!!
Püh. Und ich hatte wirklich schon Gemeinheiten à la Thea geahnt. Doch dann fiel mir wieder ein, dass es fast gar nichts gab, womit man mich hätte erpressen können. Außer natürlich diese kleine Sendung mit der höflichen Bitte an Frau Neumeier.
Doch Frau Neumeier war still wie ein tiefer See im dunklen, kalten Winter… Und die neue Hecke machte sich echt prima! Eigentlich sah sie sogar besser aus als unsere alte.
Also las ich, was die „Hanse-Heim“ mir mitzuteilen hatte:
Sehr verehrte gnädige Frau Theodora Sellinger!
Wie versprochen, wird der Martinstag d. J. der Übergabetermin für Ihre stilvolle und hochwertig ausgestattete Hanse-Heim-Villa sein und somit Ihrem baldigen Einzug in ein völlig neues Wohngefühl nichts mehr im Wege stehen.
Die Hans e-Heim AG möchte Ihnen jedoch eine kleine Freude machen und die Woche vor diesem großen Tag so angenehm wie möglich gestalten.
Deshalb erlauben wir uns , Sie mit einem exklusiven Wellness-Urlaub in Bad Kissingen ein bisschen von der bevorstehenden Aufregung abzulenken. Außerdem könnte durch die anstehenden Landschafts- und Gartenbaugestaltungen ein gewisser Lärmpegel hinderlich für Ihre Arbeit als Schriftstellerin sein.
Auch aus diesem Grunde schenken wir Ihnen diese kleine Auszeit. Selbstverständlich ist Ihre gnädige Frau Mutter ebenso unser Gast.
Alle relevanten Informationen finden Sie in dem Umschlag des „Beauty und Wellness Resort FÜRST RACKOZY, Bad Kissingen“.
Wir wünschen Ihnen bereits heute eine gute Anreise, eine harmonische und erholsame Zeit und freuen uns auf die Übergabe der Hanse-Heim-Villa in Groß-Nidda vor Ort am 11. November 2013, 14.00 Uhr.
Herzlichst,
Amadeus Hoferer
Hanse-Heim AG, Flensburg – Niederlassung Bad Offenbach am Main
Die Österreicher mit ihrem Charme! Amadeus Hoferer hatte sich hier schlicht und ergreifend selbst übertroffen…
Ein Träumchen im Dreivierteltakt.
Na, das hatte doch Stil.
Dazu die Anrede: SEHR VEREHRTE GNÄDIGE Frau…!
Und dann auch die Bezeichnung SCHRIFTSTELLERIN. Das war bestimmt noch mehr als „Frau Geheimrätin“ und „Zahnarztgattin“ zusammen, da war ich mir sicher.
Darauf eine Mozartkugel und einen Wiener Melange!
Insgeheim sah ich mich s chon mit einem Fiaker in den Stephansdom fahren, um Amadeus formvollendet zu heiraten: selbstverständlich im Sternenkleid und mit einem langen kunstvoll geflochtenen Zopf,
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