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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Angestelltenstuhl ein wenig breiter sitzt!
    »Joggen
könnte ich auch mal wieder«, seufzte Christine, offenbar mit der Gabe des Gedankenlesens
gesegnet.
    »Ich nicht«,
knurrte ich. »Wozu hat der Mensch wohl das Rad erfunden?«
    »Um andere
Menschen damit zu überfahren vielleicht? Um vor ihnen flüchten zu können? Um sie
darauf zu flechten, wie im Mittelalter? Komisch, dass mir spontan nur negative Eigenschaften
dazu einfallen.«
    Ja, komisch.
Als ich eine Stunde später mein komplettes Büro, vom Computer bis zum Feldbett,
mit einer feinen Koller’schen Schweißschicht überzogen hatte, fiel mir auch keine
positive Eigenschaft mehr ein. Höchste Zeit, dass der Frühling kam und ich mich
draußen austoben konnte.
    Andererseits
fühlte ich mich nach diesem unappetitlichen Intermezzo wieder fit für das, was mein
Beruf an weiteren Herausforderungen bereithielt. Körper und Geist, hieß es nicht
so? Einen kompletten Nachmittag verbrachte ich mit Recherchen über die Frage, wer
von einem Startverzicht Katinkas profitierte. Nachforschungen, die nur zu einem
Teil auf Eigeninteresse beruhten. Nachdem sich Kommissar Fischer behördlicherseits
für nicht zuständig erklärt hatte, war Dr. Eichelscheid an mich herangetreten. Ob
ich nicht quasi und gewissermaßen die Polizeiarbeit übernehmen könne. Irgendjemand
müsse doch ermitteln!
    Genau so
erzählte ich es dem Kommissar.
    »Die Polizeiarbeit?«,
bellte Fischer in den Hörer. »Sie? Das ist erstens lächerlich und zweitens eine
Unverschämtheit!« Er bekam einen sturzbachartigen Hustenanfall, der nur durch schnelles
Eingreifen eines seiner Mitarbeiter einzudämmen war. Ich hörte, wie harte Polizeihände
den alten Kommissarsrücken bearbeiteten. »Schon gut«, röchelte Fischer, »es ist
vorbei. Nun lasst mich doch, verdammt noch mal …«
    »Soll ich
später anrufen? Passt es dann besser?«
    »Auf keinen
Fall!« Fischers Wut hatte sowohl die Hustenattacke als auch das Getrommel seiner
Untergebenen heil überstanden. Wortreich und dezibelstark zog er über die Großkopferten
dieser Welt her, über Dr. Eichelscheid, diesen pseudoonkelhaften Arbeitsplatzvernichter,
über Harboth mit seinen schlüpfrigen Beziehungen zur Stadtspitze, und wie diese
Funktionäre, Bosse und Feierabendpolitiker alle hießen.
    »Beeindruckend,
Herr Fischer. Pseudoonkelhaft ist wirklich gut. Darf ich das bei nächster Gelegenheit
zitieren? Und um welche Schlüpfrigkeiten geht es da im Detail?«
    Prompt bekam
auch ich mein Fett weg. Der halbseidene Privatflic, der so gern von seiner Unabhängigkeit
schwafelte, in Wahrheit aber bloß die Marionette, korrigiere: die verwurmte Marionette
der ewig gleichen Taschenspieler war.
    »Wie bitte?«
    »Hören Sie
auf! Sie hängen Ihr Fähnchen auch nur in den Wind!«
    »Was sind
denn das für kommunistische Anwandlungen? Von einem Beamten wie Ihnen hätte ich
das nie erwartet, Herr Fischer.« Das brachte ihn erst recht zum Schnauben und Fluchen
und Zetern – war ja auch so gedacht. Allerdings fragte ich mich die ganze Zeit,
was er mit »verwurmt« meinte. Hätte »Marionette« nicht gereicht?
    Ein paar
Minuten und Zornesausbrüche später war der Kommissar endlich in der Lage, seine
Aversionen gegen meine Auftraggeber in einen akustisch wie grammatikalisch akzeptablen
Satz zu gießen. Es fuchse ihn nun mal, knurrte er, dass solche Leute meinten,
sie müssten nur mit den Augen zwinkern, und schon stehe der gesamte Polizeiapparat
der Stadt Gewehr bei Fuß.
    » Solche Leute«, sprach ich ihm nach, ohne dass ich auch nur annähernd so verächtlich geklungen
hätte wie er.
    »Glauben
Sie nicht«, fuhr er fort, »ich nähme diese Sache auf die leichte Schulter. Das lasse
ich mir nicht unterstellen! Ich bin sogar sicher, dass wir von dem Herrn aus Karlsruhe
noch etwas hören werden. Mit einem unverbindlichen Ratschlag während eines Sportfests
und ein paar Flugtickets ist es ja nicht getan. Aber solange keine direkte Gefahr
besteht, solange keine Drohung ausgesprochen wurde, kann und darf ich nicht tätig
werden. Das wissen diese beiden, der Eichelscheid und der Harboth, natürlich ganz
genau. Und was schert sie es? Nichts, Herr Koller! Die denken, sie müssten bloß
in Erscheinung treten und uns mit ihrer Unersetzlichkeit für die Region kommen,
dass hier alles nach ihrer Pfeife tanzt. Nicht mit mir, junger Mann! Nicht mit mir.«
    »Mit mir
doch auch nicht«, versuchte ich es auf die versöhnliche Tour. »Trotzdem werde ich
mich um die Sache kümmern müssen.

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