Glut der Gefuehle - Roman
Suppe. Nach der Mahlzeit bemerkte Southerton: »Das war sehr gut.«
»Sicher hat dir das Dinner nur geschmeckt, weil du hungrig warst.«
»Nein, deshalb nicht. Ich wollte dir keineswegs schmeicheln, India.«
»Dann danke ich dir«, murmelte sie und stellte das Geschirr ins Spülbecken.
»Lass das alles einfach stehen«, befahl er. »Morgen wird sich Mrs Simon um den Abwasch kümmern.«
India nickte. Immer noch verunsichert, folgte sie ihm ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Fensterbank. South gab ihr einen Wollschal, den sie um die Schultern
legte. Anschließend schürte er das Kaminfeuer und nahm ihr gegenüber in einem Sessel Platz.
»Nicht allein Westphals Tod hielt mich so lange von Ambermede fern«, begann er. »Da gab es noch andere Dinge zu erledigen. Rutherford ist tot.«
Erschrocken hielt sie den Atem an und griff sich an die Kehle. Als er ihr bleiches Gesicht sah, stand er auf, ging zum Sideboard und füllte ein Glas mit Brandy.
»Da«, sagte er und reichte ihr den Schwenker. »Trink das!«
Nur zögernd gehorchte sie und spürte, wie die brennende Flüssigkeit ihren verkrampften Magen ein wenig beruhigte. »Du|... du sagtest doch, Mr Rutherford sei nach Amerika ausgewandert, um seinen Gläubigern zu entfliehen.«
»Offenbar hat sich dieses Gerücht nicht bestätigt«, erklärte er.
»Wie hast du von seinem Tod erfahren?«
»Darüber hat mich der Oberst informiert.«
»Hat es sich in London bereits herumgesprochen?«
»Nein. Natürlich wurde Rutherfords Familie verständigt. Aber seine Verwandten wollen verhindern, dass sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. Sie glauben, seine Spielschulden hätten zu seinem tragischen Ende geführt.«
»Ein nahe liegender Verdacht, nicht wahr?«, fragte India.
»Zweifellos. Seine Angehörigen möchten das Ausmaß seiner Schulden unter den Teppich kehren. Und so kam ihnen das Gerede über seine Reise nach Amerika sehr gelegen. Während meines Aufenthalts in London traf ich mich mit Rutherfords Schwester und seinem Schwager und bat sie, mir mitzuteilen, was sie von seinen letzten Tagen
wissen. Trotz der offenkundigen Tatsachen weigerten sie sich immer noch, seinen Tod zur Kenntnis zu nehmen und halten an seiner Flucht nach Amerika fest.«
»Also ein Familiengeheimnis.«
»Ja, sieht so aus. Und die wenigen Leute, die nicht zur Verwandtschaft gehören und die Wahrheit kennen, werden den Mund halten.«
Mit bebenden Fingern umklammerte sie das Brandy-Glas. »Wer trauert dann um Mr Rutherford?«
Wortlos beobachtete er, wie Tränen in ihre Augen stiegen. Sie rollten jedoch nicht über ihre Wangen.
India senkte den Kopf und starrte in ihren Kristallschwenker. »Wie ist er gestorben?«
»So wie Kendall.« Wenn sie Bescheid wusste, war es sinnlos, davon zu sprechen. Und falls nicht, wollte er ihr die beklemmenden Details ersparen. Und deshalb erwähnte er nur, die Leiche sei aus der Themse gefischt worden. »Er wurde anhand der Papiere identifiziert, die er bei sich trug. Außerdem versicherte sein Schwager, es würde sich um Rutherford handeln.«
»Und das alles hast du bei deiner Rückkehr nach London erfahren?«
»Ja.«
»Aber du hattest mich schon vorher entführt, und das konnte nicht mit Rutherfords Schicksal zusammenhängen.«
»Das habe ich auch nie behauptet.«
»Und weshalb bin ich dann hier?«
»Letztes Jahr wurde nach der Parlamentseröffnung ein Attentat auf den Prinzregenten verübt. Darüber bist du informiert, nicht wahr?«
»Natürlich, das müsstest du doch wissen!«
» Warum muss ich es wissen?«
»Weil|...« Für einige Sekunden verstummte sie. »Ich nehme an, der Oberst hat es dir erzählt.«
Nachdenklich schaute er sie an. Fragte sie sich, ob ihr eine Falle gestellt worden war? »Du hattest Kendall die Anhaltspunkte geliefert, die uns halfen, die Verschwörung aufzudecken.«
»Ja.«
»Der Prinzregent zählte zu deinen ersten Bewunderern.«
Fast unmerklich zuckte India zusammen. »Einen Bewunderer würde ich ihn nicht nennen. Unsere Truppe trat vor dem König und der Königin auf. Auch andere Mitglieder der königlichen Familie waren anwesend, darunter der Prinzregent.«
»Aber Prinny zeigte ein besonderes Interesse an dir.« South wartete nicht ab, ob sie seine Behauptung abstreiten oder bestätigen würde. Wenn er in den letzten Tagen nicht wegen Northams privater Probleme nach Battenburn reiste, hatte er lange Tage und schlaflose Nächte verbracht, um gewisse Dinge über India Parr herauszufinden, die nicht
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