Glücksspiel der Liebe
Exzentriker gewesen, der ganz offenbar an keiner Absonderlichkeit vorbeigehen konnte. Er hatte Nicholas das Haus samt Inhalt zu einem Wucherpreis verkauft, und der hatte es ohne Profit an Jonathon weitergegeben. Immerhin waren sie nun verwandt.
Allein im Salon standen zwei Sofas und zahllose Stühle, Tische, Standuhren, Statuen und andere Gegenstände, deren beabsichtigte Bestimmung nicht ganz eindeutig war. Das war möglicherweise der absonderlichste Ort, den Jonathon jemals gesehen hatte. Und trotzdem — oder wohl eher genau deswegen — mochte er ihn so.
Die einzigen freien Plätze im Raum waren die, an denen Nicholas ' antikes chinesisches Porzellan gestanden hatte. Die umfangreiche Sammlung war bereits in Kisten verpackt und in der Halle gestapelt. Jonathon hatte Nicholas zwar versichert, er brauche sich keine Sorgen um sein Porzellan zu machen und es bestehe kein Anlass zu übertriebener Eile bei der Räumung des Hauses. Doch Nicholas hatte darauf bestanden, es fachgerecht einpacken zu lassen. Vielleicht hatte er befürchtet, Cavendish könnte auf einen unerwarteten und möglicherweise verhängnisvollen Besuch hereinschneien.
Jonathon durchquerte die Eingangshalle, stieg über die Kisten und ging zur Bibliothek. Obwohl es eigentlich eine Beleidigung für jede echte Bibliothek wäre, diesen Raum als solche zu bezeichnen. Bei den Effingtons waren die Bibliotheken geräumige, ordentliche Zimmer mit eleganten Regalen bis hinauf zur Decke, in denen die Bücher sauber aufgereiht standen. In diesem Haus handelte es sich eher um eine fröhlich voll - gestopfte Höhle. Von den Wänden blickten die Köpfe ausgestopfter Tiere den Besucher an, in den Ecken standen Ritterrüstungen bereit zum Einsatz, Bronzestatuen, Antiquitäten unbekannter Herkunft und uralte Keramiktöpfe waren wahllos im Raum verteilt. Die unordentlichen Bücherregale waren kaum noch zu sehen und bildeten lediglich eine Art schemenhaften Hintergrund für das kunterbunte Durcheinander.
Als er unter den gekreuzten Speeren zweier überlebensgroßer nubischer Statuen hindurch in den Raum schritt, vernahm er hinter sich ein Räuspern.
»Ja, Edwards?« Jonathon blickte über die Schulter zu seinem — besser gesagt Nicholas' — Butler.
Wie das restliche Personal war Edwards eine Leihgabe an Jonathon, bis alle wieder in Nicholas' und Lizzies neuen Haushalt eingegliedert werden konnten. Jonathon war sehr dankbar für dieses Arrangement, da ein Großteil seiner ehemaligen Angestellten von Cavendishs Mutter, einer sehr resoluten Dame, übernommen (eigentlich eher gestohlen) worden war. Gott allein wusste, was mit ihrem eigenen Personal geschehen war.
»Werden Sie heute Abend noch irgendwelche Wünsche haben, mein Herr?«, erkundigte sich Edwards.
»Nein, vielen Dank. Sie können sich zurückziehen.«
»Vielen Dank, Mylord.« Der Butler wirkte erleichtert. Vermutlich war es auch für ihn ein besonders langer Tag gewesen.
»Bevor Sie gehen, möchte ich Sie aber noch etwas fragen. Ich muss gestehen, dass ich neugierig bin.« Jonathon zeigte in den Raum. »Was halten Sie von all dem?«
»Es ist... ungewöhnlich, Sir.«
Jonathon deutete mit dem Kopf auf einen aus einem Hirschgeweih gefertigten Hutständer. »Ungewöhnlich scheint mir beinahe eine Untertreibung. Kommen Sie schon, Edwards, was denken Sie wirklich?«
»Also gut, mein Herr.« Edwards dachte kurz nach. »Ich habe schon Museen besucht, in denen nicht so umfangreiche Sammlungen aufbewahrt wurden.«
»Ich auch.« Jonathon grinste. »Ich schließe daraus, dass Sie nicht vom Vorbesitzer des Hauses engagiert wurden?«
»Nein, Sir. Sir Nicholas stellte mich an«, entgegnete Edwards kühl. »Als er das Haus erwarb, gab es hier kein Personal. Es war jahrelang nicht genutzt worden, da der Besitzer es vorzog, auf dem Land zu leben.«
»Wissen Sie etwas über ihn, Edwards? Ich meine den Vorbesitzer. War er ein Weltenbummler? Oder eine Art Forscher?«
»Ich glaube, Sir, er war einfach nur sehr wohlhabend und hatte einen fragwürdigen Geschmack.«
Jonathon musste lachen. »Mir gefällt es aber. Es ist jedenfalls interessant. Allein diesen Raum zu erforschen, würde schon Wochen in Anspruch nehmen. Ein abenteuerlicher Ort.«
»Lady Langleys Kinder, oder sollte ich lieber sagen, Lady Collingsworths Kinder, schienen Vergnügen daran zu haben.« Ein Hauch von Lächeln umspielte Edwards' Mundwinkel und Jonathon wurde bewusst, dass dieser Mann kein gewöhnlicher Butler war. Er fragte sich, ob er nicht
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