Glücksspiel der Liebe
gemeinsam überstehen und unseren Nutzen daraus ziehen.« Als Fiona ihr in die Augen sah, entdeckte sie darin ein verschmitztes Zwinkern. Beide wandten sich von der Orchidee ab.
»Miss Fairchild«, fuhr Judith wieder in normaler Lautstärke fröhlich fort. »Ich glaube, Sie kennen die Contessa Orsetti?«
»Signorina Fairchild!« Die üppige italienische Matrone strahlte und streckte die Hände aus, um Fiona zu umarmen.
»Contessa.« Fiona zwang sich zu einem Lächeln, trat pflichtschuldig auf die ältere Frau zu und ergriff ihre Hände. »Was für eine schöne Überraschung.«
»Meine liebe, liebe Fiona.« Die Contessa riss sie an sich und küsste die Luft auf beiden Seiten von Fionas Gesicht. »Wie prächtig, Sie wiederzusehen. Ich wollte Ihnen längst einen Besuch abstatten, aber man hat ja so viele Verpflichtungen.« Sie seufzte theatralisch und ihr Busen wogte.
»Wie Recht Sie haben«, murmelte Fiona und entwand sich vorsichtig der Umklammerung.
»Sie sehen... anständig aus, nehme ich mal an. In Anbetracht dieses grässlichen Klimas.« Sie blickte zu Judith. »Wie überleben Sie nur dieses trostlose englische Wetter?«
»Eine berechtigte Frage.« Judith lächelte höflich.
Nun wandte sich die Contessa an Jonathon und blinzelte ihn misstrauisch an. »Und Sie sind?«
»Gestatten Sie mir, Ihnen den Marquess of Helmsley vorzustellen, Contessa«, sagte Judith. »Lord Helmsley ist ein sehr alter Freund von mir.«
»Ach ja?« Die Contessa hielt ihm gebieterisch ihre Hand hm.
Höflich ergriff Jonathon sie und hob sie an die Lippen. »Es ist mir ein außerordentliches Vergnügen, Contessa.«
»Lord Helmsley war so freundlich, Miss Fairchild meine Orchideen zu zeigen, bis ich mich von meinen anderen Gästen freimachen konnte.« Als sei es das Natürlichste auf der Welt, eine unverheiratete junge Dame und einen Gentleman ohne Anstandsdame irgendwohin zu schicken. »Miss Fairchild interessiert sich sehr für meine Orchideen und Lord Helmsley ist eine Art Hobbybotaniker.«
»Ein Botaniker?« Die ältere Dame musterte ihn, als glaubte sie Judith kein Wort. »Sie sehen gar nicht so aus.«
»Der äußere Schein kann trügen«, gab er liebenswürdig zurück.
»Hmpf.« Der zarte Schnurrbart auf der Oberlippe der Contessa bebte. »Dann erzählen Sie mir doch, Lord Helmsley, welches Ihre Lieb li ngsorchidee ist?«
»Meine liebste?«, begann er langsam. Es war schmerzlich offensichtlich, zumindest für Fiona, dass Jonathon abgesehen von der Zygopetaion keine Blüte von der anderen unterscheiden konnte.
»Ja, ja, welche Ihnen am besten gefällt.« Die Contessa wedelte ungeduldig mit der Hand. »Sagen wir einmal, von diesen dort.«
»Es ist so schwierig, sich für eine zu entscheiden.«
»Tun Sie Ihr Bestes.« Die Italienerin klappte ihren Fächer auf. »Rasch, rasch, welche ist es?«
»Wenn ich mich unbedingt entscheiden muss...« Er hielt inne, als dächte er intensiv nach. »Dann würde ich sagen die CoLumnea schiedeana hinter Ihnen. Sie stammt aus Mexiko.«
Fiona starrte ihn fassungslos an. Wie machte er das nur?
»Und übrigens auch einer meiner Lieblinge.« Judith lächelte Jonathon anerkennend an, was Fiona einen winzigen Eifersuchtsstich versetzte. Das war natürlich lächerlich, Judith gewährte Fiona ja jegliche Unterstützung. Dennoch — sie und Jonathon waren solche gute Freunde.
»Die Contessa wünschte den Wintergarten zu besichtigen«, erklärte Judith Fiona. »Und da ich dich ohnehin hier treffen wollte, brachte ich sie einfach mit.«
»Und es kommt noch besser.« Die Contessa quetschte Fionas Hand verschwörerisch. »Ich habe noch jemanden mitgebracht. Sie werden begeistert sein.« Sie wandte sich um und rief: »Bernardo!«
Fiona stöhnte innerlich auf. Bitte nicht Bernardo, Conte Orsetti. Das Letzte, was sie sich in diesem Moment wünschte, war diese unerwartete Begegnung. Wo sie und Jonathon doch endlich eine Art Verständigung erreicht hatten. Sie erwog kurz eine hastige Flucht, doch der einzige Ausweg führte an der Contessa und ihrem Sohn vorbei. Verstecken konnte man sich vermutlich auch nicht besonders gut hier.
»Signorina Fairchild! Bella, bellissima Fiona!«
Conte Orsetti schob seine Mutter beherzt beiseite in seiner Eile, zu Fiona zu gelangen. Die Contessa schien nichts dagegen zu haben. Er riss Fionas Hände an sich und führte sie an seine Lippen, während er einen endlosen Strom italienischer Worte ausstieß, wie sehr er sie vermisst hatte und wie wunderbar ihre Augen waren
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