Glut der Gefuehle - Roman
Augen verloren.«
»Wie mir zu Ohren kam, hält man den Earl von Northam für den Gentleman-Dieb«, warf sie in möglichst neutralem Ton ein.
»Northam? Der war gar nicht da.« Nach einer kurzen Pause stellte er seine Tasse auf den Tisch ab. »Aber seine Frau ist erschienen. An Southertons Arm.«
Als India blinzelte und etwas Farbe in ihre Wangen zurückkehrte, verdrehte Margrave die Augen.
»Endlich zeigst du Emotionen! Und ich hatte schon gefürchtet, ich könnte dich niemals aus der Fassung bringen. Dass ich dazu einfach nur eine andere Frau erwähnen muss, ist wirklich zu banal, meine Liebe, und das gereicht dir wahrlich nicht zur Ehre. Eifersucht ist deiner
unwürdig. Natürlich bist du Lady Northam in keiner Weise ebenbürtig. Und wenn sie dem Viscount Southerton gefällt – je eher du deine Schwäche für ihn überwindest, desto besser.« Spöttisch lächelte er ihr zu. »Bin ich gerade noch rechtzeitig aufgetaucht, um dich vor dir selbst zu retten?«
»Sie ist die Countess von Northam und die Tochter des Earls von Rosemont«, betonte sie. »Also bin ich ihr ganz sicher nicht gleichgestellt. Das weiß ich. Du hättest es mir nicht unter die Nase reiben müssen. Und falls du glaubst, ich würde eine höhere gesellschaftliche Position anstreben, irrst du dich. Ich habe meinen Platz im Leben gefunden. Und ich fühle mich sehr wohl auf der Bühne.«
»Als Gouvernante warst du nicht zufrieden.«
»Natürlich nicht.«
»Oh Gott, welch ein Debakel das war! Dauernd versuchte Olmstead, dich zu begrapschen. Und weil er sich so selten Erleichterung verschaffen konnte, lief er unentwegt mit einem harten Schwanz herum.« Da er India nicht einmal mit diesen Obszönitäten erzürnen konnte, wechselte er seufzend das Thema. »Lady Northam ist ja sehr nett. Aber mit deiner Persönlichkeit kann sie sich nicht messen. Schon seit Jahren leistet sie Lady Battenburn Gesellschaft. Stell dir das vor – die Tochter eines Earls als Gesellschafterin einer Baronin! Genauso gut könntest du die Amme spielen statt der Julia!«
»Nun, nicht jeder möchte gern im Mittelpunkt stehen.«
»Pah! Dazu wäre Lady Northam gar nicht fähig. Weißt du, dass sie hinkt? Keine Spur von Anmut!«
Das sah ihm ähnlich – Lady Northams Gebrechen für einen Charakterfehler zu halten... Wenn er irgendetwas für die Countess empfand, dann nur Verachtung, kein Mitleid. »Offenbar hast du sehr viel über sie erfahren.«
»Wie gesagt, sie hat den Ball zusammen mit Southerton besucht. Selbstverständlich war ich neugierig. Die beiden schienen sich sehr gut zu verstehen.« Lässig in seinen Sessel zurückgelehnt, fügte er hinzu: »Von Hambrick her kenne ich South und seine Freunde.«
Fast unmerklich neigte India den Kopf und verriet ihm, dass er endlich ihr Interesse erregt hatte.
»Nicht allzu gut. Sie sind älter als ich, um drei... nein, vier Jahre. Meistens blieben sie unter sich. Außerdem hatten sie einen lächerlichen Namen für ihr Quartett gefunden.«
Er wartete ab, ob sie darauf eingehen würde. Aber sie schwieg beharrlich.
»Der Kompass Klub, wenn mich nicht alles täuscht. Ja, so nannten sie den Verein. Damals habe ich’s nicht ganz verstanden. Oh ja, der Name South ließ sich einfach erklären. Er hatte den Titel des Viscounts von Southerton geerbt. Also stellte er die Himmelsrichtung des Südens dar. Aber die anderen? Northam hatte einen älteren Bruder und konnte sich keine Hoffnung auf den Titel des Earls machen. Deshalb hieß er einfach nur Northam und verkörperte den Norden. Und Gabriel Whitney? Der Allmächtige allein weiß, auf welch verschlungenen Wegen er zum Marquess von Eastlyn avancierte, zum Vertreter des Ostens. Marchman heißt immer noch Marchman. Außerdem ist er ein Bastard.«
India erblasste wieder. Musste er Mr Marchmans illegitime Geburt erwähnen, um mit dem Finger auf sie zu zeigen? Mühsam zwang sie sich zur Ruhe. »Vielleicht wurde er West genannt, damit er dem Klub beitreten konnte.«
»Mag sein. Alle anderen wurden ausgeschlossen. Keine Ahnung, warum Southerton und seine Freunde mit Marchman eine Ausnahme machten...«
»Wolltest du dem Klub angehören, Newland?«
Abrupt hob er den Kopf, und sein Blick verdüsterte sich. »Nein! Ich sagte doch, ich war ein paar Jahre jünger. Von mir nahmen sie gar keine Notiz.«
Damit hatte er die Frage nicht beantwortet. Über seinen hohen Wangenknochen erschienen rote Flecken. Ja, ganz offensichtlich hatte er sich eine Mitgliedschaft im Kompass Klub gewünscht.
Weitere Kostenlose Bücher