Glücksspiel der Liebe
festlich, wenn auch Jonathon nicht gerade festlicher Stimmung war. Dennoch gab er sich die allergrößte Mühe, seinen eigenen inneren Aufruhr hintanzustellen. Lust, Liebe, Ehe, Freundschaft, seine Gedanken kreisten um nichts anderes. Genauer gesagt kreisten seine Gedanken die meiste Zeit um Fiona. Als hätte sich diese verflixte Frau in seinem Kopt eingenistet und weigerte sich, wieder auszuziehen. Äußerst beunruhigend.
»Deinem Gesicht nach könnte man beinahe meinen, es sei deine eigene Hochzeit und zwar eine, bei der du kein Mitspracherecht hattest.« Thomas Effington, der Duke of Roxborough, reichte seinem ältesten Kind und einzigen Sohn ein Glas Champagner und nippte an seinem eigenen. »Möchtest du erzählen, was dir auf der Seele liegt?«
Dankbar trank Jonathon einen Schluck. »Ich fürchte, meine Gedanken sind einem Anlass wie diesem hier nicht gerade dienlich.« Sein Blick wanderte zu seiner Schwester Lizzie und ihrem neuen Ehemann, Jonathons altem Freund Nicholas. »Aber sie verdienen eine schöne Feier und ich wünsche ihnen alles Glück der Erde.«
Das frisch getraute Paar stand inmitten einer Traube von Gratulanten. Beide hielten ein Champagnerglas in der Hand, strahlten um die Wette und lächelten sich manchmal heimlich und vielsagend an. Am Weihnachtsball hatten sie sich entschlossen, den Rest ihres Lebens miteinander zu verbringen, als sie endlich ihre Differenzen überwunden und einander ihre wahren Gefühle gestanden hatten. Die große Eile ihres Ehegelübdes würde gewiss Klatsch und Tratsch in der Stadt anheizen, doch Jonathon war sicher, dass weder Lizzie noch Nicholas noch sonst jemand in der Familie sich darum kümmern würde. In Wahrheit hätte diese Vereinigung bereits vor zehn Jahren stattfinden sollen, und niemals war die Zusammenführung zweier Menschen so richtig erschienen.
»Glaubst du an Bestimmung?«, fragte Jonathon seinen Vater. »Schicksal? Derlei Dinge?«
»In welchem Zusammenhang? Was Nationen betrifft?« Sein Blick folgte dem seines Sohnes. »Oder Menschen?«
»Mir kommt es so vor, als wären Lizzie und Nicholas schon immer füreinander bestimmt gewesen.« Jonathon warf seinem Vater einen Blick zu. »Hältst du das für möglich?«
»In diesem Fall, ja. Möglich ist es.«
»Aber sie haben es lange nicht bemerkt. Vor zehn Jahren, als Nicholas nach Amerika ging und Lizzie zurückließ, und sie einen anderen heiratete.«
»Häufig sieht man nicht, was man direkt vor Augen hat.« Der ältere Effington lächelte. »Ganz besonders, wenn es um Herzensangelegenheiten geht. Oftmals dauert es länger, als Außenstehende für möglich halten würden, bis man das Offensichtliche erkennt.« Er schwieg einen Augenblick. »Weißt du eigentlich, wie ich deine Mutter dereinst kennenlernte? Ich erhielt die unheilvolle Aufgabe, sie und zwei ihrer Schwestern bei ihrer Einführung in die Gesellschaft zu überwachen.«
Jonathon zog eine Augenbraue hoch. »Ach.«
»Deine Schwestern haben die Geschichte vermutlich bereits gehört. Aber seinem Sohn erzählt man solchen romantischen Unsinn gewöhnlich nicht.« Die Augen des Duke suchten den Raum nach seiner Gattin ab. Selbst in Jonathons Augen war sie immer noch eine schöne Frau. Die Mundwinkel seines Vaters verzogen sich selig. »Ich wollte nichts als ihr einen passenden Ehemann suchen.«
»War auch ein Testament im Spiel?«, murmelte Jonathon.
»Ein Testament?« Der Duke schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte sie einfach nur loswerden und mein eigenes Leben leben.«
Erstaunt sah Jonathon seinen Vater an. »Dann war es nicht von Anfang an Liebe? Ich bin immer davon ausgegangen, dass du vom ersten Moment an wusstest, dass sie die Richtige für dich war. Immerhin ist eure tiefe Zuneigung füreinander nicht zu übersehen.«
»O, ich glaube, ich wusste es schon. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht den geringsten Wunsch zu heiraten. Ich wusste selbstredend, dass es meine Pflicht war; aber damals amüsierte ich mich noch viel zu gut, um mich von einer Frau an die Kette legen zu lassen.« Er warf seinem Sohn einen Seitenblick zu. »Ich denke, du verstehst, was ich meine.«
»Gewissermaßen.« Jonathon lächelte schwach.
»Marianne Shelton war genau die Frau, die ich mir immer gewünscht hatte, doch ich war zu dickköpfig, es mir einzugestehen. Ich musste sie fast verlieren, um wieder zu Sinnen zu kommen. Und dann bedurfte er noch einiger komplizierter und beinahe verheerender Umwege, um sie zu
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