Glueckstreffer - Roman
nicht, ob sie sich über die Zeilen aufregen oder lachen sollte. »Mach dir keine allzu großen Hoffnungen. Alles ist vergänglich.«
Teil II –
Der Anfang
Kapitel 7
Du wirst die Liebe deines Lebens treffen.
Aber Vorsicht: So mancher Treffer geht daneben.
Oktober 2007
»Das darf nicht wahr sein«, stöhnte Garrett am Telefon. »Du machst Witze, oder?«
Am anderen Ende der Leitung klang Olivia DeMattio in ihrem Zuhause in Seattle übermütig wie ein junges Mädchen. DeMattio war der Name ihres zweiten Ehemannes. Ihre erste Ehe hatte kaum den ersten Hochzeitstag überdauert. Obwohl sie den Klang ihres Familiennamens mochte, hatte sie ihren Vornamen immer gehasst – vielleicht weil ihn nie jemand korrekt benutzt hatte. Ken DeMattio, ein Buchhalter bei Microsoft, seit sechzehn Jahren ihr Ehemann, nannte sie gelegentlich Liv. Oder Sugar, Cookie, Sugar Cookie. Am liebsten nannte er sie Cookie Sheet. Freunde auf dem Polizeirevier nannten sie gelegentlich Livie. Außer sie waren auf Streife, dann war sie als Einsatzleiterin der Dispatcher. Selbst ihre Mutter, der sie den Namen Olivia verdankte, hatte sie ausschließlich Olive gerufen, was der heranwachsenden Olivia beinah körperliche Qualen bereitet hatte. »Meine Tochter Olive«, pflegte ihre Mutter zu Freunden zu sagen, »ist ein sehr eigenwilliges Geschöpf. Weder Fisch noch Fleisch, eher ein süßsaures Früchtchen.«
Garrett nannte Olivia nie bei ihrem Rufnamen. Für ihn war sie schlicht Mom.
»Ach komm schon, Garrett. Tu doch nicht so desinteressiert.«
Garrett ließ sich mit der Antwort Zeit. »Hört sich aber ganz nach einem Blind Date an. Und du weißt, dass ich so etwas hasse.«
»Warum sollte das ein Blind Date sein? Weil sie nicht weiß, wer du bist? Pah! Und selbst wenn es ein Blind Date wäre – was es nicht ist –, ist so eine Verabredung immer noch besser als gar keine, oder?« Olivia hielt kurz inne. »Und wer weiß? Vielleicht findet ihr beide ja Gefallen aneinander. Ich meine, wir wissen immerhin, dass ihr einiges gemeinsam habt.«
»Ich fasse es nicht! Zuerst war’s nur ein Blind Date, und jetzt verkuppelst du mich im Geiste schon mit einer Frau, die ich überhaupt nicht kenne.«
Am anderen Ende der Leitung war es plötzlich still. »Du lässt dir diese Gelegenheit also entgehen?«
Garrett nahm den Hörer kurz vom Ohr, um seiner Sprechstundenhilfe ein paar Anweisungen zu geben.
»Also gut«, sagte er schließlich widerwillig in die Sprechmuschel, als seine Mitarbeiterin wieder außer Hörweite war. »Ich gehe hin. Aber rechne nicht damit, dass etwas dabei herauskommt. Ich mache es aus purer Neugier. Es ist nur eine unverbindliche Verabredung zum Abendessen. Nicht mehr.«
»Wie du meinst, Garrett.«
»Gut. Ich hoffe, wir haben uns verstanden. Weiß Sophie über mich Bescheid?«
»Nur das, was ich Ellen auf der Arbeit erzählt habe. Und das ist nicht viel.«
»Kannst du mir etwas über sie sagen?«
Olivia dachte nach. »Mir fällt nichts ein, was du nicht schon wüsstest. Aber ich habe heute Fotos gesehen.«
»Und?«
Olivia schnaubte verächtlich. »Wart’s ab. Bild dir selbst ein Urteil.« Sie zögerte. »Aber – Garrett?«
»Ja?«
»Vergiss bitte eines nicht: Nicht Äußerlichkeiten, sondern innere Werte zählen.«
Er kannte den Spruch. Wann immer sie auf das Thema Mädchen zu sprechen kam, ließ Garretts Mutter keine Gelegenheit aus, ihm einzubläuen, dass es beim weiblichen Geschlecht vor allem auf den Charakter ankam.
Olivia selbst war nie eine Schönheit gewesen. Garrett war sicher, dass sie sich für eine Frau mit eben jenen viel gepriesenen inneren Werten hielt.
»Keine Angst«, versprach er. »Ich bin nett zu ihr. Egal wie sie aussieht.«
Garrett ahnte, was jetzt kommen würde. Olivias Schweigen war beredt genug.
»Du bist ein guter Junge, Garrett.«
»Ich bin längst kein Junge mehr, Mom.«
»Du weißt genau, wie das gemeint war.«
»Ich muss jetzt Schluss machen. Kannst du mir die Einzelheiten per E-Mail schicken?«
»Nein. Ihr trefft euch am Freitagabend um sieben Uhr. Das solltest du dir auch ohne E-Mail merken können. Sie möchte nicht abgeholt werden. Sag mir einfach, wo du sie erwartest, dann gebe ich das an Ellen weiter.«
»Da ist ein netter Kentucky Fried Chicken unweit …«
»Garrett!«
»Schon gut. Wie wär’s mit der Space Needle ? Ich bin bislang zwar immer nur wegen der Aussicht oben gewesen, aber das Restaurant soll ganz ausgezeichnet sein.«
»Das hört sich schon besser an.
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