Glücksregeln für den Alltag
kann es so ausdrücken.“
„Denn für mich sind Stärken eher so etwas wie Ehrlichkeit, Wahrheitsliebe und Demut. Daher bin ich nicht sicher, ob ich Ihre Definition verstehe. Beispielsweise habe ich eine kräftige Stimme, eine laute Stimme. Das ist eines meiner Merkmale.“ Er lachte. „Und ich halte hin und wieder Vorträge, bei denen meine laute Stimme zum Einsatz kommt. Ist das dann eine Stärke?“
Also, ich glaube nicht, dass eine laute Stimme notwendigerweise als Stärke betrachtet wird - es sei denn, Sie halten einen Vortrag und es gibt keine Mikrofone“, scherzte ich.
„Da muss ich Ihnen Recht geben“, pflichtete er mir belustigt zu. „Mein Bruder fuhr kürzlich in Urlaub und übernachtete an einem Ort, wo Leute im Nebenzimmer waren, die ihn mit ihren lauten Stimmen die ganze Nacht wach hielten.“ Sein Lachen wurde stärker, während er das erzählte. „Und ich hatte einmal einen Chauffeur, der so laut nieste, dass man es auf der andere Seite des Gebäudes hören konnte. Was kann man also wirklich als Stärke bezeichnen?“
„Nun, um ehrlich zu sein, erinnere ich mich nicht mehr an alle Merkmale auf Seligmans Liste; eine laute Stimme ist nicht notwendigerweise eine Stärke, aber die Fähigkeit, klar und effizient zu kommunizieren, könnte man als Stärke ansehen. Oder ein anderes Beispiel“, fuhr ich fort, in Erinnerung an den niesenden Chauffeur immer noch von Heiterkeit ergriffen, „ich habe bemerkt, dass Sie viel Humor haben und diesen Humor oft geschickt einsetzen, um eine Verbindung zu anderen Menschen herzustellen. Ich denke, das könnte man als Stärke betrachten.“
„Aber das kommt mir eher wie etwas ganz Natürliches vor, eine Eigenschaft, die einfach da ist. Sie stellt sich von selbst ein. Ich entscheide mich keineswegs bewusst dafür, Humor einzusetzen. Diese Auffassung von den Stärken verwirrt mich daher immer mehr.“
„Nun, wir sprechen über Selbsterkenntnis. Und im Augenblick reden wir darüber, wie wichtig es ist, seine natürlichen positiven Eigenschaften und Fähigkeiten zu erkennen und sie anschließend in seiner Arbeit anzuwenden. Und sobald wir unsere ureigenen Stärken herausgefunden haben, können wir versuchen, sie zu intensivieren, sie auszubauen. Auf diese Weise kann ein Mensch seinen Job in eine Berufung verwandeln. Es macht die Arbeit befriedigender, ermöglicht, Erfüllung darin zu finden. Zum Beispiel haben Sie neulich erwähnt, dass die Belehrungen, die Sie in Südindien gegeben haben, ein hartes Stück Arbeit waren. Und ich würde gerne wissen, ob Sie bei solchen Lehren bestimmte Merkmale oder Fähigkeiten einsetzten, und ob Sie durch den Einsatz dieser Fähigkeiten mehr Erfüllung fanden.“
„Ich verstehe“, sagte er. „Ja, in dieser Hinsicht habe ich, glaube ich, eine ganz spezielle Fähigkeit — es ist die Art und Weise, wie mein Geist arbeitet. Ich denke, ich habe die Gabe, einen buddhistischen Text zu lesen, das Wesentliche darin zu erkennen und es gut zusammenzufassen. Ich denke, das hängt teilweise damit zusammen, dass ich diesen Stoff in einen größeren Kontext zu stellen vermag, hauptsächlich aber mit meiner Neigung, den Stoff mit meinem eigenen Leben in Verbindung zu bringen - eine Verbindung zu mir selbst, meinen persönlichen Erfahrungen und meinen Emotionen herzustellen. Selbst bei sehr philosophischen Texten und sehr wissenschaftlichen Themen, ja sogar, wenn es um philosophische Begriffe wie Leere geht, stelle ich, wenn ich Bücher lese, eine Verbindung zu meinen eigenen Erfahrungen her. Ich spalte mein Leben nicht auf in wissenschaftliche Studien und persönliche Erfahrungen - beide hängen zusammen. Ein Stoff oder eine Erörterung sind dann nicht trocken und praxisfern, sondern sie werden zu etwas Lebendigem. Sie werden zu etwas Persönlichem, das mit meinem inneren Erleben verbunden ist. Ist es das, was Sie meinen?“
Plötzlich wurde mir klar, warum er Schwierigkeiten mit dem Begriff hatte, über den wir sprachen. Wir hatten über das Erkennen der eigenen Stärken diskutiert und über das anschließende bewusste Einsetzen derselben in der Arbeit, um zufriedener in seinem Job zu werden und ihn in eine Berufung zu verwandeln — aber sein privates Leben war offenbar so sehr in sein Arbeitsleben integriert, dass es keinerlei Trennung zwischen den beiden gab. Folglich musste er gar nicht versuchen, Strategien zu entwickeln, die ihn glücklicher bei der Arbeit machten. Denn schließlich und endlich behauptete er, er tue „nichts“
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