Glücksspiel der Liebe
zwischen ihnen gab es nicht das Geringste zu beanstanden. Und dennoch durchflutete sie ein Gefühl von Wärme und Erwartung bei der bloßen Berührung. »Aber Sie können mich gerne Wieheißternoch nennen.«
»Wieheißternoch ist bereits vergeben«, gab sie hochmütig zurück. »So wie ich.«
»Noch nicht«, murmelte er und begann zu tanzen.
Mit einem Schlag war die Welt um sie herum nur mehr ein Rausch bunter Farben, die im Dreivierteltakt der Musik um den Tanzboden herumwirbelten, als seien alle und alles Teil eines prachtvollen Balletts der Schönheit und der Leidenschaft und des Lichts. Die vier Ecken des Bodens wurden begrenzt von großen Palmengruppen, die einen Hauch exotischen Versprechens weit weg vom Hier und Jetzt schufen. Einen Moment lang war es so leicht, ihre Wut auf ihn zu vergessen und sich nur an der Wärme seines Körpers so nah an ihrem zu ergötzen, seine ruhige, feste Hand um ihre zu spüren und sich einzubilden, dass er ebenso tief für sie empfand wie sie für ihn.
Sie verlor sich in der Musik und dem Zauber seiner Umarmung. Als sie den Fehler machte, ihm in die Augen zu sehen, verlor sie sich auch dort.
Bevor sie sich dessen bewusst war, hatte er sie hinter eine der Palmengruppen gewirbelt, die als Abschirmung gegen eine offene Tür diente. Er verlangsamte seine Tanzschritte und zog sie ohne weiteres Zögern aus dem Ballsaal.
»Was machen Sie denn da?« Sie funkelte ihn zornig an.
»Ich muss mit Ihnen sprechen.« Seine Stimme duldete keine Widerrede. »Allein.«
»Es wird auffallen, wenn wir zusammen verschwinden.« Sie blickte über die Schulter, doch die Palmen verbargen sie vor dem Ballsaal und den Besuchern darin. »Es wird Gerede geben, ich bin ruiniert!«
»Bei diesem ungeheuren Andrang wird niemand Ihre Abwesenheit bemerken. Und ich bringe Sie noch vor der nächsten Pause zurück.« Er hielt sie am Arm fest und Widerstand war ganz offensichtlich zwecklos. Sie ließ sich von ihm einen kurzen Korridor entlang führen.
»Sie bringen mich doch wohl nicht in Lady Chesters Bibliothek. Sie scheinen ja wahrlich eine Schwäche für Bibliotheken zu haben. Besser gesagt für geheime Treffen in solchen«, keuchte sie empört.
Er sagte kein Wort.
»Haben Sie auf Lady Chesters Twelfth Night Ball auch jedes Jahr ein Rendezvous mit einer Dame?«
»Seien Sie nicht albern.« Er drückte eine Flügeltüre auf. »Judith hat noch nie zuvor einen Twelfth Night Ball veranstaltet.«
»Ach so, dann findet das jährliche Stelldichein nur in Effington House an Weihnachten statt?«
»Wie bitte?« Er blieb wie angewurzelt stehen und sah sie an. »Woher... hat Oliver das erzählt?«
»Oliver, Lady Chester.« Sie zuckte die Achseln. »Ihre Weihnachtstradition ist nicht gerade ein wohlgehütetes Geheimnis. Außerdem war ich dieses Jahr an Lady Chesters Stelle dort, schon vergessen?«
»Das werde ich niemals vergessen«, murmelte er und ließ ihren Arm los. »Wenn Sie die Bibliothek bevorzugen: Judiths ist klein, aber zweckmäßig. Allerdings dachte ich, das hier würde Ihnen gefallen.«
Erst jetzt nahm sie ihre Umgebung wahr. Es war, als hätte sie einen Garten betreten — einen tropischen Garten. Die Außenwände wie auch die Decke waren aus Glas. Alles war mit dichtem Grün bewachsen. Die Luft war feucht, irgendwo in der Ferne hörte man Wasser rauschen. Gaslaternen beleuchteten den Raum gedämpft, auf dem Fußboden lagen Steinfliesen und über ihren Köpfen funkelten die Sterne.
Fiona stockte der Atem. »Das ist ja...«
»Magie.« Er grinste, als habe er sich das alles persönlich ausgedacht. »Willkommen in Judiths Wintergarten.« Er deutete mit dem Kopf auf einen Pfad. »Sie müssen sich alles ansehen. Irgendwo da dr in gibt es eine Bananenstaude. Ich muss zugeben, ich verstehe fast nichts von Pflanzen, aber Judith spricht unentwegt davon, daher habe ich so das ein oder andere aufgeschnappt. Kommen Sie.«
Er hielt ihr die Hand hm, und nach einem kurzen Zögern legte sie ihre hinein.
Der Pfad war von Palmen und Farnen und fremden Pflanzen gesäumt, die sie nicht kannte. Die meisten davon standen trotz der kalten Jahreszeit in üppiger Blüte. »Judith ließ dies kurz nach dem Tod ihres Gatten erbauen, lange bevor ich sie kennenlernte. Das war vor zehn Jahren. Sie spricht nie von ihm. Zumindest nicht mit mir. Ich stelle mir immer vor, dass sie all ihre Liebe für ihn in diesen Garten steckt.«
Überrascht sah sie ihn an. »Was für ein romantischer Gedanke.«
»Ich habe zahllose
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