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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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Traum gewesen waren. Sie sah sich gezwungen, wegen der Bissspur ein altes schiefergrau und marineblau gestreiftes Promenadenkleid zu tragen, eines der wenigen Kleidungsstücke ihrer Garderobe, das hochgeschlossen war. Sie entschied, dass es das Beste war, Ivy nichts von dem blauen Fleck zu erzählen, zumal sie ihr dann hätte erklären müssen, warum es Lord Maccon unmöglich war, ihr jemals einen richtigen Werwolfsbiss zu verabreichen.
    Miss Hisselpenny lief tomatenrot an, aber sie wollte immer noch mehr wissen. »Warum hat er so etwas wohl getan, was glaubst du?«
    »Ich denke, dass Zungen bei einer solchen Betätigung oft zum Einsatz kommen.«
    Ivy ließ sich nicht abbringen. »Du weißt, was ich meine. Warum hat er dich überhaupt geküsst? Und das auch noch auf einer öffentlichen Durchgangsstraße!«
    Miss Tarabotti hatte sich über diese Frage schon den ganzen Morgen den Kopf zerbrochen. Aus diesem Grund war sie während des Familienfrühstücks für sie untypisch still gewesen. Bemerkungen ihrer Schwestern, die ihr am Vortag noch scharfe Kommentare entlockt hätten, nahm sie ohne das kleinste Murmeln zur Kenntnis. Sie war so ruhig gewesen, dass ihre Mutter sie tatsächlich besorgt gefragt hatte, ob sie sich vielleicht nicht wohlfühle. Alexia hatte dies bejaht, was ihr einen Vorwand gab, an diesem Nachmittag nicht mit den anderen auszugehen, um Handschuhe zu kaufen.
    Sie sah Ivy an, ohne sie wirklich wahrzunehmen. »Ich muss zu dem Schluss kommen, dass es nur dazu dienen sollte, mich zum Schweigen zu bringen. Ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen. Wie du schon sagtest, wir können einander ganz und gar nicht ausstehen, und das schon, seit er sich auf diesen Igel gesetzt hat, wofür er mir immer noch die Schuld gibt.« Aber in Miss Tarabottis Stimme lag nicht das gleiche Maß an Überzeugung, das sie ansonsten zu diesem Thema zu äußern pflegte.
    An jenem Abend, bei einer großen Dinnerparty bei Lord Blingchester, vermied es Lord Maccon geflissentlich, mit Alexia zu sprechen. Darüber war Miss Tarabotti äußerst verstimmt. Sie hatte sich mit besonderer Sorgfalt zurechtgemacht. In Anbetracht der offensichtlichen Vorliebe des Earls für ihre Figur hatte sie ein Abendkleid in sattem Rosé mit einem gewagt tiefen Ausschnitt und einer nach der neuesten Mode kleinen Tournüre gewählt. Sie hatte das Haar so frisiert, dass es ihr seitlich über die Schulter fiel und den Bissabdruck am Hals verdeckte, was stundenlanges Hantieren mit dem Lockeneisen bedeutet hatte. Ihre Mama hatte sogar angemerkt, dass sie für eine alte Jungfer sehr gut aussah.
    »Natürlich können wir gegen die Nase nichts machen, aber ansonsten siehst du recht apart aus, meine Liebe«, hatte sie gesagt, während sie sich ihr eigenes winziges Exemplar gepudert hatte.
    Felicity hatte sogar verlautbaren lassen, das Kleid passe farblich recht gut zu Alexias Teint, und ihr Tonfall hatte durchblicken lassen, dass jede Farbe, die mit Alexias olivfarbener Haut harmonierte, ein Wunder allererster Güte darstellte.
    Das alles jedoch war vergebliche Liebesmühe gewesen. Selbst wenn Alexia wie ein Landstreicher ausgesehen hätte, Lord Maccon hätte es nicht bemerkt, davon war sie überzeugt. Er begrüßte sie mit einem beschämten »Miss Tarabotti« und schien dann aus Verlegenheit nicht mehr weiterzuwissen. Er schnitt sie nicht direkt oder deutete irgendetwas an, das ihrer gesellschaftlichen Stellung nicht gerecht war; er schien ihr schlicht und einfach nichts zu sagen zu haben. Absolut nichts. Den ganzen Abend lang. Alexia wünschte sich beinahe, sie würden sich wieder in den Haaren liegen.
    Schließlich fühlte sie sich zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass er sich schämte, sie überhaupt geküsst zu haben, und dass er hoffte, sie würde vergessen, dass es je geschehen war. Jede wohlerzogene Dame hätte genau das getan, Alexia hingegen hatte die Erfahrung genossen und wollte sich die Erinnerung daran nicht verbieten, wie es sich eigentlich gehörte. Dennoch musste sie aus Lord Maccons Verhalten schließen, dass all die angenehmen Empfindungen gänzlich einseitig gewesen waren und dass Lord Maccon nichts anderes als den brennenden Wunsch verspürte, sie nie wiederzusehen. In der Zwischenzeit behandelte er sie mit schmerzhafter Korrektheit.
    Nun, dachte Miss Tarabotti, was hatte sie auch erwartet? Sie war nichts weiter als eine seelenlose alte Jungfer, der es sowohl an Zartgefühl als auch an Anmut mangelte. Und Lord Maccon war ein Mitglied des

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