Gluehende Dunkelheit
Sonnenschirm auf die Birne zu geben? Ich wäre in dieser Hinsicht lieber vorsichtig, wenn ich Sie wäre. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie ihn maßanfertigen und die Spitze mit Silber versehen hat lassen.«
Lord Maccon wirkte gereizt. » Ich meine , wie zum Beispiel zu versuchen, mit mir zu reden. Oder vielleicht einfach gar nichts zu sagen, sondern mich einfach irgendwohin zu schleifen, wo es dunkel ist und …« Er schüttelte sich wie ein nasser Hund. »Aber nein, stattdessen lässt sie mich völlig links liegen. Nicht einmal ein einziges Wort. Ich glaube, es hätte mir mehr zugesagt, sie hätte mich angeschrien.« Er verstummte kurz und nickte dann wie zu sich selbst. »Ich weiß, das gefiel mir besser.«
Seufzend legte Professor Lyall die Feder nieder, um seinem Rangoberhaupt die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden. Normalerweise war Lord Maccon nicht so begriffsstutzig. »Alexia Tarabotti verhält sich nun mal nicht entsprechend der Rudeldynamik. Sie allerdings führen das traditionale Ritual zur Werbung um ein Alphaweibchen aus. Sie folgen damit Ihrem Instinkt, aber wir befinden uns in einem modernen Zeitalter. Viele Dinge haben sich geändert.«
»Diese Frau«, zischte Lord Maccon, »ist definitiv eine Alpha und ganz gewiss weiblich.«
»Aber keine Werwölfin.« Professor Lyalls Tonfall war ärgerlich ruhig.
Lord Maccon sah mit einem Mal niedergeschlagen aus. »Bin ich mit der ganzen Situation etwa völlig falsch umgegangen?«
Professor Lyall besann sich auf die Herkunft seines Alphas. Er mochte zwar ein relativ alter Werwolf sein, aber er hatte lange Zeit in einem kaum aufgeklärten Provinznest in den schottischen Highlands verbracht. Die gesamte feine Gesellschaft Londons betrachtete Schottland als ein barbarisches Fleckchen Erde. Die Rudel dort kümmerten sich wenig um die gesellschaftlichen Feinheiten des Tageslichtvolks. Highland-Werwölfe standen in dem Ruf, abscheuliche und unvertretbare Dinge zu tun, wie etwa Smokingjacken an der Dinner-Tafel zu tragen. Schon bei der bloßen Vorstellung lief Lyall ein Schauer von amüsiertem Entsetzen über den Rücken.
»Ja, Sie haben sich – ich wage es zu behaupten – schlecht benommen. Ich schlage eine wohlformulierte Entschuldigung und ausgedehntes, unterwürfiges Katzbuckeln vor«, sagte der Beta. Seine Miene blieb sanft, doch der Ausdruck in seinen Augen war hart wie Stein. Sein Alpha würde kein Mitleid bei ihm finden.
Lord Maccon richtete sich kerzengerade auf. Er hätte seinen Stellvertreter überragt, selbst wenn Lyall nicht gesessen hätte. »Ich bin kein Katzbuckler!«
»Man kann Zeit seines Lebens viele neue und interessante Fähigkeiten erlernen«, entgegnete Professor Lyall unbeeindruckt von der Drohgebärde.
Lord Maccons Miene spiegelte seinen inneren Aufruhr wider.
Professor Lyall zuckte mit den Schultern. »Nun, dann sollten Sie am besten aufgeben. Ohnehin habe ich Ihr Interesse an der jungen Dame von Anfang an nie ganz verstanden. Ich bin überzeugt, dass der Diwan zu einer ungenehmigten Intimität zwischen einem Werwolf und einer Außernatürlichen eine Menge zu sagen hätte, auch ungeachtet Ihres Fehlverhaltens gegenüber Miss Tarabotti.« Natürlich reizte er damit seinen Alpha, was vielleicht nicht unbedingt klug war.
Lord Maccon lief rot an und schäumte. Er musste sich eingestehen, dass er sein Interesse an ihr selbst nicht ganz begreifen konnte. Da war einfach etwas an Alexia Tarabotti, das sie unglaublich anziehend machte. Vielleicht war es der Schwung ihres Halses oder das verstohlene Lächeln, das sie manchmal zeigte, wenn sie sich stritten, und das möglicherweise ein Hinweis darauf war, dass sie ihn einfach nur aus reinem Spaß provozierte. Soweit es Lord Maccon betraf, war nichts schlimmer als eine schüchterne Frau. Er neigte oft dazu, den Verlust all dieser handfesten Highland-Mädchen seiner verschwendeten Jugend zu beklagen. Alexia, so hatte er oft das Gefühl, würde recht gut zu der rauen schottischen Kälte passen, gehüllt in einen Plaid. War das etwa die Quelle dieser Faszination? Alexia im Plaid? Sein Verstand führte dieses Bild noch ein oder zwei Schritte weiter, indem er ihr erst das wollene Umhangtuch aus- und sie dann daraufzog.
Mit einem Seufzen setzte er sich an seinen Schreibtisch.
Für gut eine halbe Stunde herrschte Schweigen. Nichts störte die Stille der Nacht außer dem Rascheln von Papier, dem Klimpern von Metallplatten und einem gelegentlichen Schlückchen Tee.
Schließlich blickte Lord
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