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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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wir
März haben und ich bald in kurzen Sachen neben dir herfahren darf.«
    »Depp!«
    »Das stimmt.
Ich bin ein Depp, und was für einer. Solltest du deshalb keine Lust mehr haben,
mit mir durch den Wald zu eiern, fände ich das absolut nachvollziehbar. Bedauerlich,
aber nachvollziehbar. Um das zu vermeiden, könnte besagter Depp dir allerdings ein
Sorry anbieten. Für sein Deppendasein. Und falls du dich durch sein Verhalten in
irgendeiner Weise übergangen fühlst. Oder herabgesetzt. Oder gekränkt.« Ich machte
eine Pause. »Soll er?«
    Sie sah
starr geradeaus. Wenn mich nicht alles täuschte, wurde sie einen Tick schneller.
    »Gut«, sagte
ich. »Dann sorry.«
    »Nun hör
schon auf«, murmelte sie.
    Anschließend
herrschte erneut Schweigen zwischen uns. Katinka mit ihren kraftvollen, raumgreifenden
Schritten gab das Tempo vor; ich passte mich an. Wir erreichten eine asphaltierte
Waldstraße, auf der es sich wie von selbst rollte. Dann ein allmählicher Anstieg,
rechts und links immer wieder Jägersitze, ein eingezäuntes Wildgehege. Katinkas
Schritte auf dem harten Untergrund, ein leises Schmatzen, wenn ich durch eine Pfütze
fuhr, dazu unser Atem – das waren die einzigen nennenswerten Geräusche ringsum.
Nur bei Schnee präsentierte sich der Odenwald noch stiller als jetzt.
    Kaum hatte
sich dieser Gedanke in meinem Hirn geformt, wurde er auch schon ad absurdum geführt.
Etwa 100 Meter vor uns beschrieb der Weg eine Kurve, und um eben diese Kurve kam
ein Köter geschlichen. Als er uns sah, blieb er stehen und bellte los, nein: heulte
auf vor Blutgier. Dann stürmte er auf uns zu. Ich hatte erst einmal, vor vielen
Jahren, unangenehme Bekanntschaft mit einem Rottweiler gemacht, der es beinahe geschafft
hätte, mich vom Rad zu holen, aber diese Begegnung hatte mir gereicht. Während Katinka
stehen blieb und regungslos zusah, wie der rostbraune Torpedo auf uns zuschoss,
sprang ich vom Rad und packte es mit beiden Händen. Eine Hand am Lenker, die andere
an der Sattelstütze. Als uns noch zwei Meter von den Reißzähnen des Viehs trennten,
schlug ich ihm das Hinterrad direkt vor die Schnauze. Der Hund jaulte auf und suchte
mit eingeklemmtem Schwanz das Weite.
    Heftig atmend
setzte ich das Rad ab. Katinka sprach kein Wort.
    Erst jetzt
sah ich den Mann, der in der Kurve aufgetaucht war. Der Hund rannte auf ihn zu und
verkroch sich hinter seinen dicken Beinen.
    »Sind Sie
wahnsinnig?«, brüllte der Mann, dass die kahlen Zweige ringsum zu zittern begannen.
»Ich zeige Sie an, Sie Tierquäler!«
    Fast hätte
ich mich umgedreht, um zu sehen, wen er meinte. Ich ein Tierquäler? Eher hätte er
mich Prinz nennen sollen, der einer Prinzessin, die keine Prinzessin sein wollte,
das Leben gerettet hatte. Und wenn dabei ein Kötergebiss draufging – na, und? Schon
mal was von Notwehr gehört?
    Unter wüsten
Beschimpfungen kam der Hundebesitzer näher. Selbst sein Waldi traute sich wieder
ins Freie und knurrte zustimmend. »Brutales Schwein!«, gellte es durch den Winterwald.
Ich war fassungslos. Der Kerl meinte tatsächlich mich! Erst ließ er seine B-Waffe
frei herumstreunen, und wenn man sich seiner Haut wehrte, wünschte er einem den
Tod an den Hals.
    »Hier, halt
mal«, sagte ich zu Katinka und drückte ihr mein Rad in die Hand.
    »Lass das,
Max!«
    Lassen?
Ich? Genauso gut hätte sie einem Felsbrocken befehlen können, er solle Walzer tanzen.
Das hier war eine Sache zwischen Männern. Zwischen mir und meinem Feind, diesem
Odenwaldpitbullproleten, der just in dieser Sekunde sein Daseinsrecht verwirkt hatte,
da konnten Prinzessinnen mit Bubifrisur noch so seufzen und die Hände ringen. Keine
Chance.
    Ich war
schon einige Meter auf dem Weg zur Walstatt vorangekommen, als ich hörte, wie Katinka
in meinem Rücken aufs Rad stieg und ein »Dann viel Spaß!« murmelte.
    Das brachte
mich zur Besinnung.
    Denn erstens
hatte ich keine Ahnung, wo im Niemandsland zwischen Schönau, Wilhelmsfeld und Ziegelhausen
wir uns gerade befanden. Vielleicht schon auf dem Weg nach Heiligkreuzsteinach,
also kurz vor der hessischen Landesgrenze. Ohne Katinka würde ich kaum zurück an
den Neckar finden, und ohne Rad, auf zwei Beinen also, erst recht nicht. Ob mir
zweitens diese Beine für den Heimweg noch zur Verfügung standen, war angesichts
der zähnefletschenden Bulligkeit meines Kontrahenten fraglich – und drittens mutierte
jetzt auch Waldi wieder zum Zerberus, als er sah, dass sich die gegnerischen Truppen
halbierten.
    Ja, vielleicht
war es

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