Glücksspiel der Liebe
Tanzpartner gesagt hatte, und Jonathons Herz krampfte sich zusammen. Unterwürfigkeit, Betteln, was auch immer notwendig war, der Preis war nicht zu hoch. »Dann will ich mal keine Zeit verlieren.« Er reichte Judith sein Glas und trat auf die Tanzfläche.
»Sei nicht töricht. Was denkst du dir dabei? Nicht hier, nicht jetzt.« Judith hielt ihn fest und drückte ihm das Glas wieder in die Hand. »Im Augenblick weiß nur eine Handvoll Leute von Fionas Zwangslage und der bevorstehenden Ankunft dieses Amerikaners. Wenn du jetzt durch einen Kniefall die Aufmerksamkeit aller auf euch beide ziehst, rufst du nur Klatsch und wilde Vermutungen hervor. Die Wahrheit würde ans Licht kommen, wie so häufig.«
»Aber die Wahrheit ist doch gar nicht so sehr skandalös. Sie trägt doch keine Schuld an diesem Testament.«
»Nicht diese Wahrheit, sondern dein Plan mit dem Buch. Mit den Aktzeichnungen der jungen Dame. Ganz zu schweigen von all der Zeit, die ihr beiden ohne Anstandsdame miteinander verbracht habt.«
»Aber es ist doch Kunst. Und wenn wir arbeiteten, stand immer die Tür auf, niemals gab es auch nur den leisesten... also ich meine...«
Judith zog ungläubig eine Braue hoch.
»Na gut, vielleicht hast du nicht ganz Unrecht.«
»Außerdem weiß ich nicht, ob du dich jetzt schon erklären solltest.«
»Warum nicht?«
Judith sah ihn mitleidig an. »Sie könnte dir keinen Glauben schenken.«
»Aber sie müsste doch...« Er runzelte ratlos die Stirn. »Warum sollte sie nicht?«
»Hast du Worte benutzt wie Verpflichtung, Verantwortung, Schuldgefühle, ja oder nein?«
»Möglicherweise.« Es quälte ihn, diese besondere Dummheit laut einzugestehen.
»Du kannst jetzt nicht einfach zu ihr gehen und sagen: Ich hatte Unrecht, Fiona, aber ich hab es mir anders überlegt. Ich hätte deinen Antrag annehmen sollen, weil du wahrhaftig die ideale Frau für mich bist.«
»Nein, natürlich nicht«, grummelte er. Obwohl er genau das vorgehabt hatte. »Und warum nicht?«
»Weil sie denken könnte, dass dein plötzlicher Meinungsumschwung nichts mit Gefühlen zu tun hat, sondern nur mit einem übertriebenen Ehrgefühl. Und dann könnte sie beschließen, lieber einen wildfremden Mann zu heiraten, als einen, der sie nur aus Pflichtgefühle heiraten möchte.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, du musst noch einmal von vorne anfangen. Du musst jetzt tun, was du vorher versäumt hast.«
»Und das wäre?«, fragte er vorsichtig.
»Ihr den Hof machen, Jonathon. Sie umgarnen. Mir ist wohl bewusst, dass du so etwas noch nie vor dem Hintergrund ernsthafter Gefühle getan hast. Aber ich weiß, dass du eine Frau betören kannst. Die Rosen waren übrigens schon mal ein guter Anfang. Wenn auch vielleicht ein klein wenig übertrieben.«
»Aber ich habe keine Zeit.« Er winkte ungeduldig ab. »Dieser seltsame Amerikaner kann jede Minute hier eintreffen. Und dann...«
»Und dann?«
»Dann könnte ich sie verlieren, du hast es selbst gesagt.« Er wandte den Blick wieder Fiona zu. Entschlossenheit klang aus seiner Stimme. »Und das werde ich nicht zulassen.«
»Also musst du sie für dich beanspruchen, bevor er es tut. Wie ein zu eroberndes fremdes Land. Deine Flagge aufpflanzen, sozusagen?«
»Etwas unfein ausgedrückt, Judith, aber ja.«
Sie betrachtete ihn kurz, dann seufzte sie. »Du wirst nicht viel Zeit benötigen, um ihr Herz zu erobern.«
Die Musik kam zum Ende und er sah zu, wie Fionas Partner sie von der Tanzfläche geleitete. »Willst du mir damit sagen, dass sie auch etwas für mich empfindet? «
»Ich würde niemals ihr Vertrauen missbrauchen.« Judith war entrüstet. »Allerdings kann ich dir wohl verraten, dass auch sie meinen Rat eingeholt hat.«
» Und? «
»Und ich riet ihr das zu tun, was jede Frau in ihrer Lage tun sollte: Sie solle unwiderstehlich und kokett sein und jeden Mann weit und breit umgarnen. Mit einer Ausnahme.« Judith lächelte ihn strahlend an. »Dir.«
Fiona weigerte sich standhaft, auch nur in Jonathons Richtung zu sehen. Zumindest nicht, wenn die Gefahr bestand, er könnte ebenfalls gerade den Blick auf sie gerichtet haben. Oder besser: Sie mit finsteren Blicken durchbohren. Selbstverständlich wusste sie jederzeit, wo er war. Doch seinem Blick zu begegnen hieße, seine Anwesenheit anzuerkennen, und das beabsichtigte sie zu vermeiden. Darüber hinaus hatte sie Angst, er könnte ihre Gefühle in ihren Augen lesen. Das kam nicht in Frage, denn sie war noch immer mehr als nur ein bisschen
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